1 Religionsdidaktische Veröffentlichungen

Religionsbezogene Bildung in Niedersächsischen Schulen (ReBiNiS) lautet eine im W. Kohlhammer Verlag (17-042590-3) erschienene und von Monika Fuchs, Elisabeth Hohensee, Bernd Schröder und Joana Stephan erarbeitete, repräsentative empirische Untersuchung. Deren Konzipierung und Vorbereitung, die Feldforschung in Gestalt sowohl einer Online-Fragebogenerhebung als auch leitfadengelenkter Interviews und die Datenauswertung bzw. -interpretation erfolgten in den Jahren 2020 - 2022. Um den Gegenstand der Untersuchung zusammenfassend zu benennen, führen die Verfasser*innen einen Begriff ein: „Auch wenn die verschiedenen Spielarten des Religionsunterrichts – in Niedersachsen derzeit vor allem evangelisch, katholisch, konfessionell-kooperativ sowie islamisch, vereinzelt auch alevitisch, jüdisch und (christlich-)orthodox – und der Werte-und-Normen-Unterricht nicht offiziell als Fächergruppe geführt werden (obwohl manches dafür spräche), werden sie in unserer Studie zusammenfassend als religionsbezogener Unterricht bzw. als Angebote religionsbezogener Bildung bezeichnet. Dabei ist uns bewusst, dass Werte­und-Normen-Unterricht den Themenbereich Religion und Religionen' nur als einen unter mehreren behandelt und dabei als religionskundliches bzw. de facto nicht selten religionskritisches daseins- und wertorientierendes Fach zu verstehen ist. Die Rede vom ‚Religionsbezug‘ soll angesichts dessen in erster Linie deskriptiv eine zusammenfassende Bezeichnung der verschiedenen Fächer ermöglichen. Zugleich zeigt sie das erkenntnisleitende Interesse an, mit dem hier auf diese Fächer geschaut wird, das Interesse nämlich an der Rolle von Religion(en) in der schulischen Bildung, und sie markiert in einem heuristischen Sinne, dass die religiöse bzw. konfessionelle Bestimmtheit solcher Angebote – Erteilung „in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften" (gemäß Art. 7.3 GG) hier, religiöse Neutralität dort --, zwar nicht de jure, doch de facto Gegenstand von Neujustierungsprozessen ist. Neben dem Unterricht, also dem Religionsunterricht verschiedener Konfessionen bzw. Religionsgemeinschaften und dem Werte-und-Normen-Unterricht, zählen wir zum Spektrum religionsbezogener Bildung in der Schule auch Religion im Schulleben (bzw. Schulseelsorge/Schulpastoral). Mit diesem Zuschnitt lenkt unsere Studie das Augenmerk nur auf einen Teil der Neujustierungsprozesse im Bereich der daseins- und wertorientierenden Fächer in Niedersachsen. Auch im Blick auf das Fach „Werte und Normen" kristallisieren sich verschiedene Lesarten und Entwicklungsoptionen heraus: Neben der Beibehaltung des integrativen Charakters dieses Faches, das derzeit religionskundliche, philosophische und sozialkundlich-ethische Dimensionen pflegt, steht die Option einer Konzentration auf Religionskunde und diejenige einer Konzentration auf philosophische Bildung. Diese Kontroverse kann und soll in dieser Studie weder abgebildet noch erkundet oder kommentiert werden – allein die Strittigkeit des Fachkonzeptes „Werte und Normen" ist insofern bemerkenswert, als sie die Fragilität der bis dato geltenden Festlegungen unterstreicht.“ (11f.) Zum Aufbau der Veröffentlichung: „Die „Einleitung" (1.) informiert über den Kontext, den Sitz im Leben und die erkenntnisleitende Wahrnehmung der Herausforderungen, denen sich religions­bezogene Bildung in der Schule nach Auffassung des Autor:innenteams stellen muss. Im zweiten Kapitel („Methodisches") findet sich eingangs eine knappe Beschreibung des Forschungsdesigns, des Projektverlaufs und der konkreten Vorgehensweise (2.1). Näherhin werden die methodischen Grundlagen und Entscheidungen sowohl des quantitativen als auch des qualitativen Teils der Studie geschildert. Im Anhang finden sich zudem der eingesetzte Fragebogen (A0I), der Interviewleitfaden (A02) und das Kategoriensystem (A03), das im Zuge der qualitativen Inhaltsanalyse der Interviews erarbeitet wurde. In der Darstellung der Ergebnisse haben wir uns entschieden, Einsichten aus der Fragebogenerhebung (quantitativ) und aus den Interviews (qualitativ) themenbezogen zusammenzustellen. So wird die sachliche und methodische Zusammengehörigkeit – Stichwort: „Mixed-Methods"-Studie – bzw. der komplementäre Charakter der Ergebnisse ebenso deutlich wie deren Unterschiedenheit. Die Ergebnisse werden zunächst zusammengefasst (Kapitel 3) und dann auf fünf Themenkreise hin näher entfaltet (Kapitel 4-8). In Kapitel 9 werden verschiedene Kommentare zusammengeführt. Es handelt sich zum einen um Hinweise der niedersächsischen Kooperationspartner:innen des ReBiNiS-Projektes, die die Belange des katholischen und islamischen Religionsunterrichts sowie des Werte-und-Normen-Unterrichts beleuchten. Sodann haben wir Autor:innen anderer Regionalstudien gebeten, unsere Befunde im Vergleich zu den Ergebnisse ihrer Studien zu interpretieren (die Bayern, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein betreffen). Und schließlich kommen Autor:innen zu Wort, die sich der Mühe unterzogen haben, Befunde zu verschiedenen Schulformen – Grundschulen, nicht-gymnasiale Sekundarschulen, Gymnasien und Berufsbildende Schulen – mit einschlägigen Studien ins Gespräch zu bringen.“ (27) Kerstin Rabenstein und Bernd Schröder unternehmen am Ende des eindrucksvollen Bandes einen lesenswerten erziehungswissenschaftlich-religionspädagogischen Versuch, ReBiNiS als ein Beispiel für den Wandel des schulischen Fächerkanons und der Konstruktion von Fachlichkeit einzuordnen (312-333).

Ebenfalls im W. Kohlhammer Verlag (17-043410-3) haben Britta Baumert und Caroline Teschmer die Fachdidaktik Konfessionell kooperativer Religionsunterricht veröffentlicht, deren Herzstück das Kapitel V ist, in dem der Versuch unternommen wird, einschlägige fachdidaktische Ansätze für den konfessionell kooperativen Religionsunterricht neu zu denken: „Dabei spielen die konfessionsspezifischen Entwicklungslinien ebenso eine Rolle wie die in Kapitel IV skizzierte Konzeption zukunftsfähiger konfessionell kooperativer Bildung. Bei der Darstellung und Entfaltung der religionsdidaktischen Ansätze waren wir bemüht, einer einheitlichen Struktur zu folgen und unsere Ausführungen durch Schaubilder zu visualisieren. Aufgrund der großen Unterschiede der einzelnen Ansätze hinsichtlich ihrer konfessionsspezifischen Genese, ihrer didaktischen Engführung und ihrer methodischen Vielfalt, zeichnen sich auch die einzelnen Teilkapitel durch unterschiedliche Akzentuierungen und Schwerpunktsetzungen aus. Auch die didaktisch methodische Konkretion erfolgt bei einigen Ansätzen, bei denen es uns notwendig erschien, auf konkrete Unterrichtssituationen bezogen und bleibt bei anderen Ansätzen eher offen. Insgesamt soll das Kapitel dazu anregen, den eigenen Unterricht zu reflektieren, neue Akzente zu setzen, und andere Perspektiven in die Unterrichtsplanung zu integrieren. Wir möchten aber auch Mut machen, echte konfessionelle Kooperation zu wagen und gemeinsam im Diskurs die feinen Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Konfessionen zu entdecken.“ (10f.) Es werden zehn ausgewählte klassische Ansätze der Religionsdidaktik von Bibeldidaktik und Symboldidaktik über Kinder- und Jugendtheologie und Ethischer Bildung bis zu Kirchengeschichtsdidaktik und Interreligiösem Lernen „konsequent konfessionell kooperativ erschlossen und hinsichtlich ihres didaktischen Potenzials für den konfessionell kooperativen Religionsunterricht durchdacht. Dabei strukturieren wir die einzelnen Kapitel nach dem folgenden Schema: a) Den Beginn jedes Kapitels bilden die Ausführungen zu „Ausgangspunkt und Eigenlogik des Ansatzes". Hier werden die klassischen Ansätze zunächst in ihren Grundzügen skizziert und ihre zentralen Entwicklungsschritte sowie die klassischen Vertreter*innen aus katholischer und evangelischer Perspektive aufgeführt. Konfessionsspezifische Besonderheiten und Unterschiede werden akzentuiert. Zugleich werden die Ansätze hinsichtlich ihrer spezifischen Kompetenzorientierung eingeordnet und hinsichtlich ihrer Zielperspektive klassifiziert. b) Der jeweilige Ansatz wird in seiner Besonderheit konfessionell kooperativ dargestellt, sodass sowohl die Verhältnisbestimmung von Theologie, gesellschaftlicher Relevanz und Subjekt abgebildet und die Konfrontation mit konfessions­spezifischer Theologie und die Einholung der Lebenswelt kontextualisiert, als auch die Schüler*innenaktivität hinsichtlich kognitiver, affektiver und aktionaler Lernprozesse aufgeschlüsselt wird. Dabei wird das jeweilige Potenzial für die religiöse Orientierung und die theologische Positionierung aufgezeigt. Zur Visualisierung des Dargelegten wird jeweils ein entsprechendes Schaubild integriert. c) Im Rahmen der didaktischen Konkretion und Methodik wird der jeweilige Ansatz operationalisiert dargestellt. Es werden mögliche didaktische Zugänge für den Unterricht skizziert und konkrete Methoden exemplarisch entfaltet. Die ergänzende Methodenliste bleibt dabei bewusst offen, sodass hier Ergebnisse der eigenen Unterrichtspraxis ergänzt werden können. d) Den Abschluss des Kapitels bildet jeweils eine Art Resümee, das die Potenziale für konfessionell kooperative Bildungsprozesse unter Berücksichtigung unserer konfrontativ-korrelativen subjektorientierten Lesart herausarbeitet. Auch mögliche Herausforderungen für den Religionsunterricht werden kontextualisiert in den Blick genommen und reflektiert. Die abschließende Liste möglicher Herausforderungen für die Lehrkraft soll Religionslehrer*innen sensibilisieren, um mögliche Fallstricke bereits in der Unterrichtsplanung zu antizipieren bzw. zu vermeiden.“ (111f.) Insgesamt ist es den Autorinnen ein Anliegen, „die bestehenden religionsdidaktischen Ansätze konfessionell kooperativ zu durchdenken, dass sie das Potenzial haben, durch die Konfrontation mit konfessionsspezifischer Theologie, Lehre und Praxis religiöse Orientierung und theologische Positionierung zu ermöglichen, um so einen Beitrag zur Identitätsentwicklung zu leisten. Unser Ansatz hat darüber hinaus den Anspruch, multireligiöse, atheistische und agnostische oder weltanschauliche Perspektiven einzubinden, und somit auch eine Dialogfähigkeit mit Blick auf interreligiöse Kontexte und konfessionslose Schüler*innen zu fördern.“ (113)

Einen anderen Schwerpunkt setzt das Praxishandbuch Religions-Didaktik diversitätsorientiert und digital Sek I+II, das Ilona Nord und Judith Petzke im Cornelsen Verlag (589-16761-6) herausgegeben haben. Diese Orientierung „holt für das Schulfach Religion die Wirkungen von zwei großen gesellschaftlichen Transformationsprozessen, die die Didaktik herausfordern, ein. Freilich sind sie nicht neu, seit fast zwei Jahrzehnten werden beide schon immer im Fach in allerdings zumeist getrennten Diskursen diskutiert. Schon vor der Covid-19-Pandemie wurde die Einsicht in ihre gemeinsame Bearbeitung für wichtig befunden. Längst ist die Bedeutung von beiden im Unterrichtsalltag unübersehbar geworden. Ihre Reflexion hier soll Potentiale und Ambivalenzen für die Religionsdidaktik herausarbeiten und für Studium und Referendariat sowie die Schulpraxis bereitstellen. Dieser Band hat den Begriff der Diversität in den Titel genommen. Der Grund hierfür ist, dass er für den schulischen Bereich den Horizont einer diversitätsorientierten Bildungskultur favorisiert. So ist eine umfassende Wahrnehmung von individuellen, sozialen, kulturellen sowie religiösen, wirtschaftlichen und gesundheits- oder beeinträchtigungsbezogenen Unterschieden zwischen Menschen zunächst einmal anzuerkennen. Im Religionsunterricht ist es (längst) Realität, dass keine homogenen Lerngruppen (mehr) unterrichtet werden. Doch häufig wird die Verschiedenheit der Schüler:innen als problematisch angesehen. Das Diversitätsparadigma versucht die Ressourcen der Vielfalt für die anstehenden Lernprozesse in den Blick zu nehmen. (…) Die Digitalisierung des Bildungsraums Schule ist in vollem Gange. Aber was bedeutet dies für den Religionsunterricht? Wichtig ist, dass die Religionsdidaktik ihren Bezug zu digitalen Transformationsprozessen nicht allein im Bereich der Technikimplementierung sieht, auch wenn diese Perspektive zunächst einmal wichtige Einsichten bereithält. Denn wie für alle Schulfächer, so gilt es auch für den RU mit und über digitale Medien zu lernen, um übergreifende Kompetenzen zu erlernen. Aber zudem ist für das Fach Religion zu sehen, dass Religionen prinzipiell und auf für sie spezifische Weise über, in und durch den Einsatz von Medien kommunizieren. Wer einen weiten Medienbegriff hat, wird dies sofort nachvollziehen können: Theologien sind Reflexionswissenschaften, die sich auf Religionen beziehen. Im Falle der christlichen Theologie heißt es, sie sei eine frühe Medienwissenschaft. Warum? Weil sich, wie für die abrahamitischen Religionen mindestens gesagt werden darf, Gottes Gegenwart in der Welt nur in und durch Medien zeigt: die jahrhundertelange Auslegung heiliger Texte durch Menschen sowie die explizit genutzten vielfältigen Medien der Religionen wie Briefe, Namenslisten und Statistiken zum Gemeindeleben, Rechtstexte und nicht zuletzt auch die ausdifferenzierten Symbolsysteme für die alltägliche oder die Glaubenspraxis an Festen und Feiertagen. Doch nicht nur Schriftgut gehört zu den Medien der Religionen, sondern auch Orte und Gebäude zählen dazu, denn auch sie ermöglichen religionsbezogene Kommunikationen. Religionen sind also intensive Mediennutzerinnen und nicht nur das, sie sind zudem Mediengestalterinnen. Dies zeigt sich nicht zuletzt in neu entstehenden Formaten wie Virtual oder Augmented Realities, die z. B. mehr religionskundlich bei dem Kennenlernen von Deckengemälden innerhalb einer Kapelle, beim Gaming genutzt oder eher im positionell-konfessionellen Sinne für performatives Lernen z.B. in interreligiösen Segensräumen eingesetzt werden. Es lassen sich im Grunde nun aber an allen Orten, an denen man sich befindet, über digitale Medien Erfahrungen mit religionsbezogenen Gemälden und Fotografien, Filmen und jeder anderen Art der auditiven und visuellen Kommunikation machen: zuhause oder in öffentlichen Räumen, im Klassenzimmer oder an außerschulischen Lernorten, im Bereich verfasster Religionsgemeinschaften oder außerhalb von ihnen in Formaten, die im Internet eher mit dem Begriff der Spiritualität als dem der Religion(en) verbunden sind.“ (7ff.) Diese Religionsdidaktik versteht sich nicht als ein neuer zusätzlicher Ansatz, der nun – wie z. B. die inklusive Didaktik oder die rnedienweltorientierte Religionsdidaktik – einen eigenständigen Schwerpunkt bildete, sondern „vielmehr als eine querschnittsorientierte Durchsicht wichtiger religionspädagogischer Themen sowie religionsdidaktischer Ansätze aus der Doppelperspektive von Diversität und Digitalität. Der vorliegende Band ist ferner gedacht als ein Praxishandbuch vor allem für die Sekundarstufe. Im ersten Teil sind Beiträge versammelt, die jugendkulturelle, schulische und religionsbezogene Themen exemplarisch, aber dabei eben grundlagenorientiert in die Perspektiven der Diversitätsorientierung und Digitalisierung stellen. Im zweiten Teil werden Fortentwicklungen exemplarischer Didaktiken geleistet und im dritten Teil finden sich Einblicke in Schulartenspezifika. Im vierten Teil stehen schließlich exemplarische Zugänge zu digitalen Methoden in Bezugnahme auf das Fach Religion im Zentrum, es wird auf ihre didaktischen Vorzüge wie Nachteile aufmerksam gemacht.“ (12) Ein sehr anschaulicher Überblick!

Religionsunterricht und seine Rahmungen lautet der Titel des 14. Jahrbuchs für konstruktivistische Religionsdidaktik, das von Norbert Brieden, Hans Mendl, Oliver Reis und Hanna Roose im Verlag LUSA (947568-06-2) herausgegeben wurde und grundlegende, reflexive, konkrete sowie kritische Beiträge zu Rahmungen im Religionsunterricht enthält. Die Herausgebenden schreiben in der Einleitung zum Thema Rahmen und Rahmungen: „Bilderrahmen lenken die Aufmerksamkeit der Betrachtenden auf einen Ausschnitt. Sie definieren eine Grenze zwischen dem, was betrachtet werden soll, und dem, was außerhalb des Interesses liegt. Durch diese Fokussierung zielen sie auf eine intensivere Wahrnehmung dessen, was im Rahmen liegt. Rahmen lenken nicht nur den Zuschnitt des „Worauf" der Wahrnehmung, sondern auch das „Wie". Bilder verändern sich je nachdem, wie sie gerahmt werden. Was auf der konkreten Ebene für die Rahmung von Bildern gilt, trifft im übertragenen Sinn für Rahmen und Rahmungen von Religionsunterricht zu. Diese Rahmungen können auf unterschiedlichen Ebenen verortet sein. Eine erste wichtige Unterscheidung differenziert zwischen rechtlich, institutionell, organisatorisch, konzeptionell etc. gesetzten Rahmen einerseits und empirisch rekonstruierten Rahmungen der Akteure in den Rahmen andererseits. Zunächst zu möglichen gesetzten Rahmen: Rechtliche Rahmen von Religionsunterricht in Deutschland betreffen Art. 7,3 GG und abweichende rechtliche Regelungen sowie deren Konkretionen in Landesschulgesetzen etc. Institutionelle Rahmen betreffen z. B. die Differenzen von Schule – Kirche, Gymnasium – Gesamtschule, Grundschule – Sekundarstufe 1. Organisatorische Rahmen betreffen z. B. Religionsunterricht jahrgangsübergreifend, im Klassenverband, konfessionell-kooperativ. Die Grenzen zu konzeptionellen – etwa dialogischen, subjektorientierten, performativen etc. – Rahmen sind hier z. T. fließend. Auch die Lernorte Schule und Gemeinde könnten solche Rahmen sein, die im religionspädagogischen Denken eine mitgedachte Größe sind und von denen ausgegangen wird, dass sie Rollen, Materialien, Interaktionen prägen. Gerade die konzeptionellen Rahmen können auch die lnhaltlichkeit des Religionsunterrichts in den Blick nehmen, so dass z.B. auch theologische Rahmen eine Rolle spielen. Gesetzte Rahmen lassen sich empirisch daraufhin beobachten, ob bzw. wie sie sich in der Praxis des Religionsunterrichts zeigen. Beiträge des Jahrbuchs gehen diese Aufgabe für die Konfessionalität, Strukturprinzipien, Lernorte oder Evaluationsinstrumente an. Empirisch rekonstruierte Rahmungen der Akteure im Religionsunterricht erhalten bisher in der Religionsdidaktik weniger Aufmerksamkeit. Sie setzen bei der Praxis des Religionsunterrichts an und erfordern z. T. rekonstruktive Analyseverfahren wie die Grounded Theory, die Dokumentarische Methode, die Objektive Hermeneutik oder auch praxistheoretische Ansätze. Die Beiträge des Jahrbuchs entdecken hier in empirisch dokumentierten Fällen einige Rahmungsprozesse, die deutlich machen, wie komplex das Verhältnis von sozialer Ordnung in Rahmen und den einzelnen Akteuren mit ihren Gestaltungsmöglichkeiten im Religionsunterricht ist. Der Band zeigt mit diesem Wechselspiel der Evaluation und Rekonstruktion gesetzter Rahmen und entdeckter Rahmungen noch einmal intensiviert, wie stark individuelle Konstruktionen von sozialen Ordnungen bestimmt sind und welche Handlungsmöglichkeiten sich trotzdem immer wieder in den Situationen ergeben. Für die Praxis des Religionsunterrichts tut einerseits das Bewusstsein für die Härte der Rahmen gut, die schnellen konzeptionell angeregten Veränderungen des Religionsunterrichts entgegentreten. Und andererseits hört in dieser Ordnung persönliche Verantwortung und die Suche nach einem eigenen Stil nicht auf.“ (7f.) Zu den einzelnen Beiträgen: Isabelle Hoyer, Oliver Reis und Hanna Roose unterscheiden verschiedene Forschungskontexte zu Frames/Framing. Stefanie Lorenzen und Ulrike Witten verstehen das aus dem Nachhaltigkeitsdiskurs bekannte Doughnut-Modell als Rahmen, den sie auf die Religionspädagogik übertragen. Isabelle Hoyers Beitrag ist dem Lehrkörper gewidmet. Hanna Roose geht der Frage nach, wie vor dem Hintergrund der Idealtypen religiöser Vermittlung nach Frank (territorial-dogmatisch, lebensweltlich-individualisierend und kulturkundlich) im konfessionellen Religionsunterricht als Rahmen mit der Herausforderung der zunehmenden religiös-weltanschaulichen Heterogenität unter den Schüler/innen umgegangen wird. Nadine Pingel-Hentschel untersucht anhand der dokumentarischen Methode individuelle Rahmungen der schulpädagogischen Ausbildung im Vikariat. Wie in dem Augsburger fachdidaktischen Simulationskonzept das Spiel zwischen Rahmen und Rahmungen, zwischen Situativität und Situiertheit bildungswirksam wird, beschreibt Manfred Riegger zunächst theoretisch konzeptionell. Anika Loose orientiert sich an dem durch Anfang und Ende gesetzten Rahmen einer Lerneinheit. Kristina Maurer und Oliver Reis analysieren Unterrichtsstörungen in drei analytischen Schritten. Gerhard Büttner und Oliver Reis beobachten unterrichtliche Simulationen in der Hochschullehre. Lea Torwesten und Kathrin Termin untersuchen exemplarisch an dem Schülerlabor der Historischen Theologie an der Ruhr-Universität Bochum, ob der äußere Rahmenwechsel sich auch zielgerichtet auf die Wahrnehmung der Schüler/innen auswirkt. Der Beitrag von Melina Macanovic und Norbert Brieden bestätigt in gewisser Weise diesen Befund, indem er Aussagen von Lehrkräften, die ihre Schüler/innen im Schülerlabor begleiten, erhebt. Manuel Stinglhammer versteht unter Lernrahmen didaktisch-methodische Settings, über die der Unterricht gesteuert wird. Karin Peter untersucht die Opfervorstellungen von Jugendlichen· darauf, ob und was innerhalb der Befragung der explizite Kontextwechsel zwischen einer alltagsorientierten und einer theologisch-fachlichen Rahmung auslöst. Auf diese Differenz von erwarteten Rahmen und realen Rahmungsprozessen macht auch Hans Mendl aufmerksam, wenn er Ableitungsprozesse eines didaktischen Konzepts – hier der performativen Didaktik – von Autor/inn/en in eigene Unterrichtskonzepte daraufhin untersucht, ob diese ihren eigenen Angaben zufolge die Grundstruktur und zentrale Elemente einhalten oder auch konzeptuelle Anforderungen systematisch unterlaufen. Im fremden Blick fragt Christian Kahrs danach, ob es darum geht, dass Rahmen und Rahmungen nur deskriptiv eine Rolle in der Analyse des Religionsunterrichts spielen.

In ihrer umfangreichen, im Waxmann Verlag (8309-4709-7) erschienenen Ludwigsburger Dissertation Biografie, beruflichesSelbstverständnis und religiöse Heterogenität unternimmt Maria Rehm wertvolle biografische Konstruktionen von Religionslehrkräften. Ihre Arbeit gliedert sich insgesamt in fünf Teile: Nach der Einleitung „folgt ein Teil, der die theoretischen Bezüge der Arbeit aufnimmt (Kapitel 2). Zunächst erfolgt die Auseinandersetzung mit der strukturalen Bildungstheorie, in der Bildung als Transfonnation des Selbst- und Weltverhältnisses gedeutet wird. Zudem werden in diesem ersten theoretischen Bezug die Möglichkeiten der Abbildung und Rekonstruktion von Bildungsprozessen anhand der Biografie erörtert. Danach wendet sich der Blick auf die Zielgruppe der Studie und ihren beruflichen Kontext: die Religionslehrerinnen und Religionslehrer im evangelischen und katholischen Religionsunterricht in Baden-Württemberg. Als dritte theoretische Linie erfolgt eine Auseinandersetzung mit dem Phänomen religiöse Heterogenität, da dieses Thema als Beispiel gewählt wird, um zu analysieren, wie sich Konstruktionen des Selbst- und Weltbezugs in Deutungen konkreter Herausforderungen im Arbeitskontext der Lehrerinnen und Lehrer entfalten. Das Unterkapitel nimmt eine Begriffsklärung von religiöser Heterogenität vor und es folgt eine Erklärung, wie dieses Phänomen in der vorliegenden Arbeit zu verstehen ist. Eine Übersicht über den aktuellen Forschungsstand erschließt bereits vorliegende Erkenntnisse zum Gegenstand der Arbeit. Hieraus lassen sich inhaltliche und methodologische Schlussfolgerungen für die Bearbeitung der eigenen Studie ziehen. Im darauffolgenden Teil stelle ich methodologische Entscheidungen und die forschungspraktische Umsetzung der Studie vor (Kapitel 3). Dies beinhaltet die Erläuterung der Grounded Theory als Forschungsstil und methodologischen Rahmen für die Arbeit. Außerdem erfolgt die Auswahl der Methoden zur Erhebung und Auswertung der erzählten Lebensgeschichten der Lehrkräfte: das narrative Interview und die Narrationsanalyse nach Fritz Schütze. Dabei erläutere ich, warum sich diese Methoden für die Bearbeitung der Fragestellung besonders eignen und wie genau sie in der Studie Anwendung finden. In der forschungspraktischen Umsetzung werden die Zusammenstellung des Samples und die Erhebung der Daten erläutert. Hierzu erfolgt eine Methodenreflexion. Schließlich wird das Vorgehen in der Auswertung nachgezeichnet, um eine Nachvollziehbarkeit der Ergebnisgenerierung zu schaffen. Darauf folgt der Empirieteil der vorliegenden Arbeit. Er bietet einen Überblick über alle Ergebnisse. Diese sind aus drei Forschungsschritten generiert, die auch in drei Kapiteln wiedergegeben werden: die Rekonstruktion der biografisch entwickelten Selbst- und Weltbezüge, die Analyse zum beruflichen Selbstverständnis und die Analyse zur Wahrnehmung und Deutung von religiöser Heterogenität. Im ersten Kapitel des Empirieteils gebe ich die ausführliche Analyse einzelner Fälle wieder (Kapitel 4). Hier werden die Selbst- und Weltbezüge der Lehrkräfte rekonstruiert und es wird deutlich, wie sich diese auf das jeweilige berufliche Selbstverständnis auswirken und in der individuellen Wahrnehmung und Deutung der Lehrkräfte zu religiöser Heterogenität sichtbar werden. Diese intensive Bearbeitung erfolgt für die erzählte Lebensgeschichte von Frau Bach und für drei weitere Biografien. Zu diesen Fällen werden fünf weitere hinzugezogen und damit das Ergebnis der Zusammenhänge zwischen biografisch entwickeltem Selbst- und Weltbezug und ausgeprägtem beruflichen Selbstverständnis verdichtet. Ausgehend vom rekonstruierten beruflichen Selbstverständnis der Lehrkräfte und den verschiedenen Verdichtungen, die sich zeigen, wechsle ich in einem nächsten Kapitel die Analyseebene von der Einzelfallanalyse hin zu einer Analyse im Querschnitt (Kapitel 5). Hierbei liegt der Fokus auf einer Modellbildung zu verschiedenen Kategorien des beruflichen Selbstverständnisses der Lehrkräfte: zur Zielfokussierung für den Religionsunterricht und dem Selbstverständnis der Lehrkräfte im Unterricht. Gleichzeitig ist es auch hier möglich, Zusammenhänge zwischen den einzelnen Fokussierungen für den Religionsunterricht, dem Selbstverständnis im Religionsunterricht und bestimmten Konstruktionen des Selbst- und Weltbezugs aufzuzeigen. Im dritten Kapitel des Empirieteils nehme ich eine weitere Analyse im Querschnitt vor und fokussiere die Wahrnehmung und Deutung von religiöser Heterogenität (Kapitel 6). Das Kapitel liefert zum einen eine Sammlung der Dimensionen, in denen die Lehrkräfte religiöse Heterogenität wahrnehmen. Zum anderen beinhaltet es eine Rekonstruktion zur Bedeutungszuschreibung von religiöser Heterogenität, die die Lehrkräfte vornehmen. Hier lassen sich Bewertungs- und Konsequenztypen in Bezug auf religiöse Heterogenität generieren, die Rückschlüsse darüber zulassen, wie Lehrkräfte vor dem Hintergrund ihrer eigenen Biografie Umgangsformen und Handlungskonzepte für dieses spezielle Thema entfalten. Die jeweiligen Ergebnisse werden mit bereits bestehenden Forschungsergebnissen ins Verhältnis gesetzt und ihre Bedeutung für Anwendungsfelder innerhalb der Religionspädagogik, zum Beispiel im Blick auf die Aus-, Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften erörtert. Im letzten Teil der Arbeit bündele und reflektiere ich die empirischen Ergebnisse (Kapitel 7). Es folgen zusammenfassende Betrachtungen über die Bedeutung der generierten Erkenntnisse für die Fachdiskussion innerhalb der Religionspädagogik und der Erziehungswissenschaft. Darüber hinaus werden weiterführende Überlegungen und Anschlussstellen für die Forschung markiert.“ (21ff.) Wichtige Erkenntnisse zum unmittelbaren Zusammenhang zwischen biografischen Konstruktionen und Konstruktionen des Umgangs mit religiöser Heterogenität und zur Relevanz einer fortwährenden biografischen Reflexion!

Ulrich Riegel, Matthias Gronover, Malte Brügge-Feldhake, Julia Hofmann und Reinhold Boschki sind die Autor*innen der spannenden explorativen Studie im Mixed-Methods-Design Der Umgang mit religiöser Vielfalt im katholischen Religionsunterricht, die in der Reihe „Glaube – Wertebildung – Interreligiosität. Berufsorientierte Religionspädagogik“ ebenfalls im Waxmann Verlag (8309-4740-0) veröffentlicht wurde. Im Vorwort heißt es dazu: „Religiöse Vielfalt gehört zu den zentralen Stichworten gegenwärtiger religionspädagogischer und didaktischer Forschung. Durch sie sieht sich der Religionsunterricht nicht nur in organisatorischer Hinsicht herausgefordert, sondern auch hinsichtlich der Frage, wie man mit ihr angemessen umgehen kann. Ein Indikator für die Dringlichkeit dieser Frage stellt die Tatsache dar, dass mit den Konzepten der Pluralität und der Heterogenität in der Religionspädagogik zwei Begriffe vorliegen, unter denen das Phänomen der religiösen Vielfalt diskutiert und erforscht wird. Allerdings stellt die Bedeutung religiöser Vielfalt für den Religionsunterricht in den meisten empirischen Erhebungen dieser Disziplin eher den theoretischen Referenzpunkt als das eigentliche Erkenntnisobjekt dar. So lag bei der Antragstellung des Projekts, das durch den vorliegenden Band dokumentiert wird, nur die Studie aus Schleswig-Holstein vor, die sowohl Lehrpersonen als auch Schülerinnen und Schüler direkt zu diesem Thema befragt hat. In anderen Studien, wie etwa der Befragung von evangelischen Religionslehrkräften in Nordrhein-Westfalen, wird dieses Thema eher am Rand behandelt. Auf dieses damalige Desiderat religionsdidaktischer Forschung reagiert das vorliegende Projekt. Es stellt die Frage nach dem Umgang mit religiöser Vielfalt im Religionsunterricht, indem es sowohl die Subjektiven Theorien von Religionslehrpersonen zu dieser Thematik als auch deren Umgang mit dieser Vielfalt in ihrem eigenen Religionsunterricht rekonstruiert und aufeinander bezieht. Es wird dabei von der Annahme geleitet, dass die Expertise von Lehrkräften wesentlich für die Gestaltung von Unterricht ist, sich dieser Unterricht aber auch situativen Bedingungen verdankt und somit nie der vorliegenden Expertise der Lehrkraft vollständig entspricht. Das Projekt erlaubt somit nicht nur einen Einblick in die Bedeutung religiöser Vielfalt im Denken und Handeln von Religionslehrpersonen, sondern auch in das Beziehungsgefüge beider Instanzen didaktischer Wirklichkeit. In diesem Sinn entstanden im Schuljahr 2018/2019 22 problemzentrierte Interviews und 42 Unterrichtsvideographien, die in der Folgezeit mittels qualitativer Inhaltsanalyse bzw. Videorating ausgewertet wurden. Neben dem Verständnis religiöser Vielfalt und seiner Thematisierung im Religionsunterricht konnten dabei auch zugehörige Konzepte wie Standpunktfähigkeit, Fähigkeit zum Perspektivenwechsel und Dialogfähigkeit rekonstruiert werden sowie Bedingungsfaktoren wie die Beziehungsqualität des Unterrichts oder seine grundlegenden Strukturmerkmale“. (11) Die vorliegende Studie untersucht den Umgang mit religiöser Vielfalt im konfessionellen Religionsunterricht: „Angesichts der Zunahme religiöser Vielfalt im Alltag ist die Bedeutung eines heterogenitätssensiblen Religionsunterrichts unbestritten. Bislang wenig untersucht wurde jedoch, wie der konfessionelle Religionsunterricht religiöse Vielfalt tatsächlich thematisiert und welche Lerngelegenheiten faktisch eröffnet werden, um einen kompetenten Umgang mit ihr auszubilden. Beiden Aspekten nimmt sich die vorliegende Studie an.“ (13)

Interreligiöse Kooperation im Religionsunterricht ist ein von Friedrich Schweitzer, Fahimat Ulfat und Reinhold Boschki als „Kooperativ-Interreligiöser Forschungsverbund für religiöse Bildung“ herausgegebene Band überschrieben, der im Waxmann Verlag (8309-4741-7) erschienen ist. In der Einleitung schreiben die Herausgebenden zurecht: „Dieser Band ist einer Fragestellung gewidmet, die schon aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen, aber auch von Entwicklungen in Theologie und Religionspädagogik zunehmend Aufmerksamkeit gewonnen hat: Was bedeutet die wachsende religiös-weltanschauliche Vielfalt für den Religionsunterricht? Weithin steht dabei die Wahrnehmung im Hintergrund, dass die bislang als Standardmodell angesehene Form, bei der Religionsunterricht in nach Konfessionen und Religionen aufgeteilten Lerngruppen erteilt wird, in den meisten Bundesländern neben einem Alternativangebot, das bei wechselnder Bezeichnung als Ethikunterricht, Religionskunde oder Philosophieunterricht bezeichnet wird, den Voraussetzungen in der Gesellschaft, aber auch bei den Schüler:innen nicht mehr gerecht wird. Diese Einschätzung wird in Öffentlichkeit, Politik und Wissenschaft inzwischen vielfach geteilt. Hingegen besteht im Blick auf die zukünftige Entwicklung von Religionsunterricht oder, allgemeiner ausgedrückt, Religion und religiöser Bildung in der Schule wenig Einigkeit. Das Spektrum der Vorschläge, die zum Teil auch schon versuchsweise oder auf Dauer umgesetzt werden, reicht von der Abschaffung des Religionsunterrichts, der dann durch ein allgemeines Wertefach für alle oder einen Unterricht zu Religionen und Weltanschauungen ersetzt werden soll, über einen „Religionsunterricht für alle" (Hamburg) bis hin zu kooperativen Modellen, bei denen die konfessions- und religionsspezifischen Angebote nach wie vor den Ausgangspunkt bilden. Dabei ist insbesondere auch der nun mehr und mehr, wenn auch noch immer (zu) langsam, eingeführte islamische Religionsunterricht und seine Stellung in der Schule zu bedenken. Die Ablösung eines auf eine bestimmte Religion bezogenen Unterrichts würde bedeuten, dass der islamische Religionsunterricht wieder abgeschafft wird, ehe er wirklich breit eingerichtet werden konnte. Diese Implikation wird in entsprechenden Diskussionen nur selten ausgesprochen, obwohl sie der breiten Akzeptanz dieser Form des Religionsunterrichts bei der muslimischen Bevölkerung empfindlich widersprechen würde. Wie auch im vorliegenden Band festgestellt wird, führen die genannten Entwicklungen beim Religionsunterricht zu einer zunehmend schwer überschaubaren Vielfalt, bei der sich immer weniger angeben lässt, was genau eigentlich unter „Religionsunterricht" noch zu verstehen sei. Anders formuliert droht das Fach an Kontur zu verlieren, da weder seine Inhalte noch seine didaktische Zielsetzung und Ausrichtung über die verschiedenen Bundesländer in Deutschland hinweg oder auch in den Nachbarländern in vergleichbarer Form festgelegt sind. Auch hinsichtlich der Bezugswissenschaft besteht Unklarheit: Ist hier noch immer an die Theologie zu denken – heute dann im Plural: an die verschiedenen Theologien, also evangelisch, katholisch, muslimisch, jüdisch oder orthodox –, oder soll die Religionswissenschaft den Rahmen bieten oder die Philosophie bzw. die philosophische Ethik? Die Situation scheint auch nicht zur Ruhe zu kommen, wie beispielsweise die aktuellen Entwicklungen in Niedersachsen zeigen, wo der evangelische und katholische Religionsunterricht durch einen gemeinsamen Christlichen Religionsunterricht abgelöst werden soll. Wenn der Religionsunterricht Zukunft haben soll, so braucht er eine klare Ausrichtung sowie eine ebenso klare Verständigung über seine Grundlagen. Genau daraus entstehen zugleich weitreichende Anfragen, Herausforderungen und Spannungsverhältnisse. Denn am klarsten sind die Ausrichtung und Grundlagen von Religionsunterricht beim herkömmlichen Modell, das – wie das Grundgesetz formuliert (Art. 7,3) – „in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften" erteilt wird. Genau dieses Modell scheint aber zugleich den pluralen Verhältnissen in der Gesellschaft und dann auch in der Schule nicht mehr zu entsprechen. Deshalb wird zu prüfen sein, wie sich die Stärken des herkömmlichen Modells so weiterentwickeln lassen, dass sie auch unter pluralen Voraussetzungen noch überzeugen können. Darüber hinaus müssen alle zukünftigen Modelle auch auf die praktischen Erfordernisse in der Schule zugeschnitten werden. Damit ist nicht gemeint, dass organisatorische Zwänge über die Zukunft des Religionsunterrichts und seine Zukunftsgestalt entscheiden sollten. Es geht aber um ein (religions-)pädagogisches Handlungsfeld, Weshalb die Frage danach, was in der Schule sinnvoll und möglich ist, gestellt werden muss. Zudem sind neben den religionsdemographischen Entwicklungen und religionspädagogischen Überlegungen auch erziehungswissenschaftliche und insbesondere bildungstheoretische Einschätzungen zu bedenken, da sich alle Fächer in der Schule an einem Bildungsauftrag messen lassen müssen. Für den vorliegenden Band war es deshalb wichtig, auch diese Perspektive mit einzubeziehen und einen erziehungswissenschaftlichen Beitrag aufzunehmen.“ (7f.) Wie kann nun eine Weiterentwicklung des herkömmlichen Standardmodells von Religionsunterricht aussehen? Der dafür gewählte Weg „stützt sich auf das vor allem in Baden-Württemberg und Niedersachsen, inzwischen aber auch in vielen anderen Bundesländern bewährte Modell der konfessionellen Kooperation im Religionsunterricht. In Baden-Württemberg wurde diese Form der Kooperation schon vor 30 Jahren offiziell eingerichtet, auch wenn verbindliche Richtlinien dazu erst später verfügbar wurden. Als entscheidende Voraussetzungen dieser Kooperation können fest etablierte und institutionalisierte evangelische und katholische Angebote angesehen werden, die auf unterschiedliche Art und Weise kooperieren. Schon früh zeigten empirische Untersuchungen, dass die Formen der Kooperation dabei im Blick auf die sich von Ort zu Ort und wohl auch von Schule zu Schule unterscheidenden Ausgangssituationen offen und flexibel gehandhabt werden sollten. Spätere Versuche hingegen, die Kooperation stärker zu formalisieren und administrativ zu regulieren, haben sich offenbar in der Praxis wenig bewährt und wurden dann auch durch beweglichere Vorgaben abgelöst. Die gegenwärtige Situation macht es nun ebenso erforderlich wie wünschenswert, dass die Kooperation über den christlichen Bereich hinaus entschieden erweitert wird. Eine solche Erweiterung könnte sich prinzipiell auf verschiedene Religionen und deren religionsunterrichtliche Angebote beziehen, aber faktisch kommt derzeit dafür nur der Islam bzw. der islamische Religionsunterricht infrage. Der jüdische Religionsunterricht, an den man ebenfalls denken könnte, wird leider nur an wenigen Orten angeboten, worin die in Deutschland nach wie vor spürbare Situation nach dem Holocaust noch immer weiterwirkt. Andere nicht christliche Religionen sind in Deutschland mit jeweils nur wenigen Mitgliedern anzutreffen, so dass es hier bestenfalls punktuell zu religionsunterrichtlichen Angeboten kommen kann. Im christlichen Bereich wäre auch an die Orthodoxen Kirchen zu denken, denen in Deutschland etwa zwei Millionen Menschen angehören. Leider ist die Einrichtung eines orthodoxen Religionsunterrichts bislang ebenfalls nur an wenigen Standorten gelungen. Eine Ausweitung der Kooperation legt sich daher vor allem im Blick auf eine Zusammenarbeit zwischen evangelischem, katholischem und islamischem Religionsunterricht nahe, auch wenn weitere Kooperationsmöglichkeiten, wo immer sie sich anbieten, ebenfalls genutzt werden sollten. Hinsichtlich einer christlich-muslimischen Kooperation im Religionsunterricht kann inzwischen auch von günstigen Voraussetzungen in der Wissenschaft und damit auch in der Ausbildung für den Religionsunterricht gesprochen werden. An verschiedenen Standorten sind in den letzten rund 15 Jahren Professuren, Institute und Zentren für islamische Theologie eingerichtet worden, und vielfach wird diese neue Situation für kooperative Projekte zwischen der islamischen Theologie und den christlichen Theologien genutzt. Zumindest punktuell werden auch Lehrveranstaltungen in der hochschulischen Ausbildung für den Religionsunterricht in kooperativer Form angeboten, beispielsweise an der Universität Tübingen. Ein Überblick zu diesen Formen der Zusammenarbeit ist noch nicht verfügbar, aber diverse kooperative Publikationen belegen deutliche Fortschritte in dieser Hinsicht. Vor diesem Hintergrund wird im vorliegenden Band nach Möglichkeiten der christlich-muslimischen Kooperation im Religionsunterricht gefragt. Nach Auffassung der Herausgeber:innen soll diese Kooperation jedoch ausdrücklich nicht zur Abschaffung der bisherigen konfessions- und religionsbezogenen Formen von Unterricht führen, sondern diese Formen sollen als günstiger Ausgangspunkt und als tragfähige Grundlage für die Zusammenarbeit genutzt werden. Dabei ist auch für die interreligiöse Kooperation eine Vielfalt an Realisierungsmöglichkeiten vorzusehen, wiederum je nach den Voraussetzungen vor Ort und an den einzelnen Schulen. Auch wenn vor allem in Österreich schon länger Erfahrungen mit einer christlich-muslimischen Kooperation gesammelt werden konnten als in Deutschland, sind die entsprechenden Beispiele doch auch dort noch wenig zahlreich. Auch die wissenschaftliche Untersuchung und Auswertung dieser Ansätze steht weithin noch ganz am Anfang. Insofern ist in dieser Hinsicht von einer Versuchsphase zu sprechen, die sich noch kaum sinnvoll in die Gestalt eines festliegenden Modells überführen lässt. Wichtig erscheint es gleichwohl, dass die interreligiöse Kooperation im Religionsunterricht nicht auf individuellen Absprachen, vielleicht sogar auch nur geduldeten Formen gemeinsamen Unterrichts beruht, sondern dass hier ein offizieller Rahmen etabliert wird. Dabei ist nicht zu übersehen, dass an dieser Stelle noch viele Fragen offen sind. Während im christlichen Bereich die Kirchen entsprechende Vereinbarungen treffen und auch dem Staat gegenüber als Ansprechpartner fungieren konnten, gibt es im muslimischen Bereich keine vergleichbaren Strukturen. In Baden-Württemberg beispielsweise hat sich der Staat dadurch beholfen, dass er selbst eine Stiftung gegründet hat, die als eine Art Schulrat zugleich als Gegenüber des Staates fungieren können soll. Da es sich nicht um eine Gründung handelt, die von muslimischen Vertreter:innen ausging, bleibt abzuwarten, ob und wieweit diese Stiftung von den Muslim:innen im Land als legitime Vertretung ihrer religiösen Interessen wahrgenommen wird.“ (8ff.) Sehr wichtige Impulse für einen zeitgenössischen Religionsunterricht!

In ihrer im Verlag Mohr Siebeck (16-162631-9) veröffentlichten Göttinger Dissertation Toradidaktik. Eine Studie zu jüdischer Bibeldidaktik und ihrer Rezeption in der christlichen Religionspädagogik erschließt und erkundet Marie Hecke systematisch Ansätze und Konzeptionen jüdischer Toradidaktik und formuliert Voraussetzungen und Möglichkeiten ihrer Rezeption in der christlichen Religionspädagogik. Die Autorin „rekonstruiert jüdische Didaktiken der Tora unterschiedlicher Denominationen und nationaler Kontexte mit dem doppelten Ziel, diese für eine christliche bzw. christlich-religionspädagogische Leser:innen- und Rezipient:innenschaft sowohl in ihrem Eigenwert als didaktischen Konzeptionen und Praxen jüdischer Toradidaktik sichtbar und bekannt zu machen als auch in ihrem Mehrwert für eine christliche, dialogisch orientierte Bibeldidaktik zu diskutieren und darzustellen. Mittels inter- wie innerreligiöser vergleichender Verfahren arbeitet sie zentrale Charakteristika, Modi und Funktionen jüdischer Toradidaktik auf der Ebene einzelner Ansätze wie auf allgemeinerer Ebene heraus und setzt diese mit bestehenden wie potenziellen Arbeits- und Reflexionsweisen christlicher Bibeldidaktik und ihrer Hermeneutik produktiv-kritisch in Beziehung: Welche religionspädagogischen Einsichten lassen sich aus einer eingehenden Beschäftigung mit jüdischen Toradidaktiken gewinnen? Welche bibeldidaktischen und hermeneutischen Irritationen, und damit: welche Ansatzpunkte interreligiösen Lernens halten jüdische didaktische Reflexionen und Konzeptionen der Vermittlung von Tora bereit? Welche in der christlichen Bibeldidaktik bisher vielleicht noch fehlenden oder zu wenig berücksichtigten Inhalte und Formen der Kompetenzvermittlung lassen sich im Feld jüdischer Toradidaktik ausmachen, und unter welchen Bedingungen ließen sie sich gegebenenfalls übertragen? Welchem Verständnis von Tora und welchen Formen von Hermeneutik sollte eine am jüdisch-christlichen Dialog geschulte christliche Bibeldidaktik des Ersten Testaments folgen?“ (1) Ziel der Studie ist es, „auf dem Wege der Exploration und Rekonstruktion einflussreicher, der christlichen, zumal deutschsprachigen Religionspädagogik bislang jedoch weitgehend unbekannt und unzugänglich gebliebener Toradidaktiken jüdischer Provenienz einen Beitrag dazu zu leisten, Bedingungen und Möglichkeiten einer christlichen Toradidaktik genauer bestimmen und angeben zu können. Sie geht davon aus, dass eine intensive Auseinandersetzung mit jüdischen Bedeutungen, Formen und Inhalten der Vermittlung von Tora und der detailliertere Wissenserwerb darüber vor dem Hintergrund eines neu verstandenen Verhältnisses zwischen Judentum und Christentum nicht nur einen gebotenen und längst überfälligen Schritt darstellen, ,,Bildungsverantwortung in Achtsamkeit füreinander wahr[nehmen]" zu können. Sie sieht darin zudem eine notwendige, wenn auch nicht hinreichende Bedingung dafür, christliche Bibeldidaktik in einer Weise betreiben zu können, die der „Hebräische[n] Bibel und ihre[r) zweifache[n] Nachgeschichte" theoretisch wie praktisch gerecht wir Das Wissen um jüdische Lesarten und Vermittlungsformen des Ersten Testaments und der Respekt vor ihnen sind mithin Ziele und wechselseitige Bedingungen von Toradidaktik im christlich-religionspädagogischen Kontext zugleich. Sie anzustreben bzw. herzustellen, verstehe ich als wichtigen Teil des größeren Anliegens, die Tora in eine am christlich­jüdischen Dialog geschulte und orientierte Theologie zu (re-)integrieren.“ (2) Die hervorragende Studie zu Toradidaktik, christlicher- und jüdischerseits, ist wie folgt aufgebaut: „Zunächst sollen in den Prolegomena (Teil 1) einleitende, vor allem begriffliche Fragen geklärt, der relevante Forschungsstand aufgearbeitet sowie die methodischen Weichenstellungen der empirischen Untersuchung vorgenommen werden. Hierfür erfolgt zuerst eine Begriffsklärung des Phänomens der Tora (Kapitel 2) in der Hebräischen Bibel und in der jüdischen und christlichen Tradition. Dabei wird die Tora als ein ambiges, diverses Phänomen in den unterschiedlichen Traditionen dargestellt und in ihrer facettenreichen Vielfalt erschlossen. Daran anschließend bietet der Forschungsüberblick eine Be­standsaufnahme der Tora in der christlichen Religionspädagogik und der damit einhergehenden Leerstellen (Kapitel 3): Auf welche Art und Weise wird die Tora in der christlichen Bibeldidaktik rezipiert? Welche Hermeneutik ist hier federführend? Welche Rolle spielt die Tora in den Lehrplänen für die Grundschule und für die Sekundarstufen I und II? Welche Rolle spielen jüdisch und/ oder jüdisch-christliche Lehrinhalte in der Ausbildung von zukünftigen Lehrkräften? Und: In welchem Verhältnis stehen der jüdisch-christliche Dialog und christliche Religionspädagogik zueinander? Darauf folgt die Darstellung der methodischen Rahmung· der Studie durch die Vergleichende Religionspädagogik (Kapitel 4). Hierfür stelle ich als Impulse die Funktionen der Vergleichenden Religionspädagogik, als Rahmen die Methodik der Komparativen Theologie, die wiederum durch die Arbeitsweisen und Grundsätze des jüdisch-christlichen Dialogs gespiegelt werden muss, sowie den Zugang zum Material als dichtes und detektivisches Lesen dar. Der zweite Teil der Studie (II) steht im Zeichen der Exploration und Rekonstruktion jüdischer Didaktiken der Tora. Dieser Teil beginnt mit einer Hinführung, in der die Darstellung der jüdischen Toradidaktiken durch das unterrichtsdidaktische Viereck als Tertium Comparationis erläutert wird. Darauf folgt die exemplarische Darstellung der bibeldidaktischen Entwürfe aus unterschiedlichen Ländern und Strömungen des Judentums. Diese werden chronologisch anhand des Entstehungszeitpunktes dargestellt. Begonnen wird mit Nehama Leibowitz {Kapitel 5) und Zvi Adar (Kapitel 6), zwei israelischen Entwürfen, wobei der erste in der Strömung und Tradition des modern­orthodoxen, der zweite in der des säkularen Judentums wurzelt. Beide sind nach der Staatsgründung Israels entstanden und bis heute für Tanachunterricht in Israel und darüber hinaus prägend. Darauf folgt die Darstellung einer US-amerikanischen Bibeldidaktik konservativer Prägung von Barry W. Holtz (Kapitel 7). Daran schließen sich mit Daniel Krochmalnik (Kapitel 8) und Hanna Liss / Bruno Landthaler (Kapitel 9) zwei Konzepte aus dem deutschsprachigen Raum an, die im 21. Jahrhundert entwickelt wurden. Die Darstellung der toradidaktischen Konzeptionen erfolgt stets innerhalb und mittels des unterrichtsdidaktischen Vierecks von Lehrenden und Lernenden, Text und Lebenswirklichkeit. In die unterschiedlichen toradidaktischen Entwürfe wird zu Beginn eines jeden Kapitels durch eine Kontextualisierung und durch biografische Notizen zu den entsprechenden Autor:innen kurz eingeführt. Am Ende jedes Kapitels werden die Entwürfe zusammenfassend kritisch gewürdigt und auf ihre christlichen Rezeptionsmöglichkeiten hin befragt. Abschließend (Kapitel 10) werden die gewonnenen Ergebnisse systematisiert, um zunächst innerhalb einer vergleichenden Systematisierung Gemeinsamkeiten und Unterschiede der toradidaktischen Ansätze darzustellen; schließlich werden Modi und Funktionen jüdischer Bibeldidaktik rekonstruiert, die sich in allen Entwürfen, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung finden. Der dritte und letzte Teil der Studie (III) widmet sich dann wiederum der Frage nach einer christlichen Didaktik der Tora, indem er gleichsam Bedingungen und Möglichkeiten der Rezeption jüdischer Toradidaktik in der christlichen Bibeldidaktik diskutiert. Hierfür werden zunächst in einer weiteren Hinführung (Kapitel 11) generellere Vorbehalte und Möglichkeiten der Rezeption jüdischer Toradidaktiken erläutert. Daran anschließend werden Toraverständnis und hermeneutische Voraussetzungen einer christlichen Toradidaktik skizziert (Kapitel 12): Wie kann und sollte Tora innerhalb einer christlichen Bibeldidaktik verstanden werden? Welche biblische Hermeneutik wird der doppelten Nachgeschichte der Tora in Judentum und Christentum gerecht? Schließlich erfolgt mit den Elementaria christlicher Toradidaktik (Kapitel 13) der Vorschlag einer christlichen Toradidaktik entlang den vier Dimensionen des didaktischen Vierecks: dem Text, den Lernenden, den Lehrenden und der Lebenswelt. Abgerundet wird dies durch einen praxisbezogenen Ausblick christlicher Toradidaktik: eine hoffnungsvolle „Fantasie der Praxis" (Abschnitt 13.5). Die Studie schließt mit einem Fazit und Ausblick zur Gegenwart und möglichen Zukunft, zum Eigenwert, aber auch zum wechselseitigen Mehrwert von Toradidaktik jüdischer und christlicher Prägung (Kapitel 14).“ (17ff.) Zu dieser Thematik passt sehr gut das Studienhandbuch Jüdisch-christlicher Dialog, das ebenfalls im Verlag Mohr Siebeck als UTB (8252-6259-4) von Christian Rutishauser, Barbara Schmitz und Jan Woppowa herausgegeben wurde. In ihrer Einleitung erklären sie: „Bei ihrer Besinnung auf das Geheimnis der Kirche gedenkt die Heilige Synode des Bandes, wodurch das Volk des Neuen Bundes mit dem Stamme Abrahams geistlich verbunden ist." Mit diesen – viel diskutierten – Worten beginnt das vierte Kapitel der Konzilserklärung „Nostra Aetate", das nichts weniger als den zentralen Wendepunkt im Verhältnis der katholischen Kirche zum Judentum darstellt. Mit der Verabschiedung der Konzilserklärung im Jahr 1965 ist zugleich ein intensiver Dialog zwischen katholischer Theologie, Kirche und Judentum entstanden. Nach einer Phase der wechselseitigen Annäherung, des Kennenlernens und der grundsätzlichen Vertrauensbildung haben seitdem zahlreiche Erklärungen, Kommissionsarbeiten und wissenschaftliche Konferenzen in der inhaltlichen Auseinandersetzung und der gegenseitigen Verständigung Fortschritte erzielt, zu denen einerseits persönliche Begegnungen ebenso beigetragen haben wie andererseits auch Irritationen und Konflikte. In konkreten Auseinan­dersetzungen, wie zum Beispiel der Gestaltung von Auschwitz als Erinnerungsort an jüdisches und polnisches Leiden, wurden unterschiedliche Interessen wie auch das Zusammenspiel von Fremd- und Eigenwahrnehmung der Dialogpartner bewusst. Bis heute stellt der jüdisch-christliche Dialog einen steten Lernprozess dar. Gefehlt hat bisher ein Studienhandbuch, das den Stand des Gesprächs zwischen Christentum und Judentum zusammenfassend darstellt, zentrale Erkenntnisse bündelt und Perspektiven für eine christliche Theologie im Angesicht des Judentums vermittelt. Diesem Desiderat möchten wir mit dem vorliegenden Studienhandbuch begegnen, das den jüdisch-christlichen Dialog für die christliche Theologie reflektiert. Es soll in der pastoralen und religionspädagogischen Praxis aktive Theologinnen und Theologen sowie Studierende und Dozierende dazu befähigen, in Verkündigung, Bildungsarbeit und Lehre sachorientiert und differenzsensibel mit Fragen des jüdisch-christlichen Verhältnisses umzugehen. Dabei verstehen wir die Frage nach dem jüdisch-christlichen Verhältnis gerade nicht als ein eigenes Thema, mit dem sich einige auf den Dialog spezialisierte Kolleginnen und Kollegen beschäftigen, sondern vielmehr als eine hermeneutische Querschnittsaufgabe aller theologischen Disziplinen. Das Gespräch zwischen Christentum und Judentum begreifen wir als eine Haltung, aus der heraus Theologie betrieben wird, die nicht mehr anders kann, als sich in den disziplinären Positionen von Judentum und jüdischem Denken herausfordern, rückfragen und anfragen zu lassen. Wir sind überzeugt, dass eine solche Haltung auch das praktische Handeln in allen Bereichen von Bildung und Pastoral kritisch betrachten und konstruktiv orientieren kann und soll. Nicht zuletzt geht es um die ständig zu bearbeitende Frage und Herausforderung, wie christliche Identität, Theologie und Praxis beschrieben und entfaltet werden können, ohne das Judentum herabzusetzen und das Christentum vor der Negativfolie des Judentums zu profilieren. Christliche Theologie im Angesicht des Judentums zu betreiben, stellt eine nicht verhandelbare hermeneutische Grundoption dar, die alle Bereiche der Theologie tangiert und verändert.“ (1) Das Studienhandbuch ist wie folgt aufgebaut: „In Teil A werden „Grundlegende Perspektiven" aufgezeigt, die das Fundament des Dialogs darstellen. Dies sind Einführungen zum Stand des jüdisch-christlichen Gesprächs aus katholischer, evangelischer und jüdischer Perspektive. Zudem werden Geschichte und Begriffsbestimmungen zu Antijudaismus und Antisemitismus beleuchtet, um über antijüdische beziehungsweise antisemitische Stereotype und Vorurteile aufzuklären und für diese zu sensibilisieren. Dazu gehört auch ein Beitrag, der sich mit der Geschichte der Päpste gegenüber den Juden befasst Sie haben sich durch alle Jahrhunderte hindurch in einer besonderen Verpflichtung gegenüber den Juden gesehen. Weiterhin wird die Frage nach einer christlichen, theologisch fundierten Haltung gegenüber dem Staat Israel thematisiert, weil das Judentum – anders als das Christentum – nicht nur eine Religion, sondern vielmehr ein way of life des jüdischen Volkes ist, in dem der Staat Israel heute eine eigene Dimension darstellt. Weiterhin verändert der Dialog mit dem Judentum alle Disziplinen der Theologie - auf katholischer Seite spätestens seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil und der Erklärung Nostra Aetate 4 (1965) und auf evangelischer Seite in Deutschland spätestens seit dem Rheinischen Synodalbeschluss (1980). Diesem trägt Teil B „Disziplinen der Theologie angesichts des jüdisch-christlichen Dialogs", eine an verschiedenen Disziplinen der Theologie orientierte Darstellung, Rechnung. In diesen Beiträgen wird die Frage gestellt, wie der jüdisch-christliche Dialog die jeweilige Disziplin verändert hat, inwiefern dem Dialog mit dem Judentum disziplinär Rechnung getragen wird, wo gegebenenfalls noch Desiderate bestehen und welche Impulse aus der jeweiligen Fachdisziplin für den Dialog zwischen Christentum und Judentum ausgehen. Die ausgewählten disziplinären Beiträge sind analog aufgebaut: Sie geben in einem grundlegenden Überblick den aktuellen Forschungsstand wieder, vertiefen exemplarisch Themen, Fragestellungen und Problemkontexte, benennen aktuelle Herausforderungen und geben weiterführende Lektürehinweise. Dass auch die beiden Disziplinen Kirchenrecht und theologische Ethik, die in diesem Band noch keine Aufnahme finden konnten, angesichts jüdischer Ethik und jüdischem Recht reflektiert werden, stellt ein Desiderat für die Zukunft dar.“ (1f.)

Dem weitgehend unbekannten buddhistischen Religionsunterricht widmet sich der im Waxmann Verlag (8309-4666-3) von Carola Roloff und Thorsten Knauthherausgegebene Sammelband Buddhistischer Religionsunterricht. Bestandsaufnahme und Perspektiven. Es geht darin insbesondere um folgende Fragen: „Wie wird Buddhismus an deutschen Schulen thematisiert? Welche didaktischen Ansätze gibt es? Wer erstellt die Unterrichtsmaterialien? Welche Erfahrungen wurden anderswo gemacht, und inwieweit könnten sich hier Synergieeffekte bei der Lehrerfortbildung und der Erstellung von Unterrichtsmaterialien für den Religionsunterricht für alle in Hamburg ergeben?“ (13) Das erkenntnisreiche Buch hat folgenden Aufbau: „Kapitel 1 beleuchtet die gegenwärtige unbefriedigende Situation des Buddhismusunterrichts im Bundesland Hamburg, die den Impuls für die Veranstaltung und das vorliegende Buch gab. Kapitel 2 ist eine Bestandsaufnahme der aktuellen Situation des Buddhismus an Schulen. Hier stellen drei Autorinnen aus drei verschiedenen Perspektiven die aktuelle Situation des buddhistischen Religionsunterrichts (BRU) unter sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen vor. Kapitel 3 behandelt exemplarisch Konzeptionen und Erfahrungen für den Buddhismusunterricht und nimmt dabei einerseits Österreich mit Schwerpunkt Salzburg in den Blick und im Vergleich dazu für Deutschland Beispiele aus Hamburg, Berlin und Nordrhein-Westfalen. Kapitel 4 beleuchtet bundesweit Alternativen zum Religionsunterricht, speziell die Alternative des Ethik- bzw. Philosophieunterrichts, und diskutiert diese im europäischen Vergleich. Kapitel 5 dokumentiert den letzten und öffentlichen Teil der Novemberakademie 2021. Hier geht es speziell um Hamburg und die Frage der Einbeziehung des Buddhismus in den Religionsunterricht für alle. Kapitel 6 bilanziert die Tagung. Drei „critical friends" wurden eingeladen, am Ende der Tagung ein konstruktiv-kritisches Feedback zu geben. Sie stellen rückblickend Überlegungen aus drei verschiedenen Perspektiven an: aus buddhistischer Sicht, aus praktischer und politischer Sicht und aus wissenschaftlicher Sicht (Buddhologie).“ (19f.)

Andrea Schulte hat ebenfalls im Waxmann Verlag (8252-6205-1) das wichtige Studien- und Arbeitsbuch Sprache im Fachunterricht Religion verfasst. Die Autorin erklärt in der Einleitung: „Das Buch hat insbesondere die Religionslehrerinnen und Religionslehrer im Blick, die zum einen in die Praxis des sprachsensiblen und sprachbewussten Fachunterrichts Religion hineinwachsen wollen und zum anderen in der Praxis stehen und ihr Repertoire an professionellem Lehrer:innenhandeln in Sachen Sprache bereichern wollen. Ihrer Lehrtätigkeit, d. h. ihrem fachlichen Sprachhandeln, kommt eine besondere Bedeutung zu. Ihr sprachsensibles und sprachbewusstes unterrichtliches Lehren unterstützt Sprachbildungsprozesse im Fach Religion. Diese grundlegende Einsicht habe ich aus den Befunden einschlägiger Untersuchungen und Studien zur allgemeinen Bedeutung der Sprache im Fachunterricht gewonnen. Es ist mir ein besonderes Anliegen, mit der Konzeption dieses Buches diesen für mich so wichtigen Erkenntnisgewinn an Sie als Leser:innen weiterzugeben.“ (15) Das Buch ist wie folgt aufgebaut: „Kapitel 2 versteht sich als eine allgemeine Einführung. Zum einen werden Grundeinsichten über Sprache skizziert, die sich vor allem auch im schulischen und unterrichtlichen Kontext verorten lassen. Zum anderen soll ein grundlegendes Verständnis von sprachlicher Grundbildung in der Schule vermittelt werden. Diese Annäherungen eröffnen die Möglichkeit, den Zusammenhang von Sprache und Fachunterricht differenziert in den Blick zu nehmen und die Terminologien eines sprachsensiblen und sprachbewussten Fachunterrichts unterscheiden zu können. Damit wird gleichzeitig fachliches und sprachliches Lernen pointiert und es wird angezeigt, dass Sprache im Fach (wie Unterricht allgemein) auf Kommunikation hin angelegt ist. Kapitel 3 entspricht in seinen Gliederungspunkten denen des Kapitels 2. Diese Parallelität ist gewollt und markiert, dass die Grundanliegen sprachlicher Bildung in der Schule als Maßgabe und Orientierungsrahmen auch für die Fachunterrichte zu gelten haben. Die Ausführungen entfalten die (fach-)spezifische Bedeutung der Sprache im Fachunterricht Religion. Dabei verhilft die Kennzeichnung des Religionsunterrichts als eines Fachunterrichts Religion dazu, die an die Fächer gestellten Ansprüche, (normativen) Erwartungen sowie Herausforderungen in Sachen Sprachbildung gleichermaßen an einen Unterricht zu stellen, der mit Blick auf seine Domäne Religion andersartig daherkommt. Andersartigkeit trotz Gleichartigkeit! Demzufolge gilt es, die Programmatik, die im Label Fachunterricht Religion liegt, detailliert zu begründen. Ein besonderer Akzent wird auf die leichte und einfache Sprache gesetzt, die unter den Vorzeichen religiöser Kommunikation zur Geltung gebracht wird. Kapitel 4 zeigt den engen Zusammenhang von Sprache und Theologie auf, der exemplarisch an Martin Luthers Sendbrief vom Dolmetschen aufgezeigt wird. So sehr Martin Luther Rechenschaft über seine Übersetzungsarbeit abzulegen hatte; so sehr kommt heutigen Religionslehrenden die Aufgabe zu, die sich im Unterricht vollziehende Kommunikation als Übersetzung/Übertragung bzw. Transformation religiöser Sprache in die Gegenwartskultur und Lebenswelt der Schüler:innen sprachsensibel und theologisch zu verantworten sowie zu begleiten. Dabei kann die kommunikative Bedeutung der Sprache im Fachunterricht Religion auch theologisch begründet und für die Unterrichtspraxis nutzbar gemacht werden. Kapitel 5 lenkt die Aufmerksamkeit auf die sprachliche Vielfalt des Fachunterrichts Religion und vergegenwärtigt dementsprechend dessen verschiedenen sprachlichen Orientierungen. Im Unterricht „begegnen sich" Alltags- und Bildungssprache, religiöse Sprache und theologische Fachsprache sowie die Schulsprache Religion, die religionsdidaktisch relevante Sprachformen und Sprachstrukturen sowie sprachbildende Lernaufgaben vorhält. Kapitel 6 zeigt die Wege und Zugänge auf, wie vielfältig Sprache religiös in Gebrauch genommen und Religion bzw. der christliche Glaube kommuniziert wird. Im Fachunterricht Religion sollen Schüler:innen diese kommunikativen Praktiken religiösen Sprachgebrauchs kennen und religiöse Kommunikation von der Kommunikation über Religion unterscheiden lernen. Kapitel 7 zeigt den Stellenwert der Sprache in einem kompetenzorientierten Fachunterricht Religion auf. Anhand konkreter Beispiele aus ausgewählten Lehrplänen können in den inhalts­ und prozessorientierten Kompetenzen sprachbezogene Kompetenzen und sprachliche Anforderungen identifiziert werden. Kapitel 8 steht ganz im Zentrum der Religionslehrenden und legt dar, dass zu deren Sprachhandlungskompetenz ein reflektiertes Verständnis von (religiöser) Sprache, ein Bewusstsein eigener Sprachlichkeit, kommunikative Sensibilität und ein reflektierter Sprachgebrauch gehören. Kapitel 9 legt den Schwerpunkt auf die Zugänge, mit denen insbesondere Kinder in der Grundschule zum Sprechen und Reden angeregt werden können. Dabei beziehen sich diese Lernwege auf Methoden, in denen sich das Verständnis von Religion als Kommunikation widerspiegelt. Kapitel 10 geht von den pluralen und heterogenen Erscheinungsweisen und Artikulationsformen jugendlicher Kultur(en) aus, die auch im Fach Religion ihren Niederschlag finden. Im Reden über „Gott und die Welt" bringen Jugendliche ihre Religiosität, ihre Haltung zur Religion sowie ihre Einstellungen auch sprachlich zum Ausdruck. Kapitel 11 beleuchtet (in aller Vorläufigkeit) (religiöse) Sprachbildung im Kontext der Digitalisierung.“ (17ff.)

Annäherungen an das religionspädagogische Korrelationsprinzip unternimmt Burkard Porzelt in seinem im Verlag Julius Klinkhardt als UTB (8252-6128-3) erschienenen Buch Glauben korrelativ kommunizieren. Eindrücklich formuliert er in seiner Einführung eine Zeitdiagnose: „Viel spricht dafür, dass der schulische Religionsunterricht vor einem zweiten Paradigmenwechsel steht. Deren erster erfolgte vor einem halben Jahrhundert. Er führte das Fach hinaus aus einer Unterweisung, die Glaubenszustimmung voraussetzte und anzielte. Im Brennpunkt dieses ersten Umbruchs stand der schillernde Begriff der Korrelation, der theologische, hermeneutische und didaktische Überlegungen verknüpft und ein Verständigungs- und Bildungsgeschehen präfiguriert, das religiöse Traditionen ebenso ernst nimmt wie heutige Lebenswelten. Zeitweise kirchlich geächtet, gilt Korrelation aktuell (zumindest unter katholischen Fachkolleg:innen) als ,,religionsdidaktische Grundkategorie", allerdings um den Preis, dass die Korrelationsvokabel vielfach als ein „Containerbegriff“ gebraucht wird, der allenfalls den Minimalkonsens einer wolkigen Erfahrungsorientierung bezeichnet. Damit aber will sich das vorliegende Buch nicht begnügen, das präzise ergründen soll, was eine korrelative Glaubenskommunikation ausmacht. Obgleich dabei über weite Strecken eine geschichtliche Darstellungslogik leitend sein wird, geschieht dies in praktischer wie prospektiver Absicht. Praktisch ausgerichtet sind die Überlegungen, weil sie das vielfach als unkonkret gescholtene Korrelationsmodell durchgängig als eine Leitidee reflektieren und profilieren, die realen Unterricht zu orientieren und inspirieren vermag. Prospektiv sind sie, weil sie über einen bekenntnisorientierten Unterricht gegenwärtiger Prägung hinausweisen. Sichtbar wird, dass eine korrelative Wechselseitigkeit zwischen Überlieferung und Gegenwart konstitutiv ist für jedweden Unterricht, der ein ,learning from religion' im Sinne hat, das Schüler:innen jeglicher weltanschaulicher Couleur in inhaltlich verständiger Auseinandersetzung mit Religion(en) stärkt und bereichert. Gerade weil sich ein zweiter Paradigmenwechsel abzeichnet, in dem sich der Religionsunterricht um einer religiösen Grundbildung sämtlicher Schüler:innen willen radikal wird wandeln müssen, soll das vorliegende Werk die Konturen einer korrelativen Glaubenskommunikation schärfen, die säkulare Erfahrungen und Einstellungen in ein produktives Gespräch bringt mit der religiösen Option, Leben und Welt im Lichte einer göttlichen Transzendenz zu deuten. Soll die schulische Thematisierung der Religionen nicht zur Faktenhuberei verkommen, sondern einer subjektiv relevanten Weitung des Horizonts eigener Positionierung und Praxis dienen, bedarf es der religionspädagogischen Vergewisserung, worin Glaube und Leben gründen, was sie prägt und ausmacht und wie sie sich bildend bereichern können. Genau hiermit aber beschäftigt sich ein korrelatives Lernverständnis, das theologische, hermeneutische und didaktische Überlegungen vernetzend nach Gründen und Begründungen fragt, um Grundzüge einer verantworteten, realitätstauglichen und zukunftsfähigen Glaubenskommunikation auszumachen, die zwar auf den schulischen Religionsunterricht zugespitzt werden, deren Implikationen aber weit über diesen hinausreichen und unterschiedlichste Handlungsfelder (wie Katechese oder Predigt) betreffen, in denen die Kommunikabilität des Glaubens auf dem Spiel steht.“ (9f.) Das anregungsreiche Buch mündet in Gedanken zu korrelativem Unterricht als spannendem und vielstimmigem Erfahrungsdialog: „Die programmatischen Dokumente zur religionspädagogischen Korrelation kreisten um das Verhältnis von Glaubensüberlieferung und Gegenwart, blendeten aber weitgehend die je konkreten Subjekte aus, die in religiöse Lernprozesse verwickelt sind. Diese Schülervergessenheit trug wesentlich dazu bei, dass es der religionspädagogischen Community bis heute schwerfüllt, die korrelative Idee so zu reformulieren und auszubuchstabieren, dass sie als eine didaktische Theorie dafür taugt, realen Unterricht zu inspirieren. Betrachtet man das korrelative Konzept aus der Perspektive der je einzelnen Schüler:innen, so tritt ein Kommunikationsgefüge zu Tage, in dem zu den Zeugnissen religiöser Tradition und säkularer Gegenwart die Mitlernenden hinzutreten. Zu ihnen zählen die anderen Schüler:innen ebenso wie die Lehrkraft in ihrer besonderen Rolle. Erst durch diese Co-Lernenden überschreitet die Begegnung mit Tradition und Gegenwart die Grenzen einer solipsistischen, einzig individuell betreffenden Angelegenheit. Im Klassenverbund werden die Schüler:innen zu Akteuren eines kollektiven Lernprozesses, in dem sie darauf stoßen, dass Andere die Zeugnisse aus Tradition und Gegenwart anders sehen, deuten und werten. Unterricht ist ein „kommunikativ vermittelter, kollektiver Interaktionsprozess [ ... ], in dem sachbezogene Bedeutungen gemeinsam hervorgebracht werden.“ Gerade weil hier gemeinsam um Erkenntnis gerungen wird, sind echte Unterrichtsgespräche essenziell, Gespräche also, die nicht als Staffage dienen, um Erwünschtes kundzutun, sondern einen offenen Raum des Suchens und Sehens, des Denkens und Wertens eröffnen, in dem differente Sichtweisen und Einsichten gefragt sind, um sich irritieren, korrigieren und inspirieren zu lassen. Und dies ohne Angst vor vermeintlichen Fehlern, die ja der Treibstoff für ein Lernen sein können, das nach besseren, angemesseneren und einleuchtenderen Erkenntnissen sucht in der Begegnung mit jenen Deutungen von Welt und Leben, die über Glaubens- wie Lebenszeugnisse präsent werden. Jene Erfahrungen, die über Medien in einen korrelativen Religionsunterricht treten und mit denen sich die Lernenden einzeln und gemeinsam auseinandersetzen, sind außerordentlich vielfältig. Konstitutiv für einen christlichen Religionsunterricht sind zweifelsohne christlich gedeutete Erfahrungen, die hier erkundet und bedacht werden. Nahe liegt es, solche Erfahrungen in der Bibel als maßgeblicher Urkunde des christlichen Glaubens zu verorten. Doch beschränken sie sich keinesfalls auf biblische Ursprünge. Auch die 2000-jährige Spanne der Geschichte des Christentums birgt Erfahrungen, an denen man nicht vorbeikommt, wenn man Welt und Wirklichkeit in der ptik des christlichen Glaubens kennenlernen und sich an diesem Glauben bilden will. Ebenso relevant sind christliche Erfahrungen in heutiger Zeit, also synchron zum Lerngeschehen im Klassenzimmer. Nur, wenn das Christentum auch in Erscheinung tritt als lebendige Religion im Hier und Heute, bleibt es davor geschützt, zu einer musealen Angelegenheit verkürzt zu werden. Zu den sich dreifach ausprägenden christlich gedeuteten Erfahrungen treten im Religionsunterricht religiöse Erfahrungen hinzu, die ebenso wie die christlichen auf Gott oder Göttliches ausgreifen, aber in der Glaubensgemeinschaft und den Deutungshorizonten fremder Religionen verwurzelt sind. Es ist heute undenkbar, das Christentum unterrichtlich zu kommunizieren, ohne andere Traditionen eines gelebten und gelehrten Gottes- oder Transzendenzglaubens ernst und in den Blick zu nehmen. Konstitutiv begegnen im Religionsunterricht schließlich gegenwärtige Erfahrungen säkularer Provenienz, die gänzlich darauf verzichten, auf Gott, Göttliches oder eine metaphysische Instanz auszugreifen. Solch säkulare Deutungen von Leben und Welt sind wohl die größte und bedeutsamste Herausforderung für heutiges religiö­ses Lernen. Sie zu berücksichtigen; verleiht dem Religionsunterricht Bodenhaftung und Realitätsnähe. Sie zu thematisieren, schafft zudem eine Kontrastfolie, im Spiegel derer die Eigenart und Besonderheit eines religiösen, ja christlichen Interpretationshorizonts hervortritt. Wenn ich mir diese Auffächerung unterschiedlichster Erfahrungen vor Augen stelle, die ein korrelativer Religionsunterricht zur Geltung und ins Gespräch bringen will, ist mir nicht bange, dass dieses Fach ein spannendes bleibt, auch wenn sich seine Organisationsform grundlegend wird wandeln müssen. Es gleicht einer Expedition, die den Lernenden verschiedenste Optionen zugänglich macht, wie Menschen ihr Dasein verankern und deuten können. Schüler:innen sind angespornt und aufgefordert, das, was ihnen auf dieser Entdeckungsreise begegnet, wahr- und aufzunehmen, um sich schließlich selbst einen begründeten Reim darauf zu machen – angesichts der ihnen aufgetragenen Aufgabe, ihr eigenes Leben zu bewältigen und zu deuten.“ (152ff.)

Das Wagnis des Scheiterns ist der Titel der im W. Kohlhammer Verlag (17-042592-7) veröffentlichten Wiener Dissertation von David Novakovits, die bemerkenswerte religionspädagogische und -didaktische Untersuchungen zu einem Erfahrungsfeld der Gegenwart enthält. Der Verfasser skizziert in seiner Einleitung das religionspädagogische Potential einer Auseinandersetzung mit dem Begriff des Scheiterns: „In der Aufnahme des Erfahrungsfeldes des Scheiterns wird damit ein Motiv zum Gegenstand religiöser Bildung, das eine exemplarische gesellschaftliche Herausforderung darstellt und womit Schüler*innen in ihren Selbst- und Lebensdeutungen konfrontiert sind. Den Ausgangspunkt dieser Arbeit bildet damit ein Begriff, der aus den Lebenskontexten der jungen Menschen aufgenommen wird. Die Religionspädagogik verlässt dabei den theologisch-heimatlichen Boden als originären Ort ihres Denkens und begibt sich gleichsam in das „Feld der anderen'', um von hier aus Aufforderungen und Einladungen zum Gespräch aufzusuchen und anzunehmen. Es wurde deutlich, dass in der Gegenwart die Begriffe der {Selbst-)Optimierung, der erfolgreichen Inszenierung, der souveränen Autonomie und die ethische Maxime des (individuellen) Glücklichseins den entsprechenden Referenzrahmen für die Frage nach dem Menschsein bilden. Die konkrete Achse, um welche sich diese Frage für junge Menschen dreht, hat damit in unserer Zeit eine besondere Kalibrierung erfahren –  sie verläuft weder entlang der Pole wahr/unwahr (wie es vielleicht eine ,zeitlose' Frage nach dem Menschen suggeriert) noch entlang der Pole erlaubt/verboten (wie es vielleicht noch Freud für seine Zeit festgelegt hätte), sondern – im Kontext der zeitgenössischen Leistungsgesellschaft – entlang der Achse von möglich/unmöglich. Das Gelingen oder Misslingen menschlichen Lebens wird in der Moderne entlang dieser Achse und anhand dieser „weltanschaulichen Folie" verhandelt. Die Frage nach dem Menschen bricht demgemäß dort auf, wo sich Menschen damit konfrontieren (müssen), was ihnen nicht möglich ist, wie sie mit ihren Unzugänglichkeiten umgehen und mit dem, was sich ihrer Verfügbarkeit entzieht – und wo auch die ganze Abgründigkeit dieser Narration der Leistungsgesellschaft mit ihren politischen, ökologischen, ökonomischen und sozialen Begleiterscheinungen durchbricht. Das Anliegen dieser Arbeit ist es, die theologischen und religionspädagogischen Potentiale, die in dieser Herausforderung eingefaltet sind, zu heben. Dieser Versuch ist von der Hoffnung getragen, dass religiöse Bildung auch heute noch einen wichtigen Beitrag zum Diskurs des Humanen in postsäkularer Gesellschaft leisten kann.“ (16f.) Der Inhalt dieser hochinteressanten Untersuchung lässt sich wie folgt zusammenfassen: „Das Motiv des Scheiterns ist ein schillernder Begriff gegenwärtiger kultureller und wissenschaftlicher Diskurse: Zunächst noch als das „Tabu der Moderne" (R. Sennett) bezeichnet, entwickelt sich gegenwärtig eine neue Faszination für Erfahrungen des Scheiterns. Die vorliegende Dissertation versucht, in Auseinandersetzung mit diesem Erfahrungsfeld Ressourcen für religiöse Bildung offen zu legen, mit deren Hilfe die Frage nach dem Menschsein erneut zum Gegenstand religiöser Bildungsprozesse werden kann. Um den Diskurs des Scheiterns der Gegenwart mit seinen vielfältigen Dimensionen verständlich zu machen, wird ein interdisziplinärer Zugang gewählt: Mit Hilfe soziologischer, philosophischer und psychoanalytischer Perspektiven wird ein Diskurs entworfen, der sowohl die Abgründe als auch Potentiale dieses Erfahrungsfeldes der Gegenwart benennt. In Auseinandersetzung mit der Resonanztheorie Hartmut Rosas und dem Denken des Subjektes bei Jacques Lacan wird das Wagnis des Scheiterns als notwendiger Bestandteil jugendlicher Subjektivierungsprozesse interpretiert. Religiöser Bildung kommt hierbei die Aufgabe zu, entgegen den Pathologien der Leistungsgesellschaft eine mögliche Sprache und ein neues Bewusstsein für die Vulnerabilität und Fragilität menschlichen Daseins entwickeln zu helfen. In einer religionsdidaktischen Transformation werden in Resonanz zu dem entwickelten Diskurs des Scheiterns drei bibeltheologische Lehrstücke erarbeitet. Dabei werden Narrationen aus der jüdischen und christlichen Tradition für ein Nachdenken über das genannte Erfahrungsfeld theologisch aufgearbeitet und didaktisch und dramaturgisch konzipiert. Die Lehrstücke der Turmbauerzählung (Gen 11,1 - 9), des Gleichnisses des verlorenen Sohnes (Lk 11,15 - 32) und der frühchristlichen Erzählung einer namenlosen Närrin (Historia lausiaca) sollen Schüler*innen dazu ermutigen und befähigen, in Auseinandersetzung mit der Tradition die (Abgründe der) Erzählung des optimierten Menschen als glücklichen Menschen in Frage stellen und die Verwundbarkeit und Prekarität des Menschlichen mehr als bloßen Verlust letzter Souveränität und Autonomie zu deuten. Dabei werden Lernprozesse angestoßen, die sowohl existenzielle als auch gesellschaftspolitische Dimensionen umfassen. Ein weiterer Teil der Arbeit befasst sich mit der Frage, welche Rückschlüsse für das religionspädagogische Selbstverständnis und Handeln sich aus der interdisziplinären Analyse des Erfahrungsfeldes des Scheiterns ergeben. In einer wissenschaftstheoretischen Reflexion wird in vier Anläufen dargelegt, inwiefern das Wagnis des Scheiterns zur Lebendigkeit und Wirkfähigkeit religiöser Bildung beitragen kann: Die Frage nach dem Verhältnis von Bildung und Unverfügbarkeit, die Analyse der modernen Unmöglichkeit letzter Antworten auf die Deutungen von Selbst, Welt und Sinn, ein Plädoyer für verunsichernde Gespräche und eine geschichtsphilosophische Perspektive auf die Notwendigkeit, eine Tradition aufs Spiel zu setzen, bilden Herausforderungen für die Religionspädagogik, bei denen sie ein Wagnis des Scheiterns riskieren muss. Die Dissertation versucht, Momente der Negativität, der Unsicherheit und der Offenheit in ihrer Relevanz sowohl für religiöse Bildung selbst als auch für die Gestaltung religiöser Bildungsprozesse durchzudenken. Sie zeigt, dass angesichts der kulturellen und gesellschaftlichen Strukturen. und Herausforderungen der Gegenwart es eine wichtige Aufgabe religiöser Bildung ist, Schüler*innen bei der Entwicklung einer Sprachfähigkeit für prekäre Momente menschlichen Lebens zu entwickeln. Zudem verdeutlicht die Arbeit, dass Religion selbst immer wieder ihr eigenes Scheitern riskieren muss, wenn sie eine neue Verständlichkeit und Lesbarkeit, letztlich eine neue Lebendigkeit und Relevanz in den Lebenskontexten der Schüler*innen erlangen möchte.“ (313f.)

Matthias Gronover / Hanne Schnabel-Henke, Friedrich Schweitzer und Simone Hiller zeichnen als Herausgebende verantwortlich für den im Waxmann Verlag (8309-4662-5) erschienenen Band Neue Zeit- und Organisationsmodelle für den RU, der Befunde und Perspektiven für den Religionsunterricht an berufsbildenden Schulen beinhaltet: „Dieser Band bezieht sich auf die zeitliche Organisation von Unterricht und damit auf eine zentrale Dimension allen Unterrichts. Diese Frage wurde bislang im Blick auf den Religionsunterricht im beruflichen Bildungswesen (BRU) nur selten thematisiert oder genauer untersucht, obwohl es gerade in diesem Bereich mehrere Anlässe dazu gibt. Zum einen stellt sich auch hier wie bei allem Unterricht die Frage, ob eine veränderte zeitliche Organisation jenseits üblicher Schulstunden ein sinnvolleres und effektiveres Lernen ermöglichen kann. Zum anderen steht der BRU zusammen mit den anderen allgemeinbildenden Fächern, wie z.B. Deutsch und Gemeinschaftskunde, hinsichtlich des besonders im dualen System knappen Zeitkorsetts immer wieder in der Kritik, dass er den Grund für den häufig infrage gestellten zweiten Berufsschultag darstelle. In der neueren Diskussion, die nachfolgend aufgenommen wird, wird daher neben grundlegenden pädagogischen Fragen im Blick auf den Umgang mit Zeit auch erörtert, ob eine veränderte Zeitstruktur vielleicht zugleich eine Lösung für organisatorische Probleme bieten und damit die Stellung des BRU stärken könnte. Im Folgenden sollen zunächst grundsätzliche Überlegungen im Vordergrund stehen, ehe es dann um Organisationsfragen im engeren Sinne geht.“ (9) Der Band gliedert sich in die Teile A bis D: „Der Einleitungsteil A führt in das Thema ein. Teil B berichtet über die EIBOR-Studie „Neue Organisationsmodelle (NOM)", indem zunächst die Studie mit Fragestellungen und Durchführung beschrieben wird (Abschnitte 1 und 2) und dann die Befunde diskutiert werden (Abschnitt 3). Teil C dieses Bandes beschreibt die KlBOR-Studie: Nach der Einleitung der Studie stellt der Abschnitt 2 den „religionspädagogischen Moment" als Motiv für ein Verständnis von Zeit im Religionsunterricht dar. Daran anschließend beschreibt der Abschnitt 3 Erfahrungen und Bewertungen von Religionsunterricht in alternativen Zeitmodellen. Abschnitt 4 diskutiert die Befunde. Teil D bündelt die Ergebnisse und stellt diese miteinander in Beziehung. Dabei wird die Perspektive der Lehrpersonen (Abschnitt 2) von derjenigen der Schüler:innen (Abschnitt 3) unterschieden, weil die Ergebnisse hier interessante Divergenzen aufweisen. Der Band schließt mit religionsdidaktischen Empfehlungen (Abschnitt 4).“ (22)

2  Praktische Theologie und Religionspädagogik

In seiner Göttinger Dissertation Bildung in der Praktischen Theologie der USA, die im Mohr Siebeck Verlag (16-161621-1) erschienen ist, unternimmt Moritz Emmelmann eine sorgfältige historische Untersuchung zur Lage der amerikanischen Praktischen Theologie am Ende der 1970er Jahre und eine teils biografische, teils systematische Untersuchung zu den beiden Akteuren der Neubelebung des Faches in den 1980er Jahren, Edward Farley und Don S. Browning: „Sie hängen wie folgt zusammen: Als Hauptergebnis der disziplingeschichtlichen Betrachtungen arbeite ich heraus, dass die drei Problemkreise – Methodologie, Enzyklopädie und Bildung – sich aus dem damaligen Stand der Disziplinwerdung der Praktischen Theologie und ihrem spezifischen Ort in der amerikanischen Hochschullandschaft erklären lassen und insofern schon zu dieser Zeit als wesentliche Problemdimensionen des Faches in den USA gelten können. Anschließend lege ich diese drei Dimensionen als systematischen Schlüssel an die in den 1980er Jahren entstandenen Schriften Farleys und Brownings an. Hierdurch wird sichtbar, dass beide Autoren ein Bildungspotenzial des Theologiestudiums identifizieren, das über Berufsvorbereitung einerseits und wissenschaftliche Expertise andererseits hinausgeht. Sie entdecken dieses Potenzial, weil sie ihre methodologischen und enzyklopädischen Grundlagenarbeiten zur Reflexion der damaligen Praxis von Theological Education gebrauchen. Es versteht sich keineswegs von selbst, dass amerikanische Erörterungen zum Studium (oder zu anderen Bildungsorten), wenn man sie aus deutscher Perspektive betrachtet, den Charakter einer bildungstheoretischen Auseinandersetzung haben. Bei Farley und Browning jedoch, und von ihnen ausgehend auch in der weiteren Debatte über theologische Hochschulpädagogik, verhält es sich so. Als Ertrag der systematischen Untersuchung zu diesen beiden Autoren können darum mehrere Bedeutungsfacetten von Theological Education benannt werden. Theological Education ist zu verstehen als intellektuelle, handlungsorientierende und personengerechte Bildung. Für alle drei Facetten gebe ich abschließend Beispiele aus der aktuellen theologiedidaktischen Theoriebildung der USA. Das erkenntnisleitende Interesse der genannten Kapitel lautet, die disziplingeschichtliche Lage zu bestimmen, von der aus sich die Neubelebung der amerikanischen Praktischen Theologie in den 1980er Jahren vollzog, und systematisch aufzuzeigen, wie die theologiedidaktische Theoriebildung unter dem Stichwort „Theological Education“ mit den übrigen, methodologischen und enzyklopädischen Anstrengungen dieser Zeit verknüpft ist. Zugleich ist es das Anliegen (und die ursprüngliche Motivation) dieser Studie, einen Weg aufzuzeigen, auf m die deutschsprachige Religionspädagogik ihren bisher sporadischen Wissensaustausch mit ihrem amerikanischen Gegenüber ausweiten kann. Die Untersuchung beginnt deshalb mit einer Bestandsaufnahme des transatlantischen Gesprächs der Religionspädagogik. Sie benennt insbesondere die zahlreichen kontextuellen Hürden, die den deutsch-amerikanischen Kontakt auf diesem Gebiet erschweren. Um einige dieser Hürden zu umgehen, schlage ich eine vertiefte Beschäftigung mit dem Bildungsdenken der amerikanischen Praktischen Theologie seit den 1980er Jahren vor. Auf die historischen und systematischen Untersuchungen der beiden Kernkapitel folgt ein Schlusskapitel, das neue Aussichten des transnationalen Gesprächs benennt, nun aber zwischen der deutschsprachigen Religionspädagogik und der amerikanischen Praktischen Theologie. In diesem Schlusskapitel benenne ich Aufgaben im Bereich der Theologiedidaktik, die sich ergeben, wenn aus deutscher Perspektive auf amerikanische Konzepte von Theological Education zugegriffen wird. Anstelle eines Ausblicks formuliere ich zuletzt sechs Impulse für die theologiedidaktische Arbeit der Religionspädagogik, ich zur Diskussion stellen möchte.“ (8f.) Sodann erklärt der Verfasser seine Untersuchungsmethode: „In methodischer Hinsicht verbindet diese Studie Elemente der international vergleichenden Religionspädagogik und der religionspädagogischen Transferforschung. Mit der ersteren teilt sie das starke Interesse an der ideografischen Darstellung eines ausländischen Theoriegebäudes und übernimmt von ihr die Ziele, sowohl Kommunikation zwischen zwei Theorieräumen zu stiften als auch didaktische, in diesem Fall: hochschuldidaktische Innovationen anzuregen. Die vorliegende Untersuchung ist dabei der Form des impliziten Vergleichs zuzuordnen, weil sie sich auf die Aufarbeitung des US-amerikanischen Kontextes konzentriert und nur ausgewählte Sachverhalte des deutschen Kontextes einbringt. Der religionspädagogischen Transferforschung entspricht die Studie insofern, als sie die Berufs- und Bildungsbiografien zweier Theologen aufarbeitet und dabei u.a. nach internationalen Kontakten und Pfaden des Wissenstransfers fragt, die deren wissenschaftliches Werk beeinflussen. Allerdings hat es die vorliegende Arbeit nur punktuell mit vergangenem deutsch-amerikanischen Wissenstransfer zu tun. In der Hauptsache ist sie darum bemüht, selbst einen solchen Transfer zu leisten und zukünftigen Wissensaustausch anzubahnen.“ (10) Es gelingt dem Autor zweifellos, das transatlantische Gespräch der Religionspädagogik um ein neues Thema zu erweitern und im Zuge dessen dem Theologiestudium größere didaktische und religionspädagogische Aufmerksamkeit zu widmen!

 

Ursula Roth, Christian Albrecht und  Eberhard Hauschildtsind die Herausgebenden der im W. Kohlhammer Verlag (17-040056-6) veröffentlichten erhellenden Skizzen zur religiösen Praxis in der Gegenwart mit dem Titel Praktische Theologie des Alltags. Sie skizzieren in ihrer Einführung ihr Projekt wie folgt: „Christlich-religiöse Praxis ist in vielfältiger Weise auf die Alltagswelt bezogen. Häufig fungiert der Alltag als Kontrastfolie, gegenüber der sich Formate christlicher Frömmigkeitspraxis, etwa die Feier des Gottesdienstes, heilsam unterbrechend abheben. Vielfach besitzt der Alltag aber auch selbst eine religiöse Signatur, das verdeutlicht der Blick auf religiös-spirituelle Rituale, die im individuellen Tagesablauf ihren festen Ort haben. Anhaltspunkte hierfür gibt auch das Interieur der privaten Wohnwelt, das vielfach auf religiöse Praxis verweist: das abgegriffene Bibelbuch, das im Bücherregal an prominenter Stelle eingestellt ist, das Konfirmationskreuz, das über dem Nachttisch angebracht ist, der christliche Tagesabreißkalender, der auf der Kommode aufgestellt ist. Darüber hinaus kann auch die pastorale Berufspraxis – nun eher indirekt – auf die Alltagswelt bezogen sein, insofern der Alltag Blaupausen für das Handeln von Pfarrpersonen bereitstellt; zu denken ist hier etwa an Formen privater „Alltagsseelsorge“, in der die Themen und Vorgehensweisen professioneller Seelsorge bereits vorgeprägt sind. Das Projekt einer Praktischen Theologie des Alltags unternimmt es, die vielfältigen Bezüge zwischen Alltagswelt, christlich-religiöser Praxis und deren (beider) theoretischer Betrachtung zu identifizieren, zu analysieren und zu reflektieren. Dabei eröffnet die Genitivverbindung ein Spektrum unterschiedlicher Reflexionsperspektiven. Unter der Formel lassen sich zum einen Bemühungen um eine Theorie zusammenfassen, zu deren Gegenstandsbereich religiöse Praxisformate zählen, die in den Alltagsroutinen des Tagein-Tagaus ihren Ort haben. Im Blickfeld einer solchen Theorie (christlich-)religiöser Alltagspraxis liegen etwa Formate privater Gebets- oder Erbauungspraxis, aber auch weniger eindeutige Formate „gelebter Religion“. Sodann steht der Projekttitel für eine Theorie, deren Fokus sich auf kirchliche Praxisformate richtet, die zwar nicht selbst im Alltag verortet sind, für die aber ein spezifischer Anspruch auf Alltagsrelevanz kennzeichnend ist. Zum Gegenstandsbereich einer solchen Theorie alltagsweltbezogener kirchlicher Praxisformate zählen beispielsweise die an der Situation der Hörerinnen und Hörer orientierte Predigt, alltagsnah formulierte Liturgien oder auch das pastorale oder ehrenamtliche Seelsorgegespräch, das durch lebensweltliche Konfliktlagen oder Zäsuren veranlasst ist und wiederum auf den befreienden, trostreichen, heilsamen, friedenstiftenden Umgang mit konkreten Situationen der alltäglichen Lebenswelt abzielt. Das Genitivattribut ,des Alltags´ lässt sich aber nicht nur als Näherbestimmung des Gegenstandes praktisch-theologischer Theoriebildung – der christlich-religiösen Praxis – begreifen, sondern kann auch als Präzisierung der praktisch-theologischen Theoriebildung selbst verstanden werden. Der Fokus einer solchen alltagsweltlichen praktisch-theologischen Theoriebildung richtet sich etwa auf die in die Alltagswelt eingelagerten Gehalte religiösen Praxiswissens und Formate einer religiösen Reflexions- und Kommunikationskultur. Wenn beispielsweise Eltern im Vorfeld der Entscheidung, ihr Kind taufen zu lassen, auf der Grundlage tradierten Praxiswissens sowie des eigenen Vorverständnisses von Leben und Tod, Gott und Welt, Glück und Segen, sowie mithilfe weiterer In-formationen, etwa aus dem Internet, so etwas wie eine eigene Theorie der Taufe erstellen und diese ihrer Entscheidung über die Taufe ihres Kindes und ihren Überlegungen über den Taufspruch und die Gestaltung des Taufgottesdienstes zugrunde legen, werden sie gewissermaßen selbst zu Praktischen Theologinnen und Theologen. Ansätze einer solchen (nicht im strengen Sinn wissenschaftlichen) praktisch-theologischen Theoriereflexion sind so gesehen selbst ein Phänomen des Alltags. Der Alltag wird auf diese Weise grundlegend zum Ausgangspunkt theologischer Arbeit. Zuletzt lässt sich mit dem Begriff Praktische Theologie des Alltags aber auch ganz umfassend ein Verständnis von Praktischer Theologie bezeichnen, das unter einem spezifischen Erkenntnisinteresse die unterschiedlichen Spielarten einer vom Alltag ausgehenden und auf den Alltag bezogenen Theoriebildung vereinigt. Die skizzierten Lesarten des Begriffs Praktische Theologie des Alltags liegen nahe beieinander und lassen sich nicht trennscharf voneinander abgrenzen. Gleichwohl helfen sie bei der Orientierung, indem sie ein weites Feld unterschiedlicher praktisch-theologischer Zugänge auf die Alltagswelt abstecken.“ (7f.) Der Band ist in die drei Teile Alltagsdogmatik – Alltagshermeneutik und Alltagspraxis gegliedert: „Ein erster Abschnitt versammelt Beiträge, die sich anhand des Programmbegriffs der Alltagsdogmatik in konzeptioneller Hinsicht dem komplexen Verhältnis von Theologie, Praktischer Theologie und Alltagswelt widmen. Aus systematisch-theologischer, kulturhermeneutischer, gemeindetheologischer, literaturwissenschaftlicher und machttheoretischer Perspektive werden Reichweite und Tiefenschärfe des programmatischen Suchbegriffs am konkreten Phänomenbereich erprobt und in den enzyklopädischen Diskurs zum Selbstverständnis Praktischer Theologie zurückgespielt. Die Beiträge des zweiten Abschnitts erheben und reflektieren anhand konkreter kommunikativer Konstellationen unterschiedliche Deutungskontexte und Deutungsmuster von ‚Alltag´: Diese Annäherungen an eine Alltagshermeneutik erfolgen anhand empirisch gewonnenen Datenmaterials – etwa anhand alltagsnaher Gespräche über ‚Arbeit´, anhand institutionalisierter Formate wie der Predigt oder anhand der Frage nach spirituellem Alltagswissen von Careprofessionellen, die ohne spirituell-religiösen Auftrag in der Klinik tätig sind. Angesichts der Praxisbeispiele ist eindrücklich zu erkennen, wie eng die jeweiligen Deutungen alltagsweltlicher Sinnzusammenhänge in konkrete, punktuell-flüchtige Interaktionskontexte eingelassen und nur unter Berücksichtigung dieser zu verstehen sind. Ein dritter Abschnitt lenkt die Aufmerksamkeit schließlich auf religiöse und spirituelle Praxisphänomene, die ihren Ort mitten im Alltag selbst haben. In den Blick einer solchen praktisch-theologischen Erforschung christlich-religiöser Alltagspraxis kommen dabei u. a. Spuren religiöser Praxis, wie sie sich in der Einrichtung und Ausstattung der privaten Wohnwelt finden, sowie Praktiken der christlichen Lebenskunst, Praktiken der in den Niederlanden institutionalisierten, staatlich finanzierten ,geistlichen Versorgung zu Hause´ oder auch Beispiele von Praktiken, die ihren Ort im Umfeld der Kasualfrömmigkeit haben. Gemeinsam ist den Beiträgen eine Sensibilität für die Unschärfe, Fluidität und Fragilität des Alltagsbegriffs. Das zeigt sich – quer durch die drei Blöcke hindurch – vor allem in jenen Beiträgen, die sich solchen Rahmenbedingungen von „Alltag“ widmen, in denen sich der Normalzustand des Alltags aufgrund einer Pandemie, aufgrund von Krankheit oder Einsamkeit, aufgrund eines Todesfalls oder auch aufgrund von alltäglicher Gewalterfahrung zum temporären oder dauerhaften Ausnahmezustand wandelt. Gerade die Einsicht in die Unschärfe des Alltagsbegriffs trägt zur Schärfung alltagstheologischer Überlegungen bei, indem die Gefahr von ideologischen Überfrachtungen und missverständlichen Vereinseitigungen des Alltagsbegriffs sichtbar wird.“ (10f.)

 

Erste präzise Ergebnisse der 6. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung liegen kurz und anschaulich dargestellt herausgegeben von der Evangelischen Kirche in Deutschland mit dem Titel Wie hältst du´s mit der Kirche? Zur Bedeutung der Kirche in der Gesellschaft in der Evangelischen Verlagsanstalt Leipzig (374-07490-7) vor. Nach einer Darstellung der Grundlagen von KMU 6 geht es in Kapitel 2 „zunächst um die „Großwetterlage“ in Bezug auf Religiosität und Säkularität in Deutschland, also um den allgemeinen religiositätsbezogenen gesellschaftlichen Kontext, in dem sich auch die Kirchen bewegen: Welche Typen von Religiosität oder Säkularität sind in der Bevölkerung zu beobachten? Wie stark sind sie verbreitet, wie verändern sie sich? Welche konkreten religiösen Überzeugungen oder Praktiken sind damit verbunden? In welchen Teilen der Bevölkerung sind sie häufiger oder seltener anzutreffen? Kapitel 3 fokussiert sich auf die Kirchen als Organisationen. Es geht um Kirchenmitgliedschaft und Kirchenbindung, Konfessionswechsel und Kirchenaustritt sowie um Reformerwartungen an die Kirchen. Auch die Nutzung und Bewertung kirchlicher Angebote wie z. B. Gottesdienste, Kasualien und Bildungsangebote, etwa der Religionsunterricht, werden untersucht. Kapitel 4 nimmt eine konfessionelle Differenzierung vor: Worin unterscheiden sich heute eigentlich noch Evangelische, Katholische und Konfessionslose – abgesehen vom jeweiligen Mitgliedschaftsverhältnis? Überwiegen die Unterschiede oder die Gemeinsamkeiten?

Kapitel 5 differenziert Religiosität und Kirchlichkeit nach der sozialen Lage, z.B. Schicht- und Milieuzugehörigkeit, dem Geschlecht oder der Generationenfolge. Dadurch werden die sozialen Orte transparent, an denen Religion und Kirche in unserer heutigen Gesellschaft vorwiegend lokalisiert sind. Kapitel 6 behandelt die Reichweite und Wirksamkeit der Organisation Kirche in die Gesellschaft hinein: Wie oft haben Menschen Kontakte zu kirchlichen Einrichtungen oder zu in der Kirche tätigen Personen? Was sind die Hauptmotive ehrenamtlichen Engagements in der Kirche? Welchen Mehrwert hat Kirche für die Gesellschaft? Das Buch schließt mit einem kurzen Ausblick (Kapitel 7).“ (11f.) Die zentralen Befunde lauten: „1. Die 6. KMU ist erstmals repräsentativ für die Gesamtbevölkerung (Kapitel 1). 2. Nicht nur die Kirchenbindung geht deutlich zurück, sondern auch Religiosität (Kapitel 2) 3. Die Kirchen stehen vor multiplen Krisen und sehen sich großen Reformerwartungen

ausgesetzt (Kapitel 3). 4. Katholische erwarten nichts anderes von ihrer Kirche als Evangelische, aber der Reformdruck auf die katholische Kirche ist größer (Kapitel 4). 5. Nicht den Anschluss an den kulturellen Wandel zu verlieren, für die jüngsten Generationen attraktiv zu bleiben und nicht nur gesellschaftlich Etablierte anzusprechen, sind zentrale Herausforderungen (Kapitel 5). 6. Die Kirchen spielen eine wichtige zivilgesellschaftliche Rolle und stärken die Demokratie (Kapitel 6).“ (13)

 

In ihrer im W. Kohlhammer Verlag (17-044508-6) erschienenen Rostocker Dissertation Leichter beten. Leichte Sprache in der Liturgie geht es Anne Gidion um Argumente, Anschauungen und Auswirkungen der Verwendung von Leichter Sprache in der besonderen Sprache der Liturgie. Ihre innovative Studie ist folgendermaßen nach der Einleitung aufgebaut: „Um die These von Leichter Sprache als Übungsmuster für eine übersetzende liturgische Sprache im Gottesdienst zu validieren, zeichnet die vorliegende Arbeit im zweiten Kapitel zunächst die Herkunft der Leichten Sprache als Produkt einer Selbsthilfebewegung nach. Ein Seitenblick auf den anglo-amerikanischen Sprachraum vertieft das Projekt. Es wird deutlich: Hier zeigt sich ein nicht nur deutsches Phänomen, vielmehr gibt es im nordeuropäischen und im anglo-amerikanischen Sprachraum vergleichbare Entwicklungen. Leichte Sprache ist dabei die weitestgehende sprachliche Forderung für einen auf Barrierefreiheit ausgerichteten Zugang zu Informationen (im weitesten Sinn), einer „Ermöglichungskommunikation“. „Einfache Sprache" hingegen ist ein weitgehend undefinierter Begriff, der das Bemühen um kurze Sätze, einfache Lexik und möglichst voraussetzungslose Sprachbilder beschreibt. Leichte Sprache ist aus verschiedenen Perspektiven durchaus umstritten. Menschen mit Behinderungen als Rezipientinnen und Rezipienten fühlen sich teils stigmatisiert, sekundär Adressierte wiederum empfinden Leichte Sprache als Ärgernis. Angst vor Banalisierung und Bildungsverlust treten in der Praxis ebenso auf wie sinnentfremdende Übersetzungen, die das zentrale Anliegen von Leichter Sprache verfehlen. Das dritte Kapitel wendet sich dem Forschungsfeld Leichter Sprache aus sprachwissenschaftlicher Perspektive zu. Das Feld ist neu. Der ursprüngliche Selbsthilfe-Kontext ist Teil eines umfangreichen Forschungsdiskurses geworden. Leichte Sprache soll hier – darauf zielt diese Untersuchung – als ein Spiel- und Erprobungsraum für neu angeeignete und zugängliche Liturgiesprache verstanden werden. Darum wird bei der Entfaltung des sprachwissenschaftlichen Horizonts hier immer die Frage mitgeführt, was die jeweiligen Einschränkungen für liturgische Texte und vor allem für ihre Generierung austragen. Leichte Sprache wird als Varietät des Deutschen zu einem umfassenden linguistisch beschreibbaren Regelwerk. Und so wird auch die fachfremde Perspektive im Blick auf die Funktionen der Leichten Sprache ergiebig: Partizipationsfunktion mit dem Plädoyer für „skopusbasierte" Translation hat einen praktisch-theologischen Beiklang, die Lernfunktion und die Brückenfunktion von Texten sind auch religions- und gemeindepädagogisch anschlussfähig. Die zentralen Verfahren auf Textebene (Reduktion, Addition und metasprachliche Kommunikation werden am Beispiel für liturgische Sprache vorgeschlagen. Auch Fragen der Morphologie, der Lexik und der Syntax werden auf Gebetsformulierungen hin überprüft. Beim Thema der Semantik wird mit Hilfe von „Frames", „mentalen Räumen", Metaphern und „Blending" nachvollzogen, wie Sprache Bilder produziert und wie dies auch bei einem reduzierten metaphorischen Repertoire möglich ist. Das in den Regelwerken besonders umstrittene Thema der Negationen wird hinsichtlich seiner Möglichkeiten und Grenzen diskutiert. Das vierte Kapitel wendet sich grundsätzlicher der Sprache im evangelischen Gottesdienst zu. Das fünfte Kapitel wendet sich dem liturgischen Großlabor des Deutschen Evangelischen Kirchentages zu. Im Zeitraum 2009-2019 (inklusive des 2. Ökumenischen Kirchentags 2010 in München) wurden jeweils „Eröffnungs-Gottesdienste in Leichter Sprache“ gefeiert. Das sechste Kapitel geht mit Ernst Lange der Sprache als Generalmedium der Kommunikation des Evangeliums nach. Das abschließende siebente Kapitel fragt nach liturgiedidaktischen Konsequenzen der Verwendung Leichter Sprache im Blick auf liturgisches Lernen. Am Ende der Ausführungen stehen „Zehn Thesen zur Verwendung von Leichter Sprache in der Liturgie“.“ (16ff.)

Carolin Tschage hat im Vandenhoeck & Ruprecht Verlag (525-70322-9) in Form eines Reiseleitfadens das Buch Der kindlichen Seele Raum schaffen. Seelsorge an Grundschulen erarbeitet. Die Autorin skizziert ihr Projekt wie folgt: „Dabei werden wir in unserer ersten Reiseetappe einmal dem Begriff der Schulseelsorge an Grundschulen auf den Grund gehen und prüfen, ob sich diese wirklich von der Schulseelsorge an weiterführenden Schulen unterscheidet. Dazu werde ich kurz auf den Begriff des »Schulseelsorgers« eingehen und prüfen, ob ich ihn als Selbstbezeichnung gegenüber den Kinder anwenden möchte. Außerdem zeige ich anhand von verschiedenen Arbeitsfeldern der Schulseelsorge Gemeinsamkeiten und Unterschiede an unterschiedlichen Schularten auf. Dies führt uns schließlich zu einer erweiterten Definition für die Schulseelsorge an Grundschulen. Anschließend wenden wir uns den Entwicklungsstufen der Kinder im Grundschulalter sowie den damit einhergehenden Bedürfnissen zu. Sie können in diesem Kapitel lesen, wie Schulseelsorge an Grundschulen Angebote für die erarbeiteten Bedarfe schaffen kann. Dabei wird es also nach all der doch so wichtigen Theorie das erste Mal auch praktischen Input geben. Auf unserer zweiten Reiseetappe lade ich Sie zu der Perspektive ein, die Schulseelsorge als sinnvolle Erweiterung des Systems Schule zu betrachten. Dabei wenden wir unseren Blick von den Kindern ab, hin zu den Erwachsenen, welche im Lebensraum Schule zu finden sind. Dies sind zum einen die Schulleitungen, aber auch das Lehrpersonal und die Eltern. Hier zeige ich auch wie der praktische Möglichkeiten, wie schulseelsorgerlich mit diesen Personengruppen interagiert werden kann. Unsere dritte und vierte Reiseetappe wird sich nun der Praxis der Schulseelsorge an Grundschulen zuwenden. Dazu wird in dieser Station unserer Reise zunächst das Geheimnis gelüftet, weshalb auf dem Cover dieses Buches ein Vogel zu sehen ist. Für mich ist das Bild des »Seelenvogel«, welches Michal Snuit in ihrem gleichnamigen Buch (1995) verwendet, ein sehr gutes Bild für die Seele. So kann ich den Schülern einen Zugang zum Begriff der Schulseelsorge schaffen. Diese beinhaltet die Sorge um den »Seelenvogel«. Dazu skizziere ich eine Einführungsstunde, in der die Kinder einer Klasse den »Seelenvogel« und das, was in ihm ist, kennenlernen können. Ich arbeite in dieser Etappe also mit Klassen oder Schülergruppen und nicht mit Einzelnen. Nachdem die Schülerinnen den »Seelenvogel« kennengelernt haben, verwende ich die Bilder, die ihn zeigen, auch in weiteren Stunden. Damit kann ich aufkommende Gefühle bei Themen wie dem krankheitsbedingten Ausfall einer Lehrerin oder auch Krieg gut begleiten. Das Kapitel schließt mit der Vorstellung eines Kurses, welcher die Selbstwirksamkeit und das Selbstbewusstsein der Kinder stärkt. In der letzten Reiseetappe beschäftigen wir uns gewissermaßen mit dem Kern der Schulseelsorge: Dem Beratungsgespräch im Einzelsetting. Ich nenne und erläutere zwei Möglichkeiten, mit Kindern ins Gespräch kommen, die von den Ratsuchenden nur wenig Sprache erfordern. Dies sind zwei Therapieformen, welche auch der Psychotherapie mit Kindern zuzuordnen sind: Die Gestalttherapie und die Teilearbeit mit Tierfiguren. Es sind zwei sehr unterschiedliche, aber doch sehr kindbezogene methodische Möglichkeiten, die auch Schulseelsorgende nutzen können. Am Ende dieses Kapitels werde ich darauf eingehen, wie ich inhaltlich als Schulseelsorgerin an einer Grundschule arbeite. Anhand der Themen »Leistungsdruck« und »Umgang mit Trauer und Verlust“ zeige ich meine eigenen Herangehensweisen und Handlungen.“ (10f.)

 

Lebensweg, religiöse Erziehung und Bildung. Religionspädagogik als Autobiographie lautet der vonHorst F. Rupp und Susanne Schwarzim Verlag Königshausen & Neumann (3-8260-7845-3) herausgegebene umfangreiche, nunmehr achte Band des erfolgreichen Projektes „Religionspädagogik im Modus der Autobiographie“. Im Vorwort heißt es dazu: „Vor ca. dreieinhalb Jahrzehnten, genau im Jahr 1989, erschienen die beiden ersten Bände des Projekts – wie es damals hieß – „Lebensweg und religiöse Erziehung. Religionspädagogik als Autobiographie“ mit 32 autobiographischen Darstellungen von katholischen und evangelischen Religionspädagog*innen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum, also aus der Bundesrepublik Deutschland, der seinerzeit noch existenten Deutschen Demokratischen Republik, aus Österreich und der Schweiz; auch einige wenige Allgemein-Pädagog*innen brachten ihre Manuskripte in das Projekt mit ein. Ziel war es, die Biographien der Autor“ innen zu verknüpfen mit ihrer beruflichen Existenz und ihren religionspädagogischen Theorien und Konzeptionen und vielleicht durchsichtig zu machen, was das eine mit dem anderen zu tun hat, wie beides sich gegenseitig beeinflusst. Die beiden Herausgeber der ersten beiden Bände konnten trotz eines grundlegenden Optimismus seinerzeit natürlich (noch) nicht wissen, welche Lebensdauer dem Projekt „Religionspädagogik im Modus der Autobiographie“ beschieden sein würde, ob es denn überhaupt auf Resonanz stoßen würde, sowohl auf Seiten der Produzent*innen wie auch der Rezipient* innen. Heute, fast dreieinhalb Jahrzehnte später, bei Erscheinen des Bandes 8 der Reihe, lässt sich feststellen, der damals gegebene Optimismus hatte bzw. hat durchaus Anhalt an der sich einstellenden Realität, denn: Unverändert erklären Autor*innen ihre keineswegs selbstverständliche Bereitschaft, ihre Konzepte und Theorien im Kontext ihrer Biographie zu reflektieren, zu verschriftlichen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dies war und ist nun wirklich nicht selbstverständlich, verlangt die Bereitschaft zur Produktion so gearteter Texte dazu auf Seiten der Autor*innen doch nicht wenig. Bisweilen erreichten uns deshalb auch sehr reservierte Antworten auf unsere Anfragen. Dennoch: Die Bereitschaft der nicht wenigen Autor*innen, sich diesen Herausforderungen im Rahmen unseres Projekts zu stellen, hat ganz grundlegend dazu beigetragen, der Disziplin Religionspädagogik einen Fundus an einschlägigen autobiographischen Texten zur Verfügung zu stellen, der sozusagen seinesgleichen sucht. Der Disziplin Religionspädagogik eröffnet sich mit diesen Texten ein ganz eigener, ja einzigartiger Zugang zu ihrem Gegenstand, wie ihn wohl eher apersonale bzw. personal-reservierte oder gar personal-abstinente Zugänge nicht zu liefern imstande sind.“ (9) Zum Inhalt des achten Bandes schreiben die Herausgebenden: „Die seit den ersten beiden Bänden bestehende Tradition, den Texten der Autor*innen im Einleitungsteil von den Herausgebern einen gemeinsam verantworteten thematischen Beitrag voranzustellen, soll auch grosso modo in diesem Band fortgesetzt werden, wenn auch in etwas variierter Gestaltung. Die bislang an dieser Autobiographie-Projekt beteiligten beiden Herausgeber und die eine Herausgeberin werden einen je separaten Blick auf das Projekt aus ihrer Perspektive werfen. Horst F. Rupp als der Initiator des gesamten Projekts schildert in seinem Beitrag unter dem Titel „Religionspädagogik im Modus der Autobiographie“ die Anfange bzw. Entstehung des Unternehmens von der ersten Idee dazu über Suchbewegungen zur Umsetzung bis hin zur Realisierung der beiden ersten Bande in den Jahren 1988/89. Rainer Lachmann beleuchtet rückblickend und resümierend von aktueller Perspektive das Projekt unter dem mehrdeutigen Titel „Nach Sicht auf das Projekt ‚Religionspädagogik als Autobiographie´ - autobiographisch durchsetzt“. Mit originellem und bisweilen durchaus auch bissig-kritischem Analyseraster versucht er thematische Schneisen durch das Projekt zu schlagen, beleuchtet etwa die Rolle der Frauen in der Disziplin Religionspädagogik oder – auch dies ein interessant origineller Ansatz – gruppiert die einzelnen Beiträge nach ihren Titelformulierungen. So werden innovative Interpretationsansätze zur Erschließung sowohl der einzelnen Beiträge wie auch zur Würdigung des gesamten Projekts generiert. Und schließlich wählt Susanne Schwarz unter dem Titel „Religionspädagogik und Autobiographie, Einblick – Durchblick – Ausblick“ die Frage nach dem Forschungsgegenstand als Zugang. In ihrem Beitrag unterscheidet sie zwischen dem Forschungsgegenstand „Religionspädagogik als Autobiographie“ wie dem Bandprojekt selbst als Forschungsgegenstand und bezieht beide Zugänge in historischer und in prospektiver Hinsicht aufeinander.“ (11)

 

Um soziale Benachteiligung, Religion und Geschlecht geht es im dem von Thorsten Knauth, Silke Reindl und Maren A. Jochimsen im Waxmann Verlag (8309-4789-9) herausgegebenen wichtigen Sammelband Religiöse Bildung an den Rändern der Vielfalt. In ihrer Hinführung zu den Rändern der Vielfalt schreiben die Herausgebenden: „Der Rand ist ein eigentümlicher Ort – er bestimmt die Gestalt und gehört doch nicht ganz dazu. Wer sich dort aufhält, ist nur ein wenig drin und fast draußen. Vom Rand schaut man hinein und andersherum über das Bestehende hinaus. Der Rand ist ein Ort für besondere Wahrnehmungen, Erfahrungen und Einsichten. Man sieht anders und anderes als in der Mitte. Am Rand lebt man in Abstand zur Mitte. Ist jenseits des Randes ein Abgrund, wird es gefährlich. Der Rand ist – von der Mitte aus betrachtet – ein Ort der Unsicherheit. Als Metapher eignet sich der Rand auf besondere Weise für die Annäherung an die Frage, wie religiöse Bildung angesichts von Vielfalt gestaltet werden sollte. Denn – so unser Eindruck – nicht nur in Gesellschaft und Schule, sondern auch in der Diskussion über religiöse Bildung ist Vielfalt bzw. Heterogenität kein randständiges Thema mehr, sondern gleichsam in die Mitte der Aufmerksamkeit gerückt und Gegenstand zahlreicher Veröffentlichungen geworden. Wenn die Auseinandersetzung mit Vielfalt also inzwischen ‚normal´ geworden ist, stellt sich die neue Aufgabe, diese Normalität von Vielfalt im Blick auf ihre Gestalt und die Grammatik ihrer Gestaltung zu befragen. Wen und was umfasst und adressiert sie, wen und was aber nicht? Wie lässt sich der Rand der Vielfalt beschreiben? Was wird der Mitte und was dem Rand der Vielfalt zugeordnet? Wer kann und darf diese Beschreibungen und Zuordnungen vornehmen? Der Rand steht in diesem Buch als Metapher für die Orte und Sphären sozialer Ausgrenzung. Zugleich ist der Rand jedoch ein Ort, um die von Ungleichheit, Macht und Hierarchie geprägte Struktur einer Gesellschaft erkennen und analysieren zu können. An den Rändern kann man sehen, wie es um das Ganze bestellt ist. Am Rande lebt meistens, wer von starker sozialer Ungleichheit betroffen ist und weniger Möglichkeiten hat, ein gutes Leben führen zu können. Wenn in diesem Buch also von den Rändern der Vielfalt die Rede ist, dann sind Kontexte im Blick, die den Maßstäben der Mitte nicht entsprechen und ihren Wahrnehmungsperspektiven oft entzogen sind. Diese Kontexte sozialer Ungleichheit werden auch oft in der religiösen Bildung vernachlässigt. Sie werden insbesondere auch in den Diskursen über eine vielfaltskompetente religiöse Bildung teils noch zu wenig beachtet. Damit läuft aber auch eine Religionspädagogik der Vielfalt Gefahr, wichtige gesellschaftliche Dimensionen von Vielfalt nicht zu beachten.

Dem vorliegenden Buch liegt die These zu Grunde, dass Vielfalt als Kategorie zur Beschreibung von Ausgangsvoraussetzungen pädagogischer Prozesse im Zusammenhang mit Hierarchien betrachtet werden muss. Dabei sind Hierarchien als Machtgefälle zu verstehen, die sich vor allem auf sozio-ökonomische Unterschiede zurückführen lassen. Das bedeutet, davon auszugehen, dass sich in den Kontexten von Vielfalt immer auch gesellschaftliche Privilegierungen und Benachteiligungen aktualisieren und damit zusammenhängende Einschließungs- und Ausgrenzungsprozesse manifestieren. Wird Vielfalt unter Ausblendung dieser Asymmetrien und sozialen Widersprüche verwendet, verkommt die Kategorie zu einem Feiertagsbegriff im idealistischen Sinne eines „Celebrating Diversity“. Heuristisch führt dies zur Aufgabe, Vielfalt in Kontexten von sozialer Benachteiligung zu betrachten. Soziale Benachteiligung verstanden als „die systematische Beschränkung der Möglichkeit, das eigene Leben selbstständig leben zu können“ kann unterschiedliche Bereiche, wie Einkommen, Bildung, Gesundheit und kulturelle Teilhabe betreffen. Soziale Benachteiligung erfolgt nicht individuell, sondern ist das Produkt struktureller Ungleichheiten und gesellschaftlicher Machtstrukturen, die sie gleichzeitig erneut reproduziert. Strukturelle sozioökonomische sowie gesellschaftlich konstruierte Ungleichheiten erschweren die gesellschaftliche Teilhabe; materielle Ungleichheit beschränkt für die Betroffenen den Raum der Möglichkeiten und ist Ausgangs- und Manifestationspunkt für weitere Ungleichbehandlungen.“ (7f.) Die Herausgebenden verstehen unter sozialer Benachteiligung einen intersektionalen Begriff, in dem sich verschiedene Kategorien der Differenz überlappen. Soziale Benachteiligung ist zum Beispiel im Kontext der gesellschaftlich wirkmächtigen Kategorien Geschlecht und Religion/Kultur zu verstehen. Aber auch eine Betrachtung religiöser Vielfalt oder Reflexionen zur Bedeutung der Kategorie Geschlecht blieben ohne Beachtung der sozio-ökonomischen Dimension in gesellschaftsferner Abstraktion. Bezogen auf die Dimension Geschlecht zeigt sich soziale Ungleichheit beispielsweise in „ungleichen Positionen [...] in den Bereichen Wirtschaft, Politik und Kultur, in denen Wohlstand, Macht und Prestige verteilt werden“. Dies macht die strukturelle Dimension nicht nur zu einem zentralen Untersuchungsgegenstand für die Geschlechterforschung, sondern neben der symbolischen, subjektiven und körperlichen Dimension zu einer der vier Dimensionen, über die sich Geschlecht als mehrdimensionale, historisch und kulturell variable und dynamische Wissenskategorie erschließen lässt. Die einzelnen Dimensionen hängen zusammen und beeinflussen sich auf komplexe Weise wechselseitig. Aus intersektionaler Perspektive kommt hinzu, dass in der Analyse von Diskriminierungserfahrungen oft mehrere soziale Differenzlinien zu berücksichtigen sind, die sich gegenseitig verstärken können. Daher lässt sich der Ausgangspunkt struktureller Ungleichheiten oft kaum eindeutig bestimmen. Die intersektionale Wechselseitigkeit der Kategorien kann hermeneutische Schwindelgefühle erzeugen. Aber nur auf diese Weise wird eine Analyse von Vielfalt der Komplexität sozialer Ungleichheiten gerecht.“ (8) Und weiter heißt es: „Im vorliegenden Band thematisieren wir eben dieses intersektionale Verhältnis von sozialer Benachteiligung, Religion und Geschlecht. Wir möchten Überlegungen der ersten gemeinsamen Zusammenarbeit zum Thema „Einschließungen und Ausgrenzungen. Zur Intersektionalität von Religion, Geschlecht und sozialem Status für religiöse Bildung“ weiterentwickeln und die Analyse entlang der drei für eine Religionspädagogik der Vielfalt konstitutiven Aspekte – gesellschaftspolitischer Bezug, intersektional-analytische Perspektive, methodisch interdisziplinäre Herangehensweise vertiefen. Ziel war und ist, einen Beitrag zur weiteren konzeptionellen Ausarbeitung einer Religionspädagogik der Vielfalt zu leisten. Unser Ausgangspunkt ist, dass Geschlecht und die Differenzen, die über Geschlecht aufgemacht werden, in Verbindung mit anderen Merkmalen wie Religion und sozialem Hintergrund stehen. Wie sich diese Differenzen zueinander verhalten, muss in konkreten Handlungskontexten, also in unterschiedlichen Situationen empirisch untersucht werden. Besonders in Kontexten/Umgebungen von Vielfalt werden Kategorien wie Religion/Kultur, sozioökonomischer Status und Geschlecht für Gruppenbildungen sowie Diskriminierungen, Prozesse des Andersmachens (Othering) und Ausgrenzungen genutzt. Eine Religionspädagogik der Vielfalt entwickelt sich unter diesen Bedingungen, können doch besonders in Kontexten von Vielfalt unterschiedliche religionsbezogene Bedeutungswelten und Geschlechterordnungen aufeinandertreffen. Spannungsfelder und wechselseitige Beeinflussung verschiedener Ausdrucksformen und Konsequenzen sozialer Benachteiligung in ihrer Verflochtenheit von sozio-ökonomischem Status, Religionszugehörigkeit, Geschlecht und (sozio-)kulturellem Hintergrund werden in diesem Zusammenhang zum Gegenstand religionspädagogischer Analyse. Mit Blick auf die Lebenswirklichkeit der Schüler*innen gehört dazu auch eine bewusste Ansprache und Reflexion der Vielfalt geschlechtsbezogener Selbstverständnisse, sexueller Orientierungen und Lebensweisen wie auch der Vielfalt religiöser und weltanschaulicher Orientierungen in Schule und Religionsunterricht, um auch denjenigen, „die sich nicht in heteronormativen Kategorien von Sexualität und Lebensformen oder binären Geschlechtsidentitäten wiederfinden“ eine Stimme geben und ihre Belange berücksichtigen zu können.“ (9)

Ebenfalls im Waxmann (8309-4783-7) hat Martin Schreiner den Band Religiöse Bildung und Digitalität. Die Rostocker Barbara-Schadeberg-Vorlesungen herausgegeben. In seiner Einleitung stellt er die einzelnen Beiträge kurz vor, die sich aus verschiedenen Perspektiven dem Thema »Religiöse Bildung und Digitalität« widmen. Es geht unter anderem um die Bedeutung der digitalen Transformation, Digitalität und religiöse Bildung, medienpädagogische und medienethische Herausforderungen der Digitalität sowie um Digitalisierung als Gestaltungsaufgabe an Evangelischen Schulen und im Religionsunterricht. Die facettenreichen Impulse wollen Horizonte öffnen und Anregungen zu einer zukunftsweisenden Entwicklung nicht nur evangelischer Schulen geben. Der vorliegende Band enthält die in Rostock vorgetragenen Vorlesungen von Martina Kumlehn, Roland Rosenstock und Andreas Spengler sowie sieben eingeworbene Zusatzbeiträge: „Den Auftakt bilden die grundsätzlichen Überlegungen von Ulrich Hemel zu digitaler Bildung, Datenethik und der Zukunft der Zivilgesellschaft. Er untersucht den globalen Zusammenhang der digitalen Transformation in Bildung und Erziehung und betont die Notwendigkeit von Wertebildung im digitalen Raum. Digitale Bildung könne dazu verhelfen, nicht nur die Selbststeuerung der Person individuell zu fördern, sondern auch die Frage nach der Stellung des Menschen in der Welt, ja im Universum neu zu stellen. Bernd Schröder weist auf, dass eine informatisch kompetente religiöse Bildung in der digitalen Welt nicht nur einen wertvollen Beitrag zu Bildung und Teilhabegerechtigkeit, Befähigungsgerechtigkeit und Orientierungsfähigkeit zu leisten vermag, sondern dadurch vielfältige Chancen für Schülerinnen und Schüler, Schule und Kirche eröffnet werden können. Für die Förderung einer kulturell-ästhetischen Bildung, für ein Denken in Praktiken und eine Schulung der Wahrnehmung plädiert Andreas Spengler. Er sieht die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit Digitalisierung als Diskursphänomen, beobachtet Prozesse der Massenkultivierung und tritt dafür ein, insbesondere die Inhaltsseite von Medien sowie das aktive Erfahren und gemeinsame Gestalten von (Lebens-)Welt zu beachten. Roland Rosenstock vertritt die These, dass es bei der Medienethik aus theologischer Perspektive nicht allein um eine kritische Reflexion der eigenen Mediennutzung geht, als einer weiteren digitalen Kompetenz, sondern um die Frage nach dem gelingenden Leben. Er gibt einen Einblick in die gegenwärtige medienethische Diskussion und beantwortet die Frage, welche Aufgabe der schulischen Bildung in einer gestuften Verantwortungsethik zufällt.

Auf komplexe wechselseitige Verflechtungen von religiöser und digitaler Kultur auf unterschiedlichen Ebenen weist Martina Kumlehn hin. In der Erschließung von religionsaffinen Strukturen des Internets, religionshermeneutischen Erkundungen und religiöser Kommunikation im Internet denkt sie verschiedene strukturelle Grundspannungen implizit mit bzw. ruft sie diese explizit auf. Je nach Positionierung stellen diese Grundspannungen wichtige Aspekte in der Profilierung evangelischer Schulen dar. Sie tritt mit Nachdruck für die Arbeit am Wahrheitsbewusstsein ein, das zwischen Fakt, Fake und Fiction unterscheiden muss, und setzt auf die Kraft der Imagination. Manfred L. Pirner diskutiert ethische Konzepte aus dem philosophischen, menschenrechtlichen und theologischen Diskurs, welche betonen, dass der Mensch Mittelpunkt und Zielpunkt der Digitalisierung sein muss. Von diesen grundlegenden Perspektiven aus stellt er unter dem Titel »Ethischer Kompass in einer digitalen Welt« Leitlinien vor, die Orientierung und Anregungen für die weitere Diskussion und die Entwicklung einer christlich verantworteten Schul- und Unterrichtskultur im Kontext der digitalen Welt sein können. Durch Überlegungen der Zeitthematik aus einer philosophisch-ethischen und theologischen Perspektive erläutert Thomas Schlag die religionspädagogische Bezugnahme auf theologische Deutungsfiguren von Zeit näher und beleuchtet exemplarisch, wie sich ein auf die Zeitthematik fokussiertes und theologisch profiliertes Unterrichtsgeschehen in digital beschleunigten Zeiten in prozessualer, narrativer und performativer Hinsicht konkretisieren lässt. Julia Bradtke und Michael Fricke untersuchen Dialogfähigkeiten, Dialogprozess und Dialogarten im »Digitalen Lehrhaus« für den evangelischen Religionsunterricht und stellen Konzept, Aufbau und Inhalte des virtuellen Lehrhauses vor. Dieses dient als Grundlage einer Studie zur Ergebnisqualität und zur atmosphärisch-motivationalen Qualität guten Religionsunterrichts. Dialogisches Lernen im Digitalen steht auch im Mittelpunkt bei Maja Ebert, die Hintergründe und Ansätze des Konzepts »Digitalog« beschreibt. Es geht ihr darum, wie dialogisches Lernen im digitalen Raum bzw. in hybriden virtuellen Settings gestaltet werden kann, um (inter-)religiöse Bildung unter den aktuellen Bedingungen unserer Gesellschaft anzuleiten. Lioba Behrendt zeigt praxiserprobt am Beispiel des Unterrichtsthemas »Jesus Christus«, das an allen Schulformen und in vielen Jahrgangsstufen in unterschiedlicher thematischer Ausprägung vorkommt, die Potenziale digitaler Medien für den evangelischen Religionsunterricht auf. Die von ihr ausgewählten Unterrichtsbausteine, die digitale Elemente in den Unterricht integrieren, bestätigen die These, dass es durchaus digitales Lehren und Lernen als Schatz auch im Bereich religiöser Bildung zu heben gilt.“ (7ff.)

„Niemand darf verloren gehen…?!“ Interdisziplinäre Perspektiven im Schnittfeld von Bildungsungerechtigkeit und evangelischem Bildungshandeln lautet der Titel des von Juliane Ta Van, Katharina Biermann, Janine Wolf und Jens Dechow imWaxmann Verlag (8309-4826-1) herausgegebenen Sammelbandes. Der Titel bezieht sich auf ein Plädoyer der 11. Synode der EKD von 2010. „In diesem wird pointiert „das engagierte Eintreten von Christinnen und Christen für mehr Bildungsgerechtigkeit“ als Folge des Glaubens an Gottes Gerechtigkeit und Barmherzigkeit benannt und selbstbewusst formuliert, dass Bildungsgerechtigkeit zum evangelischen Selbstverständnis gehört. Das Plädoyer endete mit zehn Thesen. Fünf Thesen aus den zehn Thesen der damaligen EKD-Synode verweisen in ihrem Gesamtzusammenhang nachdrücklich darauf, dass die nach dem „PISA-Schock“ gezogenen Konsequenzen noch zu kurz greifen und dass es mehr braucht als einen verengten Fokus auf Schule. An vielen Stellen richten sie sich nach außen – sie haben jedoch auch einen starken Selbstverpflichtungscharakter. Denn die EKD formuliert in ihrem Plädoyer, sie werde die darin angezeigten Reformen und Positionen unterstützen und versuchen, ihnen im öffentlichen Bildungswesen und im eigenen Bildungshandeln zum Durchbruch zu verhelfen. Es ist unter anderem diese evangelische Perspektive, die Anlass und Motivation für eine Tagung gegeben hat, welche Ausgrenzungen problematisieren und Bildungsgerechtigkeit fördern will. Dabei sind vor allem folgende Fragen leitend: Hat sich das Bildungssystem in die angezeigte Richtung bewegt oder bewegen lassen? Zeigen sich Spuren davon im kirchlichen Bildungshandeln? Die Welt hat sich seit 2010 verändert. Zum Teil sehr grundsätzlich. Hat sich auch die Perspektive auf Bildungsgerechtigkeit verändert? Haben sich Herausforderungen verschoben? Muss neu und anders gedacht werden? Lassen sich heute andere und neue Ausgrenzungsmechanismen feststellen, die einer neuen Bearbeitung bedürfen? Mehr als eine Dekade nach diesem Synodal-Impuls soll mit diesem Band solchen Fragen nachgegangen werden. (…) Das erfolgreiche Abschneiden eines Kindes in der Schule hängt noch mehr als zuvor von seiner Herkunft ab: dem sozialen Milieu, dem Bildungsstand der Eltern, einem Migrationshintergrund oder auch dem Geschlecht. So gilt es, noch einmal und wieder einmal genau hinzuschauen, Ausgrenzungsmechanismen anhand aktueller Befunde zu identifizieren sowie Anregungen u.a. für evangelische Bildungsträger in Bezug auf Gerechtigkeitsfragen zu gewinnen. Dabei wird schon der Begriff der Bildungsgerechtigkeit zum Gegenstand der Diskussion: Wann ist Bildung gerecht? Was meint Bildungsgerechtigkeit in welchem Kontext? Sollte man besser von Chancengerechtigkeit sprechen? Auch in den Beiträgen im vorliegenden Band werden diese Begrifflichkeiten kontrovers diskutiert und zeigen damit zugleich einen interdisziplinären Gesprächsbedarf auf.“ (7ff.)

 

Die theologischen Paradigmen der Compassion und der Verantwortung für die Schöpfung verbinden Maike Maria Domsel und Maurice Steffens in ihrem im Verlag W. Kohlhammer Verlag (17-043138-6) herausgegebenen Buch Compassion als Schlüssel für eine zukunftsfähige Bildung nachhaltiger Entwicklung?! Auftrag und Weiterentwicklung eines theologischen Prinzips. In ihrem Vorwort schreiben sie zu ihrem Anliegen: „Mit diesem Sammelband wird das Ziel verfolgt, zwei theologisch-gesellschaftliche Strömungen miteinander zu verbinden. Insbesondere in Zeiten des sozialen Wandels, der Vielfalt an Weltanschauungen und der zunehmenden Notwendigkeit erhöhter Ambiguitätskompetenz ist es von größerer Bedeutung als je zuvor, sich selbst und seine Handlungen auf persönlich validierte und gesellschaftlich akzeptierte Wertvorstellungen zu stützen. Hierbei lassen sich zwei gesellschaftliche Anliegen in Besonderem herausfiltern, die einen genuin theologischen Ursprung haben und gleichsam als vortheologische und vorspirituelle Dimensionen das gegenwartsgesellschaftliche Leben prägen: soziale Verhaltensbereitschaften und nachhaltiges Leben. Beides wurde durch die Corona-Pandemie und ihre Nachwirkungen zum gesellschaftlichen Brennglas, welches die Notwendigkeit einer konsensfähigen Grundlage compathischer und nachhaltiger Werte akzentuiert. Insbesondere in schulischen Kontexten wird dies deutlich, wo einerseits die Forderungen der heutigen Schüler*innen-Generation nach einer nachhaltigen Gestaltung des Alltags- und Schullebens immer lauter werden, andererseits jedoch wenig Kompromissbereitschaft und Aushandlungskompetenz vorhanden sind. Die vorliegende Ausgangslage lenkte unsere Aufmerksamkeit auf die theologischen Paradigmen der Compassion und der Verantwortung für die Schöpfung, welche längst über das genuin Christliche hinausgehen und zu einer multikulturellen und interkonfessionellen Grundlage des postmodernen Zusammenlebens geworden sind. Infolgedessen stellt sich für die Religionspädagogik die bedeutende Frage, welchen Beitrag der (Religions-)Unterricht sowie das schulische Leadership von (Religions-)Lehrkräften leisten können, um den Schüler*innen bei der Ausbildung einer ethisch fundierten Grundhaltung inmitten dieser vielfältigen Paradigmen zu unterstützen.“ (9) Sodann konkretisieren die Herausgebenden: „Der Zusammenhang zwischen dem Paradigma der Compassion und Nachhaltigkeit liegt in der gemeinsamen Zielsetzung einer positiven Veränderung und nachhaltigen Entwicklung: Compassion bezieht sich auf die Etablierung einer mitfühlenden und empathischen Haltung, die dazu beitragen kann, gesellschaftliche Probleme zu lösen und positive Veränderungen herbeizuführen. Nachhaltigkeit zielt darauf ab, eine lebenswerte Zukunft für alle Menschen zu schaffen, indem ökologische, ökonomische und soziale Aspekte berücksichtigt werden. Das Paradigma der Compassion kann dazu beitragen, dass Menschen eine stärkere Sensibilität für soziale und ökologische Herausforderungen entwickeln und bereit sind, sich aktiv für Nachhaltigkeit einzusetzen. Eine mitfühlende und empathische Haltung kann dazu führen, dass Menschen ein tieferes Verständnis für die Bedürfnisse und Interessen anderer haben und bereit sind, auf deren Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen. Eine solche Kompetenz umfasst einen wesentlichen Aspekt der Nachhaltigkeit, da eine wirklich nachhaltige Entwicklung nur dann möglich ist, wenn die Interessen aller Beteiligten compathische Berücksichtigung finden. Insgesamt erfordert die Postmoderne eine Neuorientierung unseres Verständnisses von Nachhaltigkeit, die sich auf eine ganzheitliche Sichtweise und alternative Wissensformen einlässt, sowie auf eine Veränderung unserer Lebensweisen und gesellschaftlichen Strukturen abzielt und eine Verbindung mit spirituellen und ethischen Werten herstellt. Um eine solche modifizierte bzw. erweiterte Perspektive auf Nachhaltigkeit zu entwickeln, sind Sichtweisen vonnöten, welche die Komplexität und Verwobenheit von Mensch und Natur berücksichtigen. Dieser Sammelband möchte mögliche modifizierte und erweiterte Sichtweisen aufzeigen, indem die nachfolgenden Beiträge ihren je spezifischen Zugang zu dem Verhältnis von Compassion und (r)BNE aufzeigen.“ (17f.)

Wertvolle Perspektiven für Religionsunterricht und kirchliche Handlungsfelder enthält der von Nicola Ottinger, Eva Ebel und Christian Höger imTheologischen Verlag Zürich (290-20245-3) herausgegebene Band Ökumenisch lernen – Ökumene lernen. Zurecht schreiben die Herausgebendenin ihrer Einleitung: „Ökumene steht nicht still. Sie ist ein Lernprozess, der vorangeht, unzählige positive Entwicklungen und manchmal auch Rückschläge kennt. Der ökumenische Weg der christlichen Kirchen und Gemeinschaften hin zu gegenseitigem Verstehen, noch größerer Nähe und zu einer Einheit als Kirche Jesu Christi im Sinne der Charta Oecumenica der europäischen Kirchen (2001) ist wesentlich ein von Gottes Geist geführter Weg. Es ist ein Weg des voneinander und miteinander Lernens. Seit dem Osterereignis lernen Christinnen und Christen, das Christusereignis zu verstehen, aus Christus zu leben und in seiner Nachfolge zu wirken. Sie tun dies ihrem Selbstverständnis nach als seine Kirche, die im Apostolischen Glaubensbekenntnis benannt wird. Die historisch entstandenen Kirchen bzw. Konfessionen und Denominationen sind und bleiben Lernende, wenn und insofern sie den Wurzeln ihres Glaubens verpflichtet bleiben. Zur Ökumene gibt es keine Alternative. Einer verbreiteten, aber verengenden Sichtweise, dass die christliche Ökumene sich in einer «Eiszeit» befinde oder angesichts einer säkularisierten und gleichzeitig religiös pluralen Gesellschaft obsolet sei bzw. «zu spät» komme, ist klar zu widersprechen. Ebenso ist immer dort zu widersprechen, wo eine «Rekonfessionalisierung», begünstigt durch Ängste eines zunehmenden Mitgliederschwundes vor allem in den westlichen Ländern, dazu tendiert, das ökumenische Engagement und Commitment zu reduzieren und damit die eigene Konfession zu verabsolutieren. Tagtäglich finden weltweit und auf allen kirchlichen Ebenen ökumenische Lernprozesse statt, sei es durch institutionalisierte Dialoge der Kirchenleitungen oder durch persönliche Begegnungen vor Ort, in ökumenischen Feiern, in der diakonischen Zusammenarbeit – und in vielfältigen Lernfeldern ökumenischer Bildung. Hier, so die These dieses Bandes, befindet sich unausgeschöpftes Potenzial für ein Vorangehen in der Ökumene. Denn: Um die Ökumene zu befördern, braucht es ökumenisches Lernen – und umgekehrt.“ (9f.) Folgende Forschungsfragen waren für die Beiträge leitend: „Was trägt Bildung in der deutschsprachigen Schweiz zur ökumenischen Entwicklung in der evangelisch-reformierten, der christkatholischen und der römisch-katholischen Theologie und Kirche bei? Wie hat sich ökumenische Bildung in der Schweiz bis heute entwickelt? Welche Entwicklungen zum ökumenischen Lernen im Religionsunterricht zeichnen sich in Deutschland ab und inwiefern können positive Beispiele

auf die Schweiz übertragen werden? Welche konstruktiven Schritte sind im Verantwortungsbereich der christlichen Kirchen in der Deutschschweiz mit öffentlich-rechtlicher Anerkennung zu mehr Ökumene angebracht?“ (10) In dem Buch werden Ergebnisse und Desiderate für ökumenisches Lernen und Ökumene lernen formuliert, religionspädagogische Fragen weiter profiliert und das bisher zu wenig genutzte Potenzial ökumenischer Bildung im Sinne des Ökumene Lernens herausgestellt!

3  Biblische Theologie

Martin Rothgangel, Henrik Simojoki, Christine Gerber und Andreas Michel sind die Herausgebenden des äußerst empfehlenswerten Bandes Elementare Bibeltexte. Subjektorientiert – biblisch-theologisch – didaktisch, der in 8., komplett neu erarbeiteter Auflage im VerlagVandenhoeck & Ruprecht Verlag (525-61427-3) erschienen ist. In ihrer Einführung legen sie Rechenschaft ab über ihren Ansatz und ihr Ziel: „»Elementare Bibeltexte« - in dem Titel dieses Buches kommen zwei Überzeugungen zur Sprache, die immer weniger selbstverständlich sind und daher argumentativ plausibilisiert werden müssen. Zum einen unterstreicht die Rede von elementaren Bibeltexten den Bildungswert der Bibel für heutige Schüler:innen, zum anderen bringt sie zum Ausdruck, dass die Thematisierung und Ingebrauchnahme der Bibel im Religionsunterricht unter didaktischen Gesichtspunkten erfolgen müssen. Die elementare Bedeutung der Bibel kommt also nur zur Geltung, wenn Bibeltexte im Religionsunterricht von den lernenden Subjekten her und auf diese hin erschlossen, mithin elementarisiert werden. In diesem Sinne werden im vorliegenden Band in insgesamt 33 Beiträgen biblische Bücher, Textgruppen und Einzeltexte für den Religionsunterricht subjekt-orientiert, biblisch-theologisch und didaktisch aufbereitet. Hinzu kommen vier Querschnittsbeiträge, die grundlegende bibelhermeneutische und -didaktische Herausforderungen subjektorientiert adressieren. Das Buch setzt die Neuausgabe der Reihe »Theologie für Lehrerinnen und Lehrer« fort und lässt sich in Kontinuität zum 2001 erstveröffentlichten Vorgängerband »im Blick auf die biblische Erschließungsarbeit maßgeblich vom Kriterium der Lebensförderlichkeit leiten. Vorab führt diese Einleitung in dafür wesentliche Grundbestimmungen, Hintergründe, Arbeitsweisen und Leitperspektiven ein. Zunächst wird angesichts einer mehrfachen Plausibilitätskrise die bleibend zentrale Bedeutung der Bibel für den Religionsunterricht mehrperspektivisch begründet (1). Darauf folgt eine Kurzvorstellung dieses »Buches der Bücher« (2). Anschließend werden in elementarer Verdichtung methodische und hermeneutische Essentials der Bibelerschließung auf der Höhe des aktuellen exegetischen Diskurses präsentiert (3). Angesichts der wirkmächtigen antijudaistischen Auslegungstraditionen wird die Notwendigkeit, die Bibel im Horizont des Judentums zu deuten, besonders akzentuiert (4). Danach treten die Kinder und Jugendlichen selbst als Subjekte der Bibelinterpretation in den Blickpunkt (5). Dass der für die gegenwärtige Bibeldidaktik konstitutive Subjektbezug keine Selbstverständlichkeit, sondern eine historische Errungenschaft darstellt, zeigt der Überblick über die bibel-didaktische Konzeptentwicklung seit dem frühen 20. Jh. (6). Für die Gegenwart stellt die fortschreitende religiös-weltanschauliche Pluralisierung eine Schlüsselherausforderung dar (7), der auch die anschließend präsentierte Auswahl an Methoden elementarer Bibelerschließung genügen muss (8). Dabei haben sich nicht nur die bibeldidaktischen Lernwege ausdifferenziert. Auch die Bibel selbst gibt es in einer beträchtlichen Vielfalt zielgruppendifferenzierter Übersetzungen und in unterschiedlich konzipierten »Kinderbibeln« (9). Abschließend werden die konzeptionellen Leitperspektiven und Strukturentscheidungen des Bandes dargelegt und begründet (10).“ (11) Sodann fragen sie „Elementare Bibeltexte im Religionsunterricht – warum und wozu?“ und geben luzide Antworten: „Es ist unbestreitbar, dass die Bibel normierende Grundlage des christlichen Glaubens ist. Jedoch ist damit ihre didaktische Bedeutsamkeit im institutionellen Kontext der Schule noch nicht erwiesen. Im Unterschied zum pädagogischen Handeln in der Gemeinde kann nämlich der Religionsunterricht nicht vorrangig vom Glauben her oder zum Glauben hin begründet werden. Vielmehr müssen sich unterrichtliche Themen und Gehalte an diesem Lernort vor allem an ihrer Bildungsbedeutung messen lassen. Dafür lassen sich eine Reihe theologischer Begründungen ins Feld führen, die aus einem christlichen Wirklichkeitszugang erwachsen: Solange der Religionsunterricht in der Schule, wie es in Art. 7 Abs. 3 des Grundgesetzes heißt, »in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt« wird, behält das klassische theologische Argument auch in subjektorientierter Hinsicht sein Recht: Weil der Religionsunterricht in den meisten deutschen Bundesländern die Innenperspektive auf Religion einschließt, bezieht die Bibel ihren besonderen didaktischen Rang daraus, dass sie die Heilige Schrift des Christentums ist. Auch wenn es zwischen den christlichen Konfessionen weiterhin Differenzen im Schriftverständnis und in der Schrifthermeneutik gibt, ist der Rückbezug auf die Bibel als Quelle des Evangeliums und als lebendiges Wort Gottes das einende Band gelebten Christentums weltweit. Dabei ist die Einsicht, dass sich religiöse Mündigkeit im christlichen Kontext im kundigen und eigenständigen Umgang mit der biblischen Überlieferung zeigt (und folglich auf Bildung angewiesen ist!), längst kein protestantisches Alleinstellungsmerkmal mehr. In diesem Zusammenhang ist eigens auf die in Deutschland sich formierende orthodoxe Bibeldidaktik hinzuweisen. Eng mit dem voranstehenden Punkt hängt zusammen, dass die Bibel für Christinnen eine normative Quelle von Erfahrungen mit Gott darstellt, die Menschen in ihrer Lebensgeschichte und im Laufe der Geschichte mit Gott gesammelt haben. Diese Erfahrungen zeigen ein facettenreiches Bild von Gott, das von unfassbarer Gewalt bis hin zu grenzenloser Liebe reicht (siehe in diesem Band: »Gewalt und Liebe«). Für Schüler:innen sind hermeneutische Kompetenzen und damit ein gebildeter Umgang mit diesen vielschichtigen biblischen Texten wesentlich, um deren Relevanz für ihr Leben entdecken zu können. Gleichzeitig dokumentiert sich bereits in den ersten Kapiteln der Bibel ein ungeschöntes Menschenbild, wenn sich Brüder erschlagen oder hintergehen und festgestellt wird: »das Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend an« (Gen 8,21/EÜ). Im Unterschied auch zum ideologisierten Perfektionismus und zu autoritären Dynamiken in der Gegenwart werden selbst Leitfiguren wie Petrus keineswegs makellos gezeichnet. Vielmehr wird seine Verleugnung Jesu (Mt 26,69-75 parr) in der Bibel, die zum Grunddokument des Christentums wurde, schonungslos überliefert. Bei alledem wird aber der Mensch auch als Ebenbild Gottes bezeichnet und der unverbrüchliche Heilswille Gottes für den Menschen zum Ausdruck gebracht. Wie das jeweilige Menschenbild ein wichtiger Faktor für die Bestimmung pädagogischer Ziele ist, genauso ist auch für Schüler:innen die Reflexion und Förderung ihres Menschenbildes u.a. ein wichtiger Aspekt für die Entwicklung ihres Selbst- und Weltbildes. Grundsätzlich ist die Bibel im Feld gelebten Christentums auch ein wirkmächtiger Indikator von Differenz. So wird die Bibel heutzutage nicht nur in unzähligen Kontexten und Sprachen gelesen, sie wird dabei auch durchaus unterschiedlich verstanden und ausgelegt. Diese Pluralität tritt besonders eindrücklich hervor, wenn man die Perspektive auf den christlichen Glauben global ausweitet. Umso wichtiger ist es daher, dass Schüler:innen im konfessionell(-kooperativ)en Religionsunterricht Kompetenzen im Umgang mit der binnenchristlichen Glaubenspluralität erwerben. Dazu gehört auch die Auseinandersetzung mit der szientistischen oder fundamentalistischen Beurteilung der biblischen Texte als wortwörtlich zu verstehende Tatsachenberichte. Nun kann man aber bei heutigen Schülerinnen, ob mit oder ohne Konfessionszugehörigkeit, immer weniger einen christlichen Glaubensstandpunkt voraussetzen. Daher gewinnt für die religionsdidaktische Plausibilisierung (des Lernens mit) der Bibel die allgemeiner bei den Subjekten ansetzende Frage an Bedeutung, »warum die Bibel für heutige Schüler:innen als Bildungsbuch hilfreich sein kann«. Im neueren bibeldidaktischen Begründungsdiskurs wird diese Frage u. a. mit folgenden Argumenten beantwortet: - Die kulturgeschichtliche Begründung akzentuiert die überragende Bedeutung der Bibel für den deutschen und europäischen Kulturraum, dessen Formierung ohne ein Mindestmaß an biblischer Literacy unverständlich bleibt. Religionskulturell gewendet lässt sich dieses Argument auch auf die Gegenwart beziehen: In der populären Kultur, in der bildenden Kunst oder auch in der politischen Rhetorik begegnen – oft versteckt und teilweise verfremdet – immer wieder biblische Bezüge, Wendungen oder Motive. In beiden Fällen wird die Bibel als ein Bildungsgegenstand verstanden. Elementare Bibelkenntnisse gehören in dieser Sicht zu den allgemeinbildenden »must knows« des schulischen Bildungskanons. - Andere Argumente setzen hingegen bei den Potenzialen des Lernens mit der Bibel an, das zu einer wirklichkeitssensiblen, existenziell dimensionierten Sprachbildung beiträgt. So können die Psalmen als »Worte zum Leben« bereits Kindern als Hilfe dienen, ihren eigenen Ausdruck für fast unsagbar Schlimmes und Schönes zu finden. An prophetischen Texten lässt sich die »Sprache der Gerechtigkeit« erproben, während Gleichnisse als performative Sprachhandlungen Möglichkeitsräume eröffnen, die über die Schranken des Gegebenen hinausführen. - Die identitätsbildende Bedeutung der Bibel erschließt sich im Gespräch mit neueren Konzepten einer narrativen Identität. Demnach sind Erzählungen im doppelten Sinne konstitutiv für den zunehmend spannungsreichen Prozess der Identitätsbildung in der Spätmoderne. Einerseits ist Identität per se narrativ strukturiert: Sie kommt zustande, indem Menschen in immer neuen Erzählanläufen fragmentarische Erfahrungsbestände ihres Lebens zu einer eigenen »Story« verknüpfen. Andererseits ist Identität eminent auf Narrationen »von außen« angewiesen, die als Deutungs-optionen für die eigene Welt- und Selbsterschließung infrage kommen. Die besondere Prägekraft der biblischen Überlieferung erwächst daraus, dass in ihr Erfahrungen von Zweifel und Gebrochenheit, von Fehlbarkeit und Scheitern nicht ausgeklammert, sondern als charakteristisch für menschliche Identitätssuche und Glaubensformierung angesehen werden. Schließlich sind biblische Texte bildsam durch ihre Fremdheit. Ob in der Erzählung von der Bindung Isaaks, in provokanten Gleichnissen, in der »widersinnigen« Auferstehungsbotschaft oder in den Endzeitüberlieferungen: Biblische Texte können anstößig sein, irritieren, »unpassend« wirken. Konstruktivistische Lerntheorien bringen mit dem Begriff der »Perturbation« zum Ausdruck, dass Lernen oft aus der Erfahrung einer »Störung« erwächst, durch die verfestigte Vorstellungs- und Einstellungsmuster aufgebrochen werden. Die Bibel ist auch dadurch ein Bildungsbuch, dass sie uns

Anderes sehen bzw. anders sehen lässt.“ (12ff.) Dieses Buch gehört in jede Hand-, Schul-, Pfarr- und Hochschulbibliothek!

Abraham. Facetten einer Vaterfigur hat Daniel Meier sein imTheologischen Verlag Zürich (290-18596-1) in der Reihe „Theologische Studien Neue Folge“ veröffentlichtes Buch überschrieben. Im Vorwort begründet er seine Faszination für die verschiedenen Facetten der Figur Abraham: „Abraham fasziniert. Als urzeitlicher Wüstenscheich mit schillernden Charakterzügen, als Vater vieler Völker und dreier Religionen, als Migrant mit weiten Wanderwegen, mit Irrungen und Wirrungen, als Konvertit und Opfernder, als Glaubender und Zweifelnder – mit seiner Wirkung durch die Zeiten, bis heute. Judentum, Christentum und Islam berufen sich auf ihn, auf Aspekte seiner Figur, Facetten seiner Erinnerung. Doch wer war Abraham für die Autoren in den Jahrhunderten um die Zeitenwende? Gibt es signifikante Unterschiede bei seiner Rezeption in den formativen Jahren des antiken Judentums, des frühen Christentums und bei der Entstehung des Islams? Und was trägt das Abrahambild dieser längst vergangenen Zeiten für unseren heutigen Blick auf den Vater der monotheistischen Religionen bei? Dieses Buch verschreibt sich bei der Beantwortung dieser Fragen zwei Kernaspekten: Zum einen soll es auf allgemein verständliche Weise verschiedene Facetten der Abrahamfigur im Wandel der Zeit aufzeigen, dabei aber gleichsam die überzeitlichen Gemeinsamkeiten des Abrahambildes in den verschiedenen Traditionen herausarbeiten. Hierauf aufbauend soll immer wieder an geeigneten Stellen im Verlauf des Buches sichtbar werden, wie dieses historische Wissen um die Gestalt des Patriarchen für die heutige Begegnung mit ihr in unterschiedlichen Kontexten nutzbar gemacht werden kann. Den Hauptgegenstand meiner Betrachtung bilden das antike Judentum und das frühe Christentum. Sie schreckt aber nicht davor zurück, auch weiter in die Vergangenheit zurückzugehen oder den Blick auf den sich ab der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts nach der Zeitenwende formierenden Islam sowie die rabbinische Literatur zu werfen. Auch wenn Neugierde für das Unbekannte, Objektivität und ein historisch-kritischer Umgang mit den Quellen stets die Prämissen waren, an denen ich mich orientiert habe, so sind unbewusste Schwerpunktsetzungen bei den Betrachtungen zu Abraham vermutlich unumgänglich. Daher ist gleich zu Beginn festzuhalten, dass dieses Buch von einem evangelisch-lutherischen Neutestamentler in einer protestantisch geprägten Reihe veröffentlicht wurde. Trotzdem soll diese Studie gerade auch als Gesprächsangebot an Personen außerhalb dieser Tradition verstanden werden, über Abraham als Leitbild für das Leben nachzudenken.“ (7)

 

Die uralten Menschheitserfahrungen und die facettenreichen Impulse der Psalmen intendiert Michael Feil mit seinem persönlichen, im Verlag Katholisches Bibelwerk(460-33105-1) veröffentlichten Buch Mit Psalmen durch den Alltag zu entdecken: „Dieses Buch soll eine Einladung sein, sich mit den Psalmen zu befassen und sie zu verkosten, in etwa so, wie man Wein verkostet: sich darauf einlassen, wie die milden und gefälligen Aromen sich entfalten, aber auch die herben und holzigen. Man spürt, was die Zunge pelzig macht und was dem Gaumen schmeichelt. Und ja, dabei darf man auch entscheiden, was man lieber gleich wieder ausspuckt und was Appetit auf mehr macht – und vor allem: was geistige Nahrung bietet. Man kann das regelmäßig tun, zum Beispiel zu einem festen Zeitpunkt in der Woche – gerade so, wie das gepflegte Glas Wein am Sonntagabend. Ich habe 52 Psalmen ausgewählt, sodass man auf diese Weise durch ein ganzes Jahr kommt. Man kann das Buch aber natürlich auch mit einem anderen Rhythmus lesen oder je nach Thema und Interesse darin blättern. Zu jedem dieser 52 Psalmen habe ich einige Gedanken als Anregung aufgeschrieben. Sie greifen oft nur einen Aspekt des Psalms heraus, an dem ich beim Psalmenlesen hängen geblieben bin. Andere Aspekte bleiben unbesprochen oder spielen vielleicht bei einem anderen Psalm eine Rolle.“ (12)

Christine Christ-von Wedel erzählt in ihrem im Theologischen Verlag Zürich (290-18432-2) erschienenen, mit fast 840 Seiten beeindruckenden Erzählbuch Die Bibel in Geschichten. Neu nacherzählt für Kinder und Erwachsene mehr als 180 biblische Geschichten kindgerecht und in überraschenden Perspektiven. Zahlreiche Fotos und Abbildungen von Schauplätzen und Realien sowie vier Landkarten veranschaulichen zusätzlich die biblische Umwelt. Sie schreibt im Vorwort: „„Nun sind die für die Publikation gründlich überarbeiteten und ergänzten Geschichten – angelehnt an die Reihenfolge der biblischen Bücher – zusammengestellt. Ester und Hiob, die nur schwer in die Geschichte Israels einzuordnen sind, stehen nach Daniel und beschließen mit Jona das Alte Testament. Die Erzählungen können hintereinander oder in beliebiger Reihenfolge oder auch einzeln gelesen werden. Empfehlenswert wird sein, beim fortlaufenden Lesen oder Nacherzählen die vier Evangelien in die alttestamentlichen Bücher einzuschieben und mit Markus zu beginnen, etwa nach den Geschichten von Abraham, Jakob und Josef, dann nach dem Richterbuch Matthäus, nach den Davidsgeschichten Lukas und schließlich Johannes nach den letzten alttestamentlichen Erzählungen. Die Geschichten eignen sich zum Vorlesen oder zum Nacherzählen in der eigenen Mundart, die kurzen Einleitungen zu jedem Kapitel sind nicht zum Vorlesen gedacht, sondern als knappe Einführung und Anregung für Interessierte. Biblische Begriffe wie Erbarmen, Gnade, Sünde oder Herr für den Namen Gottes wurden nicht vermieden, sie werden vielmehr unmerklich in den Geschichten eingeführt, um eine spätere Lektüre der Bibel und christlicher Texte zu erleichtern. Die biblischen Eigennamen sind in der Regel nach den ökumenischen Loccumer Richtlinien wiedergegeben, wie das Werk überhaupt ökumenischem Geist verpflichtet ist. Wie die Rabbinen, die die alttestamentlichen Texte sammelten, und wie die christliche Kirche, die den Kanon zusammenstellte, belassen die hier vorgelegten Geschichten die Texte in ihrer ganzen zuweilen widersprüchlichen Vielfalt. Die Bibel berichtet in Erzählungen, in Poesie und eindringlichen Reden von der Geschichte des Volkes Israel, dem Leben Jesu Christi und dem Werden der christlichen Kirche. In diesen Texten, die auf den Lebens- und Glaubenserfahrungen verschiedener Menschen in verschiedenen Zeiten beruhen, mag heute manches befremden, weil die Menschen vor zweitausend oder gar dreitausend Jahren andere Sichtweisen hatten als wir heute. Die Erzähler berichteten in der Art ihrer Zeit und aufgrund ihrer Lebensweise und ihrer Kenntnisse, die sich von unseren unterscheiden und die sich auch in dem langen Zeitraum änderten, in dem die Texte entstanden. So kennt die Bibel zwei voneinander abweichende Schöpfungsberichte. So brachte auch das Volk Israel, genauso wie seine Nachbarvölker, Gott rituelle Dank- und Sühneopfer dar, während einige Propheten und insbesondere Jesus Christus und die Apostel den Opferkult kritisierten. So spricht das hebräische Buch Ester von Gottes Handeln, ohne von Gott zu reden, während in anderen biblischen Büchern Gott zu den Menschen spricht und Wunder wirkt. Die vorgelegten Geschichten versuchen nicht, diese Vielfalt zu harmonisieren. Vielmehr versuchen sie gerade, in dieser Vielfalt umso eindringlicher die Hauptbotschaft der Bibel aufleuchten zu lassen: Der ewige Gott wirkt in der vergänglichen irdischen Welt. Er hat sie erschaffen und er erhält sie. Er spricht zu den Menschen. Er sandte ihnen Propheten und wurde in Jesus Christus selbst ein Mensch an ihrer Seite und zu ihrem Heil.“ (19f.)

Ganz andersartige Zugänge zu biblischen Inhalten bieten die folgenden fünf Neuerscheinungen an: 1. Die niederländische Illustratorin, Cartoonistin und Autorin Willeke Brouwer legt im Herder Verlag (451-71655-3) Die Bibel – Graphic Novel in der Übersetzung von Sabine Reinhardus vor. Sie zeichnet und erzählt 50 spannende Geschichten aus dem Alten und Neuen Testament – humor- und respektvoll und mit vielen historischen Fakten, die es ermöglichen, tief in die biblische Zeit einzutauchen. Sie fordert die Betrachtenden auf: „Komm mit auf die Reise mutiger Männer und Frauen aus der Bibel. Erlebe die schönen und überraschenden Ereignisse ihres Lebens, aber auch ihre Anspannung, ihren Kampf und ihre Zweifel. Tauche ein in die Hitze der Wüsten, kämpfe gegen Hunger und Durst, sei mutig, höre den alten Propheten zu und staune über so manches Wunder!« 2. Im Verlag Deutsche Bibelgesellschaft (438-04663-5) ist Das Mega Buch – Bibelgeschichten. Das Neue Testament mit Geschichten, Escape Game-Rätseln und knallbunten Illustrationen erschienen. Lesende werden auch hier direkt angesprochen: „In diesem Megabuch ...

... findest du Geschichten aus dem Neuen Testament der Bibel. Darin geht es vor allem um Jesus und die Menschen, denen er begegnet ist. Mit dem Megabuch kannst du die Geschichten aus der Bibel anders und neu entdecken. Blättere einfach durch das Buch und fang da an, wo du hängenbleibst. Mit dem Megabuch kannst du die Geschichten aus der Bibel anders und neu entdecken. Blättere einfach durch das Buch und fang da an, wo du hängenbleibst. Im Megabuch werden diese Bibelgeschichten nicht nacherzählt, sondern anders erzählt. Stell dir vor, es hätte zur Zeit von Jesus bereits Handys gegeben. Welche Selfies hätten die Menschen gemacht, die Jesus begegnet sind? Was wäre, wenn es ein Stickeralbum mit den Freundinnen und Freunden von Jesus gegeben hätte? Welche Sticker müssen eingeklebt werden? Wie sähe es aus, wenn du an einem Escape Game teilnehmen könntest und dabei Paulus aus seinem Arrest in Rom befreist? Oder das Reisetagebuch von Timotheus liest? Was hätte damals in Jerusalem in der Zeitung gestanden? Im Megabuch kommt auch „echter" Bibeltext vor.“ (5) 3. Ebenfalls im Verlag Deutsche Bibelgesellschaft (438-04767-0) hat

Hannah Oblau mit Illustrationen von Marijke ten Cate Meine 15 wertvollsten Bibelgeschichten veröffentlicht. Das Buch möchte dezidiert biblische Werte weitergeben und gibt im Anhang für Erwachsene Lesehilfen, zum Beispiel zur Geschichte „Gottes wertvolle Welt“: „Wertschätzung hat mit Anerkennung, Achtung und Würdigung eines Gegenübers zu tun. Sie drückt sich in Respekt, Aufmerksamkeit und Achtsamkeit im Umgang aus. In der biblischen Schöpfungserzählung wird ein Gott sichtbar, der sich wert-schöpfend und wertschätzend in Beziehung zur Welt und zu den Menschen setzt. Mit großer Hingabe ruft Gott die Welt ins Dasein. Diese Wahrnehmung der Welt als Schöpfung Gottes hat Konsequenzen für das menschliche Handeln. Der Mensch trägt Verantwortung für einen rücksichtsvollen Umgang mit Gottes Schöpfung. Heute sind Ökologie und Nachhaltigkeit angesichts der Folgen des weltweiten Klimawandels wichtige Themen. Kinder machen Erfahrungen mit der beeindruckenden Ordnung der Natur und mit ihrer überwältigenden Gewalt, mit ihrer Schönheit und auch ihrer Grausamkeit. Und zugleich machen sie Erfahrungen mit sich selbst und ihrer Freiheit zum Guten und zum Schlechten. Wenn wir Kindern heute die biblische Schöpfungserzählung nahebringen, ermöglichen wir ihnen einen wertschätzenden Blick auf die Welt und Wirklichkeit, auf sich selbst, auf die Mitmenschen und Mitgeschöpfe und auf die Natur und Umwelt. Dieser Blick eröffnet ihnen einen verantwortlichen Umgang mit der Welt, in der sie leben.“ (72) 4. Margot Käßmann hat mit Illustrationen von Carla Manea im Herder Verlag (451-71688-1) Die Bibel für Kinder publiziert. Sie beschreibt im Vorwort einfühlsam ihre Absicht: „Kindern die Bibel nahebringen ist eine wunderbare Aufgabe. Ich wünsche mir, dass Eltern, Großeltern und Paten, Mitarbeitende in Kindertagesstätten und Kindergottesdiensten das gern und intensiv tun. Zum einen führt es Kinder hinein in den christlichen Glauben, der seit Jahrtausenden überliefert ist. Sie lernen die großen Gestalten der Bibel und die Geschichten von Gottvertrauen kennen, die Generationen geprägt haben. Zum anderen wird so auch ein Grundverständnis unserer Kultur gelegt.

Wie wäre denn Literatur, Architektur, Kunst und Musik in Europa zu begreifen, wenn Menschen keinerlei biblisches Wissen hätten? Ich bin überzeugt, diese Geschichten beheimaten uns im Glauben und in der Kultur. So hoffe ich, dass Menschen sich Zeit nehmen, die Bibel mit Kindern zu entdecken. Das müssen nicht lange und mühselige Exkursionen sein. Auf Grundlage der englischen Kinderbibel The Children's Bible habe ich in Anlehnung an Sally Ann Wright hundert zentrale Geschichten der Bibel nacherzählt. Das Ganze war spannend für mich selbst. Wie etwa zählen wir die Gebote? Das ist durchaus umstritten. Und soll Psalm 23 aus der Lutherübersetzung zitiert werden, wie ihn viele auswendig kennen, oder ist eine Anregung besser, mit den Eltern, Paten oder Lehrern den Psalm in der Bibel zu suchen? Das Gleiche gilt für die Seligpreisungen im Neuen Testament, die ich weiterhin in der Lutherübersetzung am schönsten finde. Ganz einfach ist es auch nicht zu entscheiden: Was können wir einem Kind zumuten an grausamen Geschichten, wie es sie in der Bibel nun einmal gibt, was ist zu schwierig und unverständlich und wo dürfen wir andererseits nicht ausweichen? Muss nicht in den Erzählungen der Evangelien deutlicher gemacht werden, wie sehr Jesus auch abgelehnt wurde, damit klar wird, warum er verhaftet wurde? Der Kreuzigung auf jeden Fall können wir nicht ausweichen, sie ist zentral für den christlichen Glauben. Dabei war mir auch wichtig, dass Petrus sich schämt und weint, das kann nicht übergangen werden. Beim Schreiben habe ich mir vorgestellt: So hätte ich die Geschichten meinen vier Töchtern erzählt, als sie klein waren. Ich fände ein kleines Ritual gut: jeden Abend eine Geschichte. Und dann ein kurzes Gespräch über das Gelesene. Den Kindern werden sich die großen Gestalten der Bibel einprägen in diesen Erzählungen von Sara und Jakob, von Rahab und Samuel, von Jesus und Maria – davon bin ich überzeugt. Solche Beheimatung im Glauben gibt Kindern, dann Jugendlichen und schließlich Erwachsenen eine Behausung im Leben, die Geschichten und Worte der Bibel sind lebendig und schenken eine Haltung, die Menschen stark macht. Weil sie eine gute Nachricht kennen, die alle anderen Neuigkeiten übertönt.“ (8f.) 5. In einer vollständig neu bearbeiteten Ausgabe haben Beate Ego, Ulrich Heckel und Christoph Rösel im Verlag Deutsche Bibelgesellschaft (438-03333-8) die grandiose Stuttgarter Erklärungsbibel. Lutherbibel mit Einführungen und Erklärungen mit 2210 Seiten herausgegeben.Im Vorwort zu ihrem Standardwerk schreiben sie: „Rechtzeitig zum 500-jährigen Jubiläum der Reformation wurde im Oktober 2016 die revidierte Lutherbibel 2017 veröffentlicht. Durch diese Revision wurde auch eine Überarbeitung der Stuttgarter Erklärungsbibel notwendig, die sich seit ihrem ersten Erscheinen 1992 in Studium, theologisch-religionspädagogischer Praxis und persönlicher Bibellektüre fest etabliert hat.

Wir freuen uns sehr, dass diese Studienbibel jetzt in einer vollständig neu bearbeiteten Ausgabe vorliegt. Die bewährten Qualitätskriterien der Stuttgarter Erklärungsbibel wurden beibehalten und fortgeführt. Sie bietet fundierte historische und theologische Einführungen zur Entstehung der Bibel, zum Schriftverständnis und zu den einzelnen Büchern sowie Kommentare zum kompletten Bibeltext, einschließlich der Apokryphen, und passt doch in einen Band. Sie ist auf dem aktuellen Stand der Bibelwissenschaft und präsentiert die relevanten Ergebnisse allgemeinverständlich und theologisch ausgewogen. Sie konzentriert sich auf Wesentliches und wird gerade dadurch zu einem wertvollen und gerne verwendeten Hilfsmittel. Bibeltext und Kommentar sind durch unterschiedliche Schriftgrößen und Schriftarten deutlich voneinander unterschieden. Einführungen und Inhaltsübersichten zu allen biblischen Büchern sowie ein Anhang mit ausführlichen Sach- und Worterklärungen, Landkarten, Zeittafel u.a.m. sorgen für zusätzliche Orientierung. Im Rahmen der jetzt vorgelegten Überarbeitung der Stuttgarter Erklärungsbibel wurden die Erklärungen nicht nur an den revidierten Text der Lutherbibel 2017 angepasst, sondern von Fachleuten aus der deutschsprachigen Bibelwissenschaft gründlich durchgesehen und an vielen Stellen völlig neu erarbeitet. Auch die Erklärungen, die übernommen wurden, entsprechen dem Stand der Wissenschaft. Widmungen in Bibelausgaben enthalten häufig die Wendung »Zum gesegneten Gebrauch«. Das ist es, was wir auch der Stuttgarter Erklärungsbibel wünschen. Wer sie zur Hand nimmt, soll dadurch den biblischen Text und seine Botschaft besser verstehen und erschließen können. So soll sie dazu beitragen, dass das Evangelium von Jesus Christus auch heute Menschen bewegt und verändert.“ (5)

4  Andere theologische Disziplinen

In der Reihe „Grundwissen Theologie“ hat Martin Breul im Verlag Brill/ Schöningh als UTB (8252-6065-1) den Band Schöpfung erarbeitet. Er bietet eine systematisch orientierte Einführung in die Grundlagen des Schöpfungsglaubens. Zugleich „adressiert es viele aktuelle Herausforderungen dieses Glaubens, da die Schöpfungs-theologie nicht nur für den innertheologischen Diskurs von Interesse ist, sondern auch relevante Inhalte für den öffentlichen und politischen Diskurs bereitstellt. Das Buch hat neun Hauptkapitel, von denen diese Einleitung das erste ist. Im Anschluss werden wir uns biblische Schöpfungsnarrative und theologiegeschichtliche Entwicklungen anschauen, die den Wurzelgrund der Entstehung des christlichen Schöpfungsglaubens bilden und die für ein zeitgemäßes Verständnis dieses Glaubens unverzichtbar sind (1). Nach dieser biblisch und historisch angelegten Einführung in das Schöpfungsdenken folgt das zweite Kapitel, in dem in systematischer Perspektive die Rede von der Schöpfung des Universums durch Gott entfaltet wird und ebenso herausgestellt wird, was Schöpfung nicht bedeutet – dies ist wichtig, um herauszuarbeiten, weshalb der Schöpfungsglaube nicht quer zu einer naturwissenschaftlich geprägten Weltsicht oder zu einer säkularen Moderne steht, sondern einen legitimen und sinnvollen Platz in ihnen hat (2). Diese grundlegende Einsicht wird in den dann folgenden Kapiteln vertieft. Das dritte Kapitel widmet sich dem Verhältnis von Schöpfungstheologie und Naturwissenschaft und argumentiert dafür, dass sowohl ein Naturalismus, der den Schöpfungsgedanken für überholt hält, als auch ein kosmologisches Denken, welches Schöpfungserzählungen als Konkurrenzprodukte zu empirischen Erklärungen betrachtet, keine haltbaren Positionen sind (3). Das vierte Kapitel untersucht die Rede vom ,Schöpfungshandeln' Gottes näher und führt in einige Grundunterscheidungen der Debatte um das besondere Handeln Gottes ein, die wichtig sind, um näher zu verstehen, was eine Rede vom Schöpfungshandeln Gottes bedeuten kann (6). Das fünfte Kapitel weitet den Fokus und prüft die Konsequenzen bestimmter schöpfungstheologischer Ansichten für die Gotteslehre im Ganzen. Dabei stehen insbesondere die drei Optionen des Personalen Theismus, des Klassischen Theismus und des Panentheismus im Fokus, die abschließend ins Gespräch mit der Trinitätstheologie gebracht werden (5). In den folgenden beiden Kapiteln werden gegenwärtige Bezugsdebatten der Schöpfungstheologie in den Mittelpunkt gerückt: Zum einen schauen wir uns die gegenwärtige Debatte über die (Un-)Zulässigkeit eines Anthropozentrismus in der Schöpfungstheologie an (6), zum anderen werden gegenwärtige Herausforderungen der Schöpfungstheologie – konkret: die Klimakrise, die Digitalisierung und der Transhumanismus – thematisiert (7). Das Buch schließt mit einem kurzen Epilog, welcher die Rationalität der Rede von der Gegenwart Gottes in seiner guten Schöpfung herausstellt und dafür plädiert, das grundsätzliche Bejahtsein des Lebens im Universum als gleichermaßen existenziell wie gesellschaftlich tragfähige Grundbotschaft des Christentums stärker in den Mittelpunkt zu rücken.“ (14f.) Eine gelungene Einführung in Geschichte und Gegenwart des Schöpfungsglaubens.

 

Alte Kirche. Entwicklungen – Kontexte – Vermittlung lautet der Titel eines umfangreichen Lehr- und Arbeitsbuchs, das Kurt Erlemann imNarr Francke Attempto Verlag als UTB (8252-6194-8) angefertigt hat. Der Verfasser schreibt im Vorwort über Intention und Inhalt: „Die ersten fünf Jahrhunderte Christentumsgeschichte waren für die weitere Entwicklung der Kirche entscheidend. So sind die Bekenntnisse der ersten vier ökumenischen Konzilien die gemeinsame Glaubensgrundlage aller Konfessionen bis heute. Die heutige Struktur, Lehre und Praxis der Kirche(n) sind das Ergebnis zahlreicher Konflikte und Diskurse mit der nichtchristlichen Umwelt, mit konkurrierenden Religionen und abweichenden Lehrmeinungen. Die zahlreichen Wechselwirkungen zwischen äußeren Impulsen und Reaktionen der Alten Kirche stehen im Fokus des Buches. Dementsprechend ist der Stoff nicht nach Themen, sondern nach Jahrhunderten geordnet. Der Band bietet ein breites Spektrum an Einzelaspekten – von der äußeren politischen Entwicklung des Römischen Reiches und seiner Nachbarn über konkurrierende Weltanschauungen, innerkirchliche Strukturen, theologische Debatten und Literaturbildung bis hin zu Einzelporträts wichtiger Personen jener Zeit. Das Buch vereinigt Impulse aus Alter Geschichte, Patristik, Theologie und biblischer Zeitgeschichte. Damit bietet es ein lebendiges Porträt jener Zeit mit all ihren Verflechtungen und Wechselwirkungen.“ (13) Ein hilfreiches Fach- und Lehrbuch.

Ein eindrucksvolles Einführungswerk legen Birgit Heller und Edith Franke mit ihremim Verlag De Gruyter (11-069340-9) herausgegebenen voluminösen Band Religion und Geschlecht vor, der der Religionsgeschichte einen breiten Raum gibt und einen Überblick über den Kernbestand der Forschung bietet, die seit vielen Jahren zu zahlreichen religiösen Traditionen erarbeitet wurde: „Auf dieser Basis wurden zum einen zentrale systematisch-vergleichende Themen und zum anderen gesellschaftliche Brennpunkte ausgewählt, um gemeinsame Linien nachzuzeichnen, die sich durch verschiedene Religionen ziehen, aber auch um Aspekte hervorzuheben, die jeweils spezifische Akzente setzen und Unterschiede deutlich machen. Mit einem ausführlichen Kapitel zur methodologischen und theoretischen Grundlegung möchten wir sowohl einen Überblick zur Entwicklung und zu wichtigen Themen der religionswissenschaftlichen Forschungen und Debatten in diesem Feld geben als auch unsere eigene Position transparent machen und zur Diskussion stellen.“ (8) Zum Inhalt und Aufbau des Buches schreiben die beiden Religionswissenschaftlerinnen: „Im ersten Teil wird die methodologische und theoretische Basis für einen Paradigmenwechsel in der Erforschung der Religionen aus einer geschlechterdifferenzierenden Perspektive gelegt. Die Teile II und III behandeln Fragestellungen und Themen der Frauen-, Männer- und Geschlechterforschung zum einen im Kontext der Religionsgeschichte und in Teil III zum anderen aus einer vergleichend-systematischen Perspektive. Die einzelnen Beiträge zur Religionsgeschichte im Teil II beziehen sich – soweit die erforderliche Kompaktheit es zulässt – auf die folgenden thematischen Vorgaben, um Vergleiche zwischen religiösen Traditionen zu ermöglichen: - Status und Rollen von Frauen, Männern und weiteren Geschlechtern, - Frauenbilder, Männerbilder und Bilder, die mit einem ,dritten´ Geschlecht oder weiteren Geschlechtern verknüpft sind, - Frauen als religiöse Subjekte, - Geschlechterbeziehungen/Sexualität, - Egalisierungstendenzen sowie Geschlechtsspezifische Transzendenz-Vorstellungen. Auf Basis der religionsgeschichtlichen Befunde werden in Teil III zentrale systematische Konzepte behandelt, die Zusammenhänge und Unterschiede zwischen verschiedenen religiösen Traditionen hinsichtlich der Konstruktion, Idealisierung und Normierung von Geschlecht sichtbar machen. Die Vielfalt des Materials erfordert Schwerpunktsetzungen. So werden zentrale Themen an ausgewählten Beispielen illustriert, die zumindest teilweise als repräsentativ gelten können, weil sie weit verbreitete inhaltliche Motive, Stereotype oder ähnliche Argumentationsstränge enthalten und Muster erkennen lassen, die über einzelne Religionen hinausgehen. Die Breite religionsgeschichtlicher Traditionen wird dadurch zwar nicht abgebildet, aber es werden Denkanstöße gegeben, die durch weitere Beispiele ergänzt und modifiziert werden können. Aus der Vielfalt der Zugänge zum Thema Religion und Geschlecht erweisen sich die ,großen' Religionen der Gegenwart als besonders relevant, da diese weltweit am einflussreichsten sind, Ansprüche auf absolute, teilweise universale Gültigkeit erheben und – nicht zuletzt in Bezug auf Geschlechterrollen, Geschlechternormen und Geschlechterbeziehungen – häufig in aktuellen öffentlichen Debatten präsent sind. In Teil IV richtet sich der Fokus auf die gesellschaftliche Relevanz religions-wissenschaftlicher Geschlechterforschung. Prinzipiell ist von einer Verflechtung und wechselseitigen Beeinflussung von Sozialstruktur und Religion in Geschichte und Gegenwart auszugehen; soziale Ordnung und religiös sanktionierte Ordnung können sich jedoch auch auseinanderentwickeln. In diesem Fall führen soziale Veränderungen zur Entwicklung eines Problembewusstseins für die religiös motivierten und/oder legitimierten Formen geschlechtsspezifischer Diskriminierung und sexueller Gewalt. Umgekehrt können religiöse Vorstellungen und Überzeugungen in Hinblick auf Geschlechtsegalität auch Sozialkritik anstoßen und gesellschaftliche Umbrüche initiieren und unterstützen. Wechselbeziehungen zwischen Religion und Gesellschaft, die maßgeblich geschlechtsspezifisch geprägt sind, lassen sich in vielen Bereichen feststellen und werden in diesem Band exemplarisch für Kleidung, Bildung, Medien und Migration beschrieben. In den modernen multikulturellen und multireligiösen Gesellschaften sind bedeutende Handlungs- und Praxisfelder in der interkulturellen Bildungsarbeit und im Rahmen der Integration von Migrant*innen entstanden. In diesem Zusammenhang sind die Kenntnis und Reflexion der normativen religiösen Geschlechter-Konzepte und ihrer Bedeutung für soziokulturelle Identitätsprozesse unabdingbar. Zwischen den einzelnen Konzepten in Teilen III und IV gibt es etliche Querverbindungen, viele Themen lassen sich unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachten und können mehr als einem Konzept zugeordnet werden. So stellt etwa die ‚unwissende Frau´ zum einen ein Geschlechtsstereotyp dar, das aber unter anderem auch Bildungsverbote für Frauen rechtfertigt, die als Form geschlechtsspezifischer Gewalt thematisiert werden. Im abschließenden Teil V werden wesentliche Perspektiven, methodologische Postulate und Leitkategorien für eine geschlechtersensible Religionsforschung zusammengefasst.“ (9f.) Ein neues Standardwerk!

Michael Utsch und Sarah Demmrich haben im Verlag Brill/ Vandenhoeck als UTB (8252-6056-9) eine lesenswerte Einführung in die Religionspsychologie mit dem Titel Psychologie des Glaubens erarbeitet. Sie richtet sich an Interessierte und Professionelle, „die die psychologischen Vorbedingungen und Auswirkungen des Glaubens besser verstehen wollen. In einer weltweit angespannten gesellschaftlichen Lage, die von vielen globalen und individuellen Unsicherheitsfaktoren bedroht wird und bei vielen Menschen Stressreaktionen sowie Ängste vor Kontrollverlust erzeugt, zeigt die Förderung der Glaubensfähigkeit neue Lösungsmöglichkeiten auf. Das Buch ist sowohl zum Eigenstudium als auch in der Weiterbildung geeignet. Der didaktische Rahmen jedes Kapitels mit Lernzielen, Erschließungsfragen und Literaturempfehlungen soll die Beschäftigung mit der Stofffülle erleichtern. In der Rubrik »Persönliche Vertiefung/Selbsterfahrung« laden grundsätzlichere Fragen am Ende jedes Kapitels dazu ein, sich persönlich auf einzelne Aspekte einzulassen, sich emotional berühren zu lassen und zu reflektieren. In einer geeigneten Runde können diese Fragen auch ausgetauscht werden und damit intensivere Selbsterfahrungsprozesse anstoßen. Um die emotionalen Zugänge zum Thema zu verstärken und auch die Seitengestaltung aufzulockern, wurden Grafiken und Abbildungen erstellt, die das Gesagte veranschaulichen. Manche Inhalte lassen sich durch treffende Zeichnungen einprägsamer vermitteln als durch langatmige Erklärungen. Das Buch untersucht den Glauben systematisch in drei Teilen: - Teil I stellt psychologische Anknüpfungspunkte zum Glauben her und liefert Definitionen. - Teil II beleuchtet Glaubensphänomen aus der psychologischen Außenperspektive. - Teil III ergänzt diese durch subjektive Innenperspektiven persönlicher Erfahrung. Teil I beginnt mit dem psychologischen Begriff des Glaubens in Abgrenzung zu verwandten Konzepten (Kapitel 1). Glauben ist deshalb menschlich, so wird argumentiert, weil existenzielle Fragen, das Scheitern und Sinnkrisen zum Leben gehören (Kapitel 2). Als eine große existenzielle Herausforderung wartet am Ende jeden Lebens das Abschiednehmen und Sterben (Kapitel 3), das bei einer angemessenen Vorbereitung allen Beteiligten viel leichter fällt und seinen Schrecken verlieren kann. Teil II, der Hauptteil, erläutert die Glaubensmöglichkeit aus unterschiedlichen fachlichen Perspektiven in sechs Kapiteln. Behandelt werden evolutions- und neuropsychologische Zugänge, sozialpsychologische Ansätze sowie die Entwicklungspsychologie des Glaubens. Krankmachende Aspekte und heilungsfördernde Ansätze werden ebenso dargestellt. In jedem dieser Kapitel werden die relevanten Forschungsergebnisse erläutert, Begriffe definiert, Zusammenhänge mit anderen psychologischen Dimensionen hergestellt und Folgerungen gezogen. Teil III blickt auf die subjektive Seite des Glaubens. Die subjektive Erfahrungsdimension ist gerade beim Glauben bedeutsam, weil dieser tief in der Emotionalität und dem Selbstbild des Menschen verwurzelt ist. Außergewöhnliche Erfahrungen, wie sie beispielsweise beim Meditieren auftreten, verlangen nach Erklärungen. Häufig kommt da irgendeine Form der Deutung und des Glaubens ins Spiel (Kapitel 10). In manchen Lebensgeschichten wurde die Glaubens-fähigkeit durch rigide Erziehung und ein angstvolles Gottesbild verdunkelt und beeinträchtigt (Kapitel 11). Welche Rolle der Glaube bei der Identitätsbildung übernehmen kann und welchen Einfluss darauf Bekehrungserfahrungen nehmen, stellt das Kapitel 12 dar. Der abschließende Ausblick plädiert für einen reflektierten Glauben, weil eine solche Form dem Gemeinwohl dient und damit vor allem die Gefahren der sozialen Isolation, Depression und Einsamkeit vermindert.“ (20f.)

Mission in Film und Literatur. Band 2: Grenzüberschreitungen: Plots – Akteur:innen – Kontexte haben Klaus Hock, Claudia Jahnel und Klaus-Dieter Kaiser die von ihnen in der Evangelischen Verlagsgesellschaft Leipzig (374-07542-3) herausgegebene Veröffentlichung der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie überschrieben. Einleitend schreiben sie zum Thema Mission in Film und Literatur: „Erzählungen von Grenzüberschreitungen sind in Literatur und Film nicht selten. Sie sind aber geradezu unvermeidbar, wenn es um Mission geht. Das gilt für Werke, die Mission in einem engeren Sinn verstehen, wie es etwa in Martin Scorceses Silence (2016) und der Buchvorlage von Shusaku Endo (1966) oder in The Mission von Roland Joffé (1986) der Fall ist. Doch Grenzüberschreitungen sind auch zentral in Büchern und Filmen, die ein eher weites Verständnis von Mission konstruieren: In Dune beispielsweise fließen fluide, von konkreten Religionsformationen abstrahierende, aber doch religionsaffine Elemente zusammen; in Avatar geht es – unter anderem – um eine ökologische vs. eine ökonomische ›Mission‹.“ (7) Der Fokus richtet sich im zweiten Band auf den Aspekt der Grenzüberschreitungen: „Wer überschreitet welche Grenzen? Wessen Grenzen werden wie überschritten? Wie und durch wen werden diese Grenzen überhaupt definiert – wer hat hier die Deutungsmacht? Welche Praktiken (Rituale, Konversionen ...) sind grenzüberschreitend? Wie beschreibt/erzählt der/die Autorin oder Regisseur:in aus der Außenperspektive die Grenze und Grenzüberschreitungen? Inwiefern lassen sich Grenzüberschreitungen ausmachen, die für Missionserzählungen spezifisch sind? Wie wirken die Grenzüberschreitungen in den Genres (etwa von Buch zu Film oder von Graphic Novel zu Serie) mit erzählten Grenzüberschreitungen zusammen?“ (7) Zusammenfassend bemerken die Herausgebenden: „Die exemplarischen Analysen von fiktionalen und nichtfiktionalen Werken der Literatur und des Films in diesem Band zeigen die Notwendigkeit eines Forschungsansatzes, der die Grenzen der Disziplinen überschreitet. Die literatur-, film- und medienwissenschaftlichen Perspektiven bereichern die Diskurse und Erkenntnisse in Missionstheologie und Interkultureller Theologie. Durch die Grenzüberschreitungen zwischen den jeweiligen Wissenschaften und den damit verbundenen Perspektivwechseln ergeben sich neue Fragestellungen in der Forschung. Worin bestehen das Spezifische und der Mehrwert literarischer bzw. filmischer Erzählungen über das Thema »Mission« sowohl im engeren wie auch im weiteren Sinn? Welche Zuspitzungen und Einseitigkeiten sind so möglich, die sich bei einer differenzierten und distanzierten Forschung verbieten – und dennoch einen Erkenntnisgewinn haben? Durch die Fiktionalisierung mittels literarischer und filmischer Werke wird einerseits eine subjektive und individuelle Sicht der Autor:innen in die missionstheologischen Debatten eingetragen. Literatur und Film sind – anders als die theologische und historische Wissenschaft – dazu imstande, sowohl einseitige Deutungen vorzunehmen als auch offene und sogar leere Räume zu schaffen, die von den Rezipient:innen diskutiert oder gefüllt werden können. Kunst vermag in anderer Weise als die Wissenschaft Verunsicherungen nicht nur zuzulassen, sondern bewusst zu provozieren. Andererseits wird durch Film und Literatur ein breites und heterogenes Publikum angesprochen. So entstehen Bilder und Sichtweisen auf die Ambivalenzen der Missionsgeschichte, die wiederum eine eigene Wirkmächtigkeit entfalten und so Rückkopplungseffekte auf die wissenschaftliche Forschung haben. Es findet eine weitere Grenzüberschreitung statt: zwischen Wissenschaft und Populärkultur. Die Diskurse um die Deutungsmacht sind immer auch kulturelle Auseinandersetzungen. Was dies im Einzelnen für beide Seiten, die Wissenschaft und die Kunst, bedeutet, bedarf einer vertiefenden und dann auch systematisierenden Forschung.“ (15)

5  Bilder- und Kinderbücher

Ein sehr poetisches Willkommensbuch für Kinder ab vier Jahren und alle werdenden  Eltern und Großeltern ist der französischen Autorin und Illustratorin Claire Lebourg gelungen: Mit dir ist mit der Übersetzung von Anja Kootz im Aladin Verlag (8489-0228-6) erschienen. „Am Tag, als du geboren wurdest, war das Wetter schön … genau so. Ich hielt dich im Arm und unser gemeinsames Leben begann …genau so. Dein erstes Lachen! Ich fühle mich … genau so. (…) Das Leben mit dir ist schön … genau so.“ Anne-Christin Plate hat im NordSüd Verlag (314-10675-0) mit Die Blumenfrau ein Buch für Kinder ebenfalls ab vier Jahren über Menschen geschrieben und gezeichnet, denen wir täglich auf den Wegen durch die Stadt begegnen. Menschen, die wir nicht kennen und die doch zu unserem Alltag gehören. „Das ganze Jahr sitzt die Blumenfrau an ihrem Platz. Die meisten Menschen eilen einfach an ihr vorbei. (…) Aber es gibt einen Menschen, mit dem es anders ist. Die Blumenfrau freut sich, wenn er zwischen den Passanten auftaucht. Das ist Wanja. (…) Doch dann ist alles anders. Seit Tagen schon ist der Platz leer, an dem die Blumenfrau immer saß. Wo kann sie nur sein? Wanja kennt nicht einmal ihren Namen.“ Zum Nachdenken und Philosophieren über das große Thema Zeit lädt das im Verlag Bohem Press (95939-208-2) veröffentlichte Bilderbuch Zeit ist eine Blume von Julie Morstad in der Übersetzung von Kathrin Bögelsack Kinder ab vier Jahren ein. „Zeit ist das Tick, Tick, Tack und das Klack und Kuckuck! Zeit, das sind Ziffern, sind Zahlen und Worte im Wandkalender. Aber was ist Zeit noch?“. Mit dem Hinweis auf konkrete Dinge –  u.a. Zeit ist Blume, Baum, Netz, Kiesel, Schmetterling u.v.m. – und mit anschaulichen Zuschreibungen – „Zeit ist ein Gesicht. Seine Falten und Formen verändern sich, Stück für Stück, Jahr für Jahr“ – nähert sich die kanadische Autorin und Illustratorin dem Phänomen Zeit auf eine poetische Weise. Tobias Krejtschi hat in seinem bei Ars Edition (8458-5269-0) erschienenen Bilderbuch für Kinder ab fünf Jahren und Erwachsene das anschauliche und nachdenkliche Bilderbuch Manchmal ist da einer über friedliches und gestörtes Zusammenleben getextet und illustriert. „Die meisten von uns möchten glücklich mit allen zusammenleben. Viele wollen einfach nur ihre Ruhe. Aber manchmal ist da einer, der will keinen Frieden. Einige wehren sich. Andere fliehen. Oft gibt es einen, der noch stärker ist.“ Ein sensibles Plädoyer für Miteinanderreden, gegenseitiges Verstehen und Verstandenwerden sowie für den täglichen Beitrag aller Menschen dazu: „Aber nur mit allen gemeinsam können wir dauerhaft Frieden schaffen.“ Die in der Neukirchener Verlagsgesellschaft (7615-6984-9) von Maike Siebold und Anna Lisicki-Hehn  publizierte Vorlesegeschichte Philia Fenchel und die Sache mit der Liebe ist für Vor- und Grundschulkinder gedacht. Sie fragt, wer oder was die Liebe ist und wo sie zu finden ist. Die Fenchelknolle Philia klärt den Jungen Teo auf: „Teo, du bist genau richtig, wie du bist. Vergiss das nie. Du hast Blumen im Kopf und genauso sollst du sein.“ Die Lesenden und Zuhörenden lernen Teos Familie kennen und können so der Liebe in ihrem eigenen Leben auf fantasievolle Weise auf die Spur kommen. Das Buch bezieht sich explizit auf die Jahreslosung „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe (1. Kor 16,14)“. Zahlreiche religionspädagogische Anknüpfungspunkte zu der Vorlesegeschichte enthält das gleichnamige Praxisbuch mit Begleitmaterial zur Jahreslosung für die Arbeit mit Kindern, das ebenfalls in der Neukirchener Verlagsgesellschaft (7615-6985-6) erschienen ist. Lisa J. Krengel, Christiane Zimmermann-Fröb, Angelika Veddeler, Yoram K. Kausya und Svenja Blaczek bieten darin eine Fülle von ausgewählten Bibelgeschichten, liturgischen Bausteinen, theologische Einführungen und kreativen Gestaltungen über mehrere Einheiten. Themenfelder sind Empathie, soziales Miteinander, Umweltbewusstsein, Liebe zur Natur, Nächstenliebe, Selbstliebe und Dreifachgebot der Liebe. Für Kinder ab acht Jahren hat Katharina von der Gathen mit Illustrationen von Anke Kuhl das alles andere als sterbenslangweilige Buch über den Tod und das Leben Radieschen von unten. Das bunte Buch über den Tod für neugierige Kinder im Verlag Klett Kinderbuch (95470-285-5) verfasst. Im Vorwort heißt es: „Dies ist ein Buch über das Sterben und den Tod. Ist Sterben schlimm? Kann es auch schön sein? Warum muss man überhaupt sterben? Was passiert dann? Und was ist, wenn meine liebsten Menschen sterben? Wäre es nicht viel toller, unsterblich zu sein? Niemand auf der Welt hat eine sichere Antwort auf solche Fragen. Menschen vor Hunderten und Tausenden von Jahren haben sie sich ganz genauso gestellt wie wir heute. Allein oder mit anderen darüber nachzudenken, kann etwas Licht ins Dunkel bringen. Es kann manchmal traurig machen. Es kann aber auch interessant sein, ja, sogar Spaß machen!“ (12) Das aufklärende, anregende, ungewöhnliche, unterhaltsame und facettenreiche Buch ist in fünf Abschnitte gegliedert: Wenn das Leben aufhört – Wie geht Sterben? – Beerdigen – Trauern – Mit den Toten leben.

Für junge Leserinnen und Leser ab 10 Jahren hat Susanne Roll in der Neukirchener Verlagsgesellschaft (7615-6958-0) die spannende Erzählung Joschi und die Kraft der Farben geschrieben, die die Kunst des Malers Marc Chagall mit der Lebenswelt junger Menschen verbindet: „Nach mehreren Umzügen ist der 14-jährige Joschi nicht besonders motiviert, an der neuen Schule anzukommen. Lieber schwänzt er, verzieht sich in den Wald und zeichnet. Ein Todesfall reißt ihm den eh schon wackeligen Boden unter den Füßen weg. Die Einzigen, denen Joschis Probleme, aