Einleitung: Wir werden nicht wahrgenommen

Die Schülerschaft in Deutschland ist in kultureller und in religiöser Hinsicht sehr vielfältig[1] und diese Vielfalt tritt zurecht immer stärker in den Fokus schulischen Planens und Handelns. Religionspädagogisch wird religiöse Pluralität in Schulen durch zahlreiche Konzepte des interreligiösen Lernens vor allem zwischen Christentum und Islam[2] aufgenommen, währenddessen die schon sehr lange vorhandene, aber besonders durch Zuwanderung vermutlich immer größer werdende intrareligiöse Vielfalt der christlichen Schülerschaft abgesehen vom bereits bestehenden konfessionell-kooperativen Religionsunterricht und der gegenwärtigen Auslotung einer zukünftigen trialogisch ausgerichteten konfessionellen Kooperation mit orthodoxer Theologie[3] bislang allerdings noch kein breites Forschungsfeld beschreibt.

Schulstrukturell lassen sich durchaus Entsprechungen zu diesem religionspädagogischen Desiderat finden: Neben den beiden großen christlichen Konfessionen bestehen beispielsweise bezogen auf Nordrhein-Westfalen allein Kernlehrpläne für Religionsunterricht nach den Grundsätzen der Mennoniten-Brüdergemeinden im Grundschulbereich sowie für das Fach Syrisch-Orthodoxe Religionslehre für die Bereiche der Primarstufe und schulformübergreifend auch für die Sekundarstufe I. Das ebenfalls für diese Schulstufen konzipierte Unterrichtsfach Orthodoxe Religionslehre ist Ergebnis eines Zusammenschlusses verschiedener orthodoxer Denominationen in Deutschland zur Orthodoxen Bischofskonferenz, die gemäß einem Runderlass des nordrhein-westfälischen Kultusministeriums vom 28.06.1985 (BASS 12-05 Nr. 3) als Ansprechpartner des Faches fungiert. Über die nordrhein-westfälische Fächerbildung wird also nur im beschränkten Maße intrareligiöse Differenzierung abgebildet. Hinzu kommt, dass das unlängst eingeführte Modell des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichtes zwar einen Teil der konfessionellen Vielfalt der christlichen Schülerschaft wahr- und ernstnimmt und die Voraussetzungen für eine Verortung im gemeinsamen Unterricht schafft, aber begrenzt auf eine Kooperation zwischen evangelischem und katholischem Religionsunterricht ist.

Diese Beispiele zeigen umso deutlicher, wie sehr die konfessionelle Vielfalt der Schüler*innen schulstrukturell eher verdeckt als sichtbar gemacht und eine schulische Wahrnehmung dieser Vielfalt eher verhindert als ermöglicht wird. Das Modell des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichtes manifestiert die klassische dichotome Unterscheidung der Christenheit in Deutschland und verstärkt darüber hinaus – besonders über den Hinweis auf das Verbindende von Evangelischer und Katholischer Religionslehre – eine klare strukturelle Abgrenzungen zu Schüler*innen beispielsweise mit orthodoxen Denominationen, die von Lehrkräften – wie Studien gezeigt haben – ohnehin nicht unbedingt als christlich wahrgenommen werden (Link-Wieczorek, 2017, S. 127). Eine Subsumierung verschiedener orthodoxer Konfessionen zum orthodoxen Religionsunterricht bietet zwar die Möglichkeit eines konfessionell ausgerichteten Religionsunterrichtes, forciert aber auch zugleich die schulische Wahrnehmung einer theologisch geschlossenen Orthodoxie, die so nicht besteht. Hinzu kommt die Situation, dass zahlreiche orthodoxe Schüler*innen, die wie zwei Schüler einer Gesamtschule in Duisburg beispielsweise zur koptischen Kirche oder zur eriträisch-orthodoxen Kirche gehören, curricular nicht über die bestehenden Angebote angesprochen werden, ganz abgesehen von weiteren weltweit vorhandenen christlichen Denominationen unterschiedlichster Entstehungszeit, die sich nicht über die Definitionen der jeweiligen Unterrichtsfächer der Religionslehre erfassen lassen. Darüber hinaus wird syrisch-orthodoxer und orthodoxer Religionsunterricht aus Kapazitätsgründen nicht an jeder nordrhein-westfälischen Schule angeboten.[4]

Aus den genannten Gründen lässt sich die vorherrschende Praxis letztlich an den meisten Schulen in der Regel derart beschreiben, dass die christlichen Schüler*innen, die nicht zu einer Evangelischen Landeskirche in Deutschland oder zur Katholischen Kirche gehören, am evangelischen oder katholischen Religionsunterricht teilnehmen.[5] Allerdings berücksichtigen die Lehrkräfte des evangelischen und katholischen Religionsunterrichtes diese Vielfalt christlicher Konfessionen der Schülerschaft im Unterricht häufig nicht. Das zeigt beispielhaft ein von mir im November 2021 geführtes Interview mit einem koptischen und einem eriträisch-orthodoxen Schüler aus Duisburg, die beide am katholischen Religionsunterricht des 9. Jahrgangs teilnehmen. Beide Schüler geben an, dass andere, insbesondere orthodoxe Konfessionen wie ihre eigene nicht Bestandteil des Religionsunterrichtes sind, und sie vermuten, dass das Interesse der Mitschüler*innen daran auch nicht sehr hoch sein wird. Fehlende Beschäftigung mit anderen Konfessionen schildert ebenfalls eine Schülerin desselben Jahrgangs mit ghanaisch-nigerianisch-italienischer Familiengeschichte, die sich zu einer internationalen Pfingstgemeinde zugehörig fühlt und den evangelischen Religionsunterricht besucht.

Britta Konz nennt in ihrem Blick auf intrareligiöse Vielfalt konkret im evangelischen Religionsunterricht curriculare Rahmenbedingungen, die andere christliche Konfessionen konzeptionell kaum aufnehmen und interkulturell ein Othering, das zwischen der eigenen Gruppe und den Anderen klar wertend unterscheidet, begünstigen: Maßgeblich für die vorherrschende Perspektive im Religionsunterricht ist dabei ein vor allem europäisches Christentum, „interkulturelle Pluralität wird vorwiegend mit der Religion ‚der Anderen‘ und mit interreligiösem Lernen assoziiert“ (Konz, 2020, S. 247f.).

Werden die Interviews mit den Schüler*innen mit den Erkenntnissen von Link-Wieczorek 2017 verbunden, zeigt sich allerdings eher, dass bei den Lehrkräften statt einer bewusst konstruierten intrareligiösen Abgrenzung eher eine Art generelle Unkenntnis über die intrareligiöse Vielfalt der Schülerschaft vorzuherrschen scheint. Wird nun die Studie von Rothgangel, Lück und Klutz (2017) hinzugezogen, in der die Lehrkräfte für Evangelische Religionslehre eine grundsätzliche Aussage über die interreligiöse und interkonfessionelle Zusammensetzung ihrer Kurse treffen können, lässt sich neben einer fehlenden Expertise über intrareligiöse Vielfalt auch ein fehlender Impuls zur Aufnahme dieses Befundes im unterrichtlichen Geschehen konstatieren, sodass ausgehend von Konz verschärfend die These aufgestellt wird, dass der konfessionell gebundene evangelische (und katholische) Religionsunterricht statt einer intrareligiösen Abgrenzung im Sinne eines bewussten Otherings viel mehr durch eine – bewusste oder unbewusste – konzeptionelle Nichtwahrnehmung der konfessionellen Vielfalt der Schüler*innen (neben der Evangelischen und Katholischen Kirche in Deutschland) geprägt ist – und hier können sich gegen die Engführung auf eine kulturell determinierte Abgrenzung bei Konz neben weltweit vorhandenen Konfessionen grundsätzlich auch seit jeher in Deutschland verwurzelte christliche Denominationen subsumieren lassen. Entgegen der konfessionellen Vielfalt der Schüler*innen ist evangelischer (und katholischer) Religionsunterricht in Deutschland in der Wahrnehmung anderer Konfessionen weiterhin monoperspektivisch.

Eine konzeptionelle Nichtwahrnehmung der intrareligiösen Vielfalt der Schülerschaft im konkreten Unterrichtsgeschehen in ihrer multikausalen Grundierung bedarf noch genauer empirischer Untersuchungen. In diesem Beitrag werden aber dennoch erste Überlegungen zu den möglichen Gründen sowie darauf aufbauend erste Lösungsansätze skizziert. Den materialgestützten Ausgangspunkt bildet dabei ein genauer Blick auf die Lehrpläne für den evangelischen Religionsunterricht, da sie über ihre Orientierungsfunktion als zentrale Bezugsnormen für Unterrichtsplanung herangezogen werden sollen, auch wenn gegenwärtig noch gesicherte Erkenntnisse darüber fehlen, wie der konkrete Umgang der Lehrkräfte mit Lehrplänen gestaltet wird (Möller & Theis, 2015). Nach Rothgangel, Lück und Klutz (2017, S. 56) zeigen empirische Untersuchungen aber, dass Lehrpläne nach den Aspekten Schüler*innen, Gewissen, Bibel, Visionen/Ideale, Berufung und dem Kollegium relevant für die Arbeit von Religionslehrkräften sind, dicht gefolgt von der Theologie als Wissenschaft, und diese beiden Aspekte sind die ersten dieser Erhebungen, die jenseits persönlicher Interessen und Motivationen der Lehrkräfte oder konkreter schulischer Situationen den Blick auf die Möglichkeiten einer überindividuellen Steuerung gegen diese Nichtwahrnehmung richten lassen.

Das konkrete Beispiel der nordrhein-westfälischen Lehrpläne für Evangelische Religionslehre soll nun einen ersten Aufschluss über dieses Problem der Nichtwahrnehmung geben und im Anschluss daran auch Lösungsansätze bieten.

1 Lehrpläne für Evangelische Religionslehre: Klarer Fokus auf die Evangelische Kirche in Deutschland

Der Blick auf die Lehrpläne beginnt in der Gesamtschule als mögliche Schulform für alle Kinder ab Jahrgang 5. Die curricularen Vorgaben unterscheiden sechs Inhaltsfelder, von denen das Inhaltsfeld 4 unter der Überschrift „Kirche und andere Formen religiöser Gemeinschaft“ steht. Die Kompetenzerwartungen nach Jahrgang 5/6 weisen nun im Bereich der Sachkompetenz aus, dass die Schüler*innen „unterschiedliche christliche Konfessionen anhand von Gebäuden, Personen, Angeboten und ihrer religiösen Praxis beschreiben“ können (KLP GE, S. 22). Hier wird der Fokus zwar grundsätzlich auf die verschiedenen und weltweit vorhandenen Erscheinungsformen des Christentums ausgeweitet, allerdings bleibt über die Formulierung unbestimmt, welche und wie viele christliche Konfessionen beschrieben werden sollen. Diese Unbestimmtheit wird nun zuerst über den zweiten Teil der Sachkompetenz, dem Hinweis auf die Verfasstheit der „evangelische[n] Ortsgemeinde“ (KLP GE, S. 22), besonders aber über die auf die Sachkompetenz folgende Deutungskompetenz aufgehoben, die als ersten Aspekt ausweist, dass die Schüler*innen „in elementarer Form Gemeinsamkeiten und Unterschiede der evangelischen und katholischen Kirche beschreiben“ können (KLP GE, S. 22). Hier findet eine sachliche Engführung auf die klassische Abbildung der Christenheit in Deutschland in ihrer dichotomen Unterscheidung in evangelisch und katholisch statt, die sich in den Kompetenzerwartungen für die nachfolgenden Jahrgänge 7–10 wiederfinden lässt. Im Bereich der Deutungskompetenz ist ausgewiesen, dass die Schüler*innen „ökumenische Bestrebungen erläutern und beispielhaft Möglichkeiten und Schwierigkeiten bei der Umsetzung verdeutlichen“ können (KLP GE, S. 32). Zwar umfasst der Begriff der Ökumene beispielsweise durch die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland oder den Ökumenischen Kirchenrat mehr als nur die katholische und die evangelische Kirche, doch liegt es nahe, dass über den vorab im Bereich der Deutungskompetenz genannten Fokus auf „die Grundzüge der Reformation und das sich daraus entwickelnde Selbstverständnis der evangelischen Kirche“ (KLP GE, S. 32) hier eine Konzentration auf die Unterschiede zwischen evangelischer und katholischer Kirche forciert wird – oftmals verstärkt durch die Rahmengebung eines zweistündigen Faches mit bestimmten Lehrbüchern, in denen die Ökumene allein als „die Zusammenarbeit zwischen evangelischen und katholischen Christen“ (Kursbuch Religion elementar 1, S. 167) definiert wird.

Ein weiterer Aspekt, der für die Nichtwahrnehmung anderer christlicher Konfessionen im evangelischen Religionsunterricht herangezogen werden muss, ist die kirchengeschichtliche Linie von Paulus direkt zur Reformation und neuester Geschichte in Deutschland, konkret über das vor allem zur Zeit des Nationalsozialismus virulente Verhältnis von Evangelischer Kirche in Deutschland und Staat. Hier wird ein eurozentrischer und letztlich schon germanozentrischer Blick auf eine letztlich klar dichotome Kirchengeschichte erkennbar, der die anderen, weltweit vorhandenen christlichen Konfessionen regelrecht als Randphänomene klar definierbarer historischer Phasen degradiert, wenn die Schüler*innen „Kirchen und andere religiöse Gemeinschaften hinsichtlich Gestalt, Funktion und religiöser Praxis vor dem Hintergrund ihres jeweiligen zeitgeschichtlichen Kontextes beschreiben“ (KLP GE, S. 32) können.

Zugespitzt kann festgehalten werden, dass die Kompetenzerwartungen am Ende der Sekundarstufe I eher verhindern als ermöglichen, dass die Schüler*innen des evangelischen Religionsunterrichtes einer nordrhein-westfälischen Gesamtschule die Vielfalt christlicher Konfessionen, die oftmals die Schülerschaft ihrer Schule oder auch die Kurszusammensetzung prägt, wahrnehmen können. Der Einwand, dass die Lehrpläne bereits im Jahr 2013 implementiert wurden und der interkonfessionellen Verfasstheit der Schülerschaft danach erst Rechnung getragen wurde, trägt nicht weit, wenn die deutlich neueren Lehrpläne für die Sekundarstufe I des Gymnasiums nach G9 aus dem Jahr 2019 herangezogen werden: Die Sachkompetenz nach Jahrgang 5/6 im selben Inhaltsfeld weist zwar ebenfalls aus, dass die Schüler*innen „unterschiedliche christliche Konfessionen und Denominationen anhand von Gebäuden, Personen und religiöser Praxis“ (KLP GY, S. 21) beschreiben können, doch auch hier „identifizieren [sie] eine evangelische Ortsgemeinde als eine Konkretion von Kirche“ und „vergleichen die evangelische und die katholische Kirche in Bezug auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede“ (KLP GY, S. 21).

Die Kompetenzerwartungen am Ende der Sekundarstufe I legen einen deutlichen inhaltlichen Schwerpunkt auf Kirche in totalitären Regimen, klar konzentriert auf die evangelische Kirche in Deutschland zur Zeit des Nationalsozialismus. Der Blick auf weitere christliche Konfessionen bleibt überaus diffus: Er ist im Bereich der Sachkompetenz erneut auf die Unterscheidung der „Kirchen und andere[n] religiöse[n] Gemeinschaften hinsichtlich ihrer religiösen Praxis, Gestalt und Funktion vor dem Hintergrund ihres jeweiligen zeitgeschichtlichen Kontextes“ (KLP GY, S. 30) und im Bereich der Deutungskompetenz auf die Beurteilung der „Perspektiven für die Zusammenarbeit zwischen den christlichen Konfessionen“ (KLP GY, S. 31) beschränkt. Dieser Beurteilung geht eine Erörterung „verschiedene[r] Erscheinungsformen von Kirche am Maßstab ihrer biblischen Begründung und des reformatorischen Anspruchs (‚ecclesia semper reformanda‘)“ (KLP GY, S. 31), die damit konzeptionell eine Art von Defizitermittlung abbildet, direkt voraus. Wenn die Beurteilung der interkonfessionellen Zusammenarbeit nun weitere christliche Konfessionen neben der katholischen Kirche in den Blick nimmt, so kann hinter den Maßstab des „reformatorischen Anspruchs“ auch als Beurteilung weiterer christlicher Konfessionen nicht mehr zurückgetreten werden, selbst wenn sich die vorausgehende Erörterung nur auf verschiedene Erscheinungsformen der Evangelischen Kirche bezieht. Das bedeutet nun verschärfend, dass der nordrhein-westfälische Kernlehrplan für die Sekundarstufe I des Gymnasiums nicht allein andere christliche Konfessionen neben der evangelischen und der katholischen Kirche eher ausblendet oder als reinen Ausdruck von Zeitverfasstheit deutet, sondern dass diese (wie auch die katholische Kirche) vor dem Hintergrund evangelischer Ekklesiologie bewertet werden können. Eine Tendenz zur Nichtwahrnehmung geht damit durch die unklaren Formulierungen möglicherweise auch einher mit einer Tendenz der Geringschätzung anderer Konfessionen.

Diese fatalen Deutungslinien gehen nur teilweise in den Kernlehrplan für die gymnasiale Oberstufe ein. Der im Jahr 2013 implementierte Kernlehrplan weist als viertes Inhaltsfeld die „Kirche und ihre Aufgabe in der Welt“ aus und nennt als erste Urteilskompetenz der Qualifikationsphase sowohl für den Grundkurs als auch den Leistungskurs, dass die Schüler*innen „exemplarisch Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Konfessionen und Religionen“ erörtern (KLP GOSt, S. 26, 36). Der Bereich des Grundkurses fokussiert allein auf die Sachkompetenz, dass die Schüler*innen „den Aufbau und die Gliederung der Evangelischen Kirche in Deutschland heute“ (KLP GOSt, S. 32) beschreiben, währenddessen die Sachkompetenz im Leistungskurs sowohl „den Aufbau und die Gliederung der Evangelischen Kirche in Deutschland und wesentliche Faktoren ihres Entstehungsprozesses“ als auch die „Gemeinsamkeiten und Unterschiede in grundlegenden Aspekten der Lehre und der Organisation der evangelischen und der katholischen Kirchen“ umfasst (KLP GOSt, S. 44). Hier steht also primär eine vergleichende Betrachtung mit der katholischen Kirche im Vordergrund. Diese Dichotomie führt sich dann im Bereich der Urteilskompetenz im Leistungskurs fort. Dort „erörtern [die Schüler*innen, SL] Perspektiven des ökumenischen Dialogs vor dem Hintergrund des Selbstverständnisses der evangelischen bzw. katholischen Kirchen“ (KLP GOSt, S. 45), während eine weitergehende christliche Ökumene nicht bedacht und beurteilt wird.

Die großen Linien der nordrhein-westfälischen Kernlehrpläne beider Sekundarstufen zeigen damit einen deutlichen eurozentrischen und auch germanozentrischen Blick auf Kirche, bei der die weltweite konfessionelle Vielfalt vor allem auf das Verhältnis von katholischer und evangelischer Kirche in Deutschland enggeführt wird. Außerdem zeigt sich die Tendenz einer Be- und damit Abwertung anderer Konfessionen vor dem Hintergrund reformatorischer Prinzipien. Auf diese Weise wird die konfessionelle Vielfalt, durch die die nordrhein-westfälische Schülerschaft immer mehr geprägt ist, nicht allein als Lerngegenstand ungesehen gemacht und abgewertet, sondern letztlich auch als Konstitutionsmerkmal der immer vielfältiger werdenden Schülerschaft.

Im Bereich konkreter theologischer Themen zeigen die Kernlehrpläne dagegen grundsätzlich die Möglichkeit, Theologien aus weltweit verschiedenen Kontexten gleichberechtigt einzuspielen, doch findet sich in den Schulbüchern überwiegend eine Schwerpunktsetzung auf europäische Theologie. An einer Stelle des Curriculums dominiert dagegen theologisch klar ein deutsch-protestantischer Blick – hier angelegt als produktives Lernen aus deutscher Geschichte: Der neue Kernlehrplan für die SI am Gymnasium fokussiert im Inhaltsfeld 4 (Kirche und andere Formen religiöser Gemeinschaft) auf das Verhältnis von Staat und Kirche. Deutlich erkennbar ist dabei eine Engführung auf totalitäre Regimes und darin auf die Zeit des Nationalsozialismus, konkret ausgeführt in einem Blick auf die ‚Bekennende Kirche‘ und die ‚Deutschen Christen‘ als „Reaktionsformen der evangelischen Kirchen auf das nationalsozialistische Regime in Deutschland zwischen 1933 und 1945“ (KLP GY, S. 31). Dieses Thema findet sich auch im Kernlehrplan für die Gymnasiale Oberstufe, wenn die Schüler*innen im Bereich der Deutungskompetenz „unterschiedliche Ansätze der Verhältnisbestimmung von Christinnen bzw. Christen und Kirche zum Staat und zur gesellschaftlichen Ordnung in Geschichte und Gegenwart“ (KLP GOSt, S. 45) analysieren und vergleichen.

2 Lösungsansätze für eine curriculare Berücksichtigung intrareligiöser Vielfalt

Der exemplarische Blick in die aktuellen Kernlehrpläne für Evangelische Religionslehre in Nordrhein-Westfalen hat gezeigt, dass der Fokus interkonfessionellen Lernens auf den Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen der evangelischen und der katholischen Kirche liegt und andere christliche Konfessionen nicht namentlich genannt werden.[6] Diese Engführung ist historisch auf den (innerdeutschen) Entwicklungen seit dem 16. Jahrhundert unter dem Stichwort Reformation gegründet. So richtig nun eine ausführliche Betrachtung und Erörterung der Ökumene zwischen evangelischer und katholischer Kirche in Deutschland ist, so wenig kommt über diese Zuspitzung allerdings in den Blick, dass sich die konfessionelle Landschaft in Deutschland und weltweit deutlich vielfältiger beschreiben lässt. So bleibt auch die Schülerschaft des evangelischen Religionsunterrichtes, die neben konfessionslosen und religionsdistanten Schüler*innen oder Schüler*innen anderer Religionen konfessionell immer vielfältiger wird, curricular unsichtbar.

Dabei finden sich in allen ausgewerteten Kernlehrplänen durchaus Ansätze für eine Weitung des intrareligiösen Blickes: Besonders im Bereich der Sachkompetenz weisen alle Kernlehrpläne der Sekundarstufe I die Vermittlung von Grundwissen über andere christliche Konfessionen aus. An dieser Stelle einhakend lassen sich nun drei grundsätzliche Forderungen für die curricularen Vorgaben eines evangelischen Religionsunterrichtes aufstellen, der sich in seiner konfessionellen Ausrichtung zugleich der konfessionellen Vielfalt der Schülerschaft bewusst wird:

a. Der Fokus einer sachkompetenten Betrachtung anderer Konfessionen in kirchengeschichtlichen Inhaltsfeldern ab der Sekundarstufe I soll gemäß den Möglichkeiten, die die Kernlehrpläne schon jetzt bereithalten, noch deutlich ausgeweitet und weitere Konfessionen beispielhaft benannt werden – eine gleichzeitige Rücknahme jeder curricularen Engführung auf das Verhältnis von evangelischer und katholischer Kirche ist dabei unbedingt notwendig. Als inhaltliche Rahmengebung können dabei Untersuchungen über die religiöse Vielfalt eines Bundeslandes dienen, wie sie für das Land Nordrhein-Westfalen beispielsweise über die empirische Arbeit von Hero, Krech und Zander (2008) vorliegen. Diese beispielhafte Nennung soll Lehrkräfte anregen, ihren Unterricht nach Möglichkeit und Bereitschaft der Schüler*innen auf die konkrete konfessionelle Vielfalt hin auszurichten.

b. Im Kontext dieser Erweiterung der intrareligiösen Betrachtung ist ebenfalls darauf zu achten, dass die Erwartungen im Bereich der Sachkompetenz in kirchengeschichtlich angelegten Inhaltsfeldern nicht eine Konstruktion einer klaren Entwicklungslinie von der Jerusalemer Urgemeinde bis zur Evangelischen (und Katholischen) Kirche (in Deutschland) nahelegen, sondern die Evangelische Kirche (und die Katholische Kirche) in Deutschland als einen (kleinen) Teil einer global vielfältigen, gleichwertigen und gleichberechtigten Christenheit formulieren. Neben der Sichtbarmachung anderer christlicher Konfessionen im Sinne einer Stärkung der Multiperspektivität auf christlichen Glauben als der ersten wichtigen Forderung liegt der zentrale Fokus der zweiten, mit der ersten untrennbar verbundenen Forderung also darauf, eine mögliche Lesart der eigenen Perspektive als einer Art kirchengeschichtlichen Hauptlinie zu vermeiden und in diesem Rahmen den historischen Entwicklungen anderer Konfessionen weltweit mehr Raum zu geben.

Im Blick auf die Formulierung der Urteilskompetenz lassen sich aus diesen beiden Überlegungen drei grundlegende Forderungen an die Lehrplangestaltung ableiten, um ein mögliches Othering anderer christlicher Konfessionen im Rahmen dieser Sichtbarmachung durch Lehrpersonen zu vermeiden:

c. Zum einen ist im Rahmen der curricularen Neuausrichtung darauf zu achten, dass nicht der Eindruck entsteht, andere christliche Konfessionen aus reformatorischer Sicht zu beurteilen. Hier soll ein Ansatz im Vordergrund stehen, der die theologische Verfasstheit anderer Konfessionen zuerst wahr- und ernstnimmt und vor allem die Gemeinsamkeiten (besonders in der Lebensführung) in den Blick nimmt.

d. Zum zweiten soll die Lehrplanmodifikation daran anschließend die Möglichkeit einer über das Verhältnis der Evangelischen und Katholischen Kirche in Deutschland hinausreichenden Beurteilung der Perspektiven ökumenischen Zusammenarbeitens in Deutschland eröffnen. Möglicherweise kann hier bereits auf bestehende lokale Kooperationen hingewiesen werden.

e. Drittens bedeutet sie (in einem kulturellen Sinn), dass im Unterricht behandelte, protestantisch geprägte, so genannte „westliche Theologie“ und vor allem in Europa entwickelte Methoden der Bibelexegese nicht mehr unhinterfragt als universal gültige Perspektive betrachtet werden (Konz, 2020, S. 246), sondern ebenso „kontextuell“ gelten wie bisher nur die nichteuropäisch-nichtnordamerikanische Theologie. Hier lassen sich auch jenseits der konkreten konfessionellen Prägung der Lerngruppe durchaus weltweite theologische Entwürfe des sogenannten globalen Südens zu ganz unterschiedlichen Inhaltsfeldern zusätzlich zu den europäischen Sichtweisen einbringen.[7]

Diese grundlegenden Forderungen an die curricularen Vorgaben lassen sich im Kontext einer Bekenntnisorientierung des evangelischen Religionsunterrichtes klar umsetzen, ohne dass die Implementation einer konfessionell übergreifenden Kooperation abgewartet werden muss. Der Unterschied zu den bestehenden nordrhein-westfälischen Kernlehrplänen besteht nun darin, die Evangelische Kirche in Deutschland und die deutsch-protestantische Theologie zwar weiterhin als zentrale Gegenstände des evangelischen Religionsunterrichtes zu betrachten, zugleich aber auch als einen beschränkten Teil der weltweit verschiedenen, gleichwertigen und gleichberechtigten Kirchen und Konfessionen sowie theologischen Ansätze neu zu verorten.

3 Weitere Lösungsansätze im Kontext curricularer Veränderungen

Diese Neuausrichtung der Lehrpläne erfordert eine Umgestaltung weiterer zentraler Bereiche, die einen Einfluss auf Unterrichtsgestaltung nehmen können:

a. Neben den curricularen Vorgaben sind auch die Schulbücher für den evangelischen Religionsunterricht auf den Prüfstand zu stellen, da sie Lehrpläne inhaltlich aufnehmen und neben und auch vor den Lehrplänen in der Regel eine zentrale Bezugsnorm der Lehrkräfte für unterrichtliche Gestaltung sind (Möller & Theis, 2015). Sie sollen die Basis sowohl für eine vielfaltssensible Darstellung der weltweiten Christenheit als auch für kirchengeschichtliche Informationen bieten, die nicht Gefahr laufen, über einen eurozentrischen oder germanozentrischen Blick auf die Evangelische und Katholische Kirche in Deutschland engzuführen und zwischen den verschiedenen weltweiten Konfessionen aus reformatorischer Sicht zu gewichten, sondern den Fokus auf eine gleichwertige und gleichberechtigte Existenz aller christlichen Konfessionen nebeneinander legen. Außerdem sollen sie westliche protestantische Theologie und Bibelexegese als einen Zugang zum Christentum von vielen deutlich benennen. Konkret bedeutet dieser Aspekt sowohl die (graphische) Abbildung (der Entwicklung) der weltweiten Konfessionen und die Aufnahme nichteuropäischer Theologien in Zuordnung zu den Inhaltsfeldern der Lehrpläne.

b. Damit die Religionslehrer*innen adäquat auf die intrareligiöse Vielfalt ihrer Schülerschaft vorbereitet werden und die europäische protestantische Theologie als eine christliche Perspektive von vielen erfassen, muss neben dem Umbau der Lehrpläne auch das Studium und die schulpraktische Ausbildung in den Studienseminaren angepasst werden. Angehende Lehrer*innen für evangelischen (und katholischen) Religionsunterricht sollen verpflichtende Veranstaltungen zum Umgang mit intrareligiöser Vielfalt (nach Lindner, 2022, S. 295300) und am besten auch in intrareligiöser Vielfalt belegen, um den Blick auf die weltweite gleichwertige und gleichberechtigte Christenheit in ihrer kirchenhistorischen Entwicklung zu weiten und den eigenen europäisch-theologischen Blick nicht absolut zu stellen, sondern andere globale Theologien als gleichwertig und gleichberechtigt zu erlernen. Die auf orthodoxe Perspektiven bezogenen Überlegungen zu einer Lehrkraftausbildung für einen „konfessionell-sensiblen RU“ (nach Danilovich, 2022, S. 282287) werden dadurch auf andere Konfessionen ausgeweitet. Diese Veranstaltungen kombinieren in interdisziplinärer Weise weltweite Kirchengeschichte und systematische Theologie mit religionspädagogischen Fragestellungen.

Ein unverzichtbarer und von diesen Überlegungen unablösbarer Bestandteil ist überdies eine postkoloniale Kirchengeschichtsschreibung, die die christlichen „Abhängigkeitsverhältnisse und Unterdrückungskonstellationen in der globalen Welt“ in Vergangenheit und Gegenwart sichtbar macht (Konz, 2022, S. 280), allerdings ohne „pauschale Täter-Opfer-Dichotomien“ (Konz, 2022, S. 276) zu konstruieren, und in ihren kirchengeschichtsdidaktischen Übersetzungsmöglichkeiten einen wichtigen Beitrag zur Identitätsbildung in intrareligiös diversen Lerngruppen leisten kann.

c. Überdies ist es wichtig, dass sich die Fachdidaktik den aktuellen Entwicklungen in Deutschland annimmt und Konzepte für einen evangelischen Religionsunterricht erstellt, der zum einen weiterhin konfessionell gebunden ist, zum anderen aber zugleich auf eine heterogene Schülerschaft auch im Bereich intrareligiöser Vielfalt ausgerichtet ist, ohne eine Form des theologischen Otherings zu forcieren.

Der letzte und vielleicht wichtigste Aspekt liegt allerdings außerhalb überindividueller Steuerung: Bereits in der ersten Phase der Lehramtsausbildung, aber auch bis in die spätere Berufstätigkeit hinein ist im Sinne einer Selbstreflexivität die stetige persönliche Begegnung mit Christ*innen anderer Konfessionen von zentraler Bedeutung, um mögliche Vorurteile abzubauen und im Blick auf andere Konfessionen keine Formen des Otherings erst entstehen zu lassen (Lindner, 2022, S. 293f.). Nur auf diese Weise schafft die Lehrkraft eine gute Ausgangslage, über die curricularen Vorgaben und die Vorbereitung über die theologische und pädagogische Ausbildung, fachdidaktische Konzeptionen und sinnvolle Materialien konkreten Unterricht zu gestalten, in dem die intrareligiöse Vielfalt der Schüler*innen produktiv aufgenommen wird. Begegnung kann auch zusätzlich im Unterricht geschaffen werden. Gerade der Fokus auf Vertreter*innen einzelner Konfessionen mindert die von Kaloudis (2018, S. 246) genannte „Gefahr der Verallgemeinerung“, dass religiöse oder kulturelle Zuschreibungen fälschlich als monolithisch verstanden werden. Die mögliche Alternative, Schüler*innen als Expert*innen ihrer Konfession zu nutzen, schafft dagegen die unerwünschten Nebeneffekte, dass persönliche Meinungen mit konfessionellen Prägungen verwechselt werden können und dass Person und Religion nicht getrennt betrachtet werden können (Graham, 2018, S. 249254).

4 Schlussüberlegungen zum konkreten Unterricht

Eine sachkompetente Wahrnehmung einer gleichwertigen und gleichberechtigten intrareligiösen Vielfalt bei zeitgleicher Betonung des westlichen Zugangs zur Theologie als einem von vielen klingt komplexer, als es im konkreten Unterrichtsgeschehen sein muss: Im Zentrum steht in erster Linie das Wahr- und Ernstnehmen der konfessionellen Vielfalt der jeweiligen Schülerschaft durch die Lehrkraft und die Abstimmung der Kompetenzerwartungen auf diesen Befund. Befindet sich beispielsweise ein koptisches Kind im evangelischen Religionsunterricht, kann die koptische Kirche in ihrer kirchengeschichtlichen Entwicklung genauer in den Blick genommen werden sowie koptische Theologie auf ihre Besonderheiten hin befragt werden. Auf diese Weise kann im Unterrichtskontext die Identitätsentwicklung und -darstellung der nicht-protestantischen Schüler*innen einer Lerngruppe gefördert werden, die sich oftmals ganz bewusst über ihre Konfession definieren. Das Interview mit dem koptischen und eriträisch-orthodoxen Schüler aus Duisburg zeigt beispielsweise eine klare Selbstvergewisserung der eigenen religiösen Identität – sogar in Abgrenzung zu katholischen Schüler*innen, denen eher weniger religiöse Bindung zugesprochen wird.[8]

Darüber hinaus kann diese Sichtbarmachung von Vielfalt den Ausgangspunkt für die Ausbildung einer Diversitätskompetenz als Teil der Urteilskompetenz schaffen, die grundsätzlich über konstruktive Aushandlungsprozesse gekennzeichnet ist (Konz, 2020, S. 243). Link-Wieczorek sieht die konfessionelle Vielfalt als Gelegenheit an, dass die Schüler*innen in den Bereichen „Kirche, Glaube, Ethik, Schrift- und Missionsverständnis“ (Link-Wieczorek, 2014, S. 119) in den Austausch treten, da „Menschen in pluralen Gesellschaften ihre religiöse Identität in ihrer jeweiligen Lebenswelt in Auseinandersetzung und Begegnung formen.“ Dieser Zugang ist meines Erachtens vor dem Hintergrund der oftmals klar erkennbaren konfessionellen Sozialisation christlicher Schüler*innen jenseits der beiden Großkonfessionen – möglicherweise als Ausdruck der Selbstvergewisserung in einer Mehrheitsgesellschaft, die diese religiöse Identität nicht wahrnimmt – optimistisch bis übergriffig formuliert und verdeckt auch die Option, dass am Religionsunterricht teilnehmende konfessionslose und religionsdistante Schüler*innen in ihrer nichtreligiösen Identität möglicherweise gefestigt sind oder sein möchten.

Es ergibt aus diesem Grund mehr Sinn, vor dem Hintergrund der unterschiedlichen religiösen und konfessionellen Prägung der Schülerschaft – und hier werden auch Schüler*innen anderer Religionen berücksichtigt – den auch von Link-Wieczorek genannten Bereich der Ethik besonders zu betrachten. Hier bieten die so genannten problemorientierten Aufgaben von David Käbisch im Rahmen seiner Überlegungen zum gemeinsamen Lernen mit konfessionslosen Schüler*innen eine gute Ausgangsbasis, da sie „auf die innergesellschaftlichen, interpersonalen und intrapersonalen Konflikte“ fokussieren und dabei besonders die „Fähigkeit zur Perspektivübernahme“ (Käbisch, 2014, S. 302) in den Vordergrund stellen. Dazu gehört bezogen auf die intrareligiöse Vielfalt der Schülerschaft besonders die Fokussierung auf die „theologisch-ethische Grundlegung, also die material-hermeneutische Reflexionsbasis des Ethos“, über die die konfessionellen Unterschiede in ethischer Entscheidungsfindung sichtbar gemacht werden können (Schlag, 2022, S. 232).

Auf diese Weise kann die in der Urteilskompetenz geforderte Beurteilung der Möglichkeiten ökumenischen Zusammenlebens und -arbeitens – als die entscheidende Voraussetzung für eine gelingende Gestaltungskompetenz gemeinsam in Vielfalt – direkt an die Verfasstheit der Lerngruppe gekoppelt werden, auf diese Weise kann der Religionsunterricht für alle Schüler*innen relevant(er) werden und überdies anschlussfähig gemacht werden für das Global Learning: Zu den drängenden Herausforderungen der Menschheit werden nun die gleichberechtigten Stimmen der weltweiten Christenheit – über die konfessionell vielfältigen Schüler*innen im Unterricht und auch weltweite theologische Konzepte – zusammen mit den Stimmen der konfessionslosen und religionsdistanten Schüler*innen sowie den Schüler*innen anderer Religionen im konkreten Unterrichtsgeschehen gehört.

Literaturverzeichnis

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Hero, M., Krech, V. & Zander, H. (Hrsg.) (2008). Religiöse Vielfalt in Nordrhein-Westfalen. Empirische Befunde und Perspektiven der Globalisierung vor Ort. Paderborn u.a.: Ferdinand Schöningh.

Käbisch, D. (2014). Religionsunterricht und Konfessionslosigkeit. Eine fachdidaktische Grundlegung. Tübingen: Mohr Siebeck.

Kaloudis, A. (2018). Einladung externer Expert*innen in den Religionsunterricht. In S. Eisenhardt, K. S. Kürzinger, E. Naurath & U. Pohl-Patalong (Hrsg.), Religion unterrichten in Vielfalt. Konfessionell – religiös – weltanschaulich (S. 240248). Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

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Dr. Steffen Leibold, Lehrkraft in Duisburg und Habilitand am Lehrstuhl für Praktische Theologie/Religionspädagogik der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum

  1.  Vgl. zur religiösen Vielfalt der Schülerschaft in Nordrhein-Westfalen exemplarisch die Statistische Übersicht Nr. 399 vom 19. Juni 2018 mit dem Titel „Das Schulwesen in Nordrhein-Westfalen aus quantitativer Sicht”, die ausweist, dass von den untersuchten 2.480.222 Schülerinnen und Schülern an Nordrhein-Westfalens Schulen 35,9% römisch-katholisch, 24,5% evangelisch, 16,7% dem Islam zugehörig, 0,2% alevitisch, 2% orthodoxen christlichen Kirchen zugehörig (davon 0.2% syrisch-orthodox), 0,1 % jüdischen Glaubens, 3.8% anderen Bekenntnisses bzw. anderen Religionsgemeinschaften zugehörig und 16,7% nicht religiös bzw. keiner religiösen Gemeinschaft angehörig sind.

  2. Vgl. stellvertretend den Beitrag von Meyer und Tautz (2020).

  3. Vgl. dazu die beiden Sammelbände von Schambeck, Simojoki und Stogiannidis (2019) sowie Simojoki, Danilovich, Schambeck und Stogiannidis (2022).

  4. Vgl. dazu die bei Dzambo, Teschmer und Waltemathe (2020) unter Punkt 5.1.1. und 5.1.2 genannten Daten, die darlegen, dass 16 Lehrkräfte mit Lehrbefähigung 1533 Schüler*innen in Syrisch-Orthodoxer Religionslehre unterrichten und 19 Lehrkräfte insgesamt 571 Schüler*innen in differenzierten Kursen in Griechisch-, Russisch-, Rumänisch- und Serbisch-Orthodoxer Religionslehre.

  5. Vgl. zur konfessionellen und religiösen Zusammensetzung der Schülerschaft des evangelischen Religionsunterrichtes beispielhaft die Untersuchung von Rothgangel, Lück und Klutz (2017, S. 65f.), die sich interessanterweise auf eine Befragung der Lehrkräfte für evangelischen Religionsunterricht stützt.

  6. Das zeigen auch die Ergebnisse von Lütze, 2022, S. 196f. konkret zur Erwähnung orthodoxer Kirchen und Glaubenspraxis in Lehrplänen für evangelischen Religionsunterricht in ganz Deutschland.

  7. Vgl. dazu beispielsweise die Zusammenfassung bei Tamayo (2020).

  8. Vgl. zur Bedeutung von Religion in der Familie orthodoxer Schüler*innen auch Schweitzer und Wissner (2022, S. 84).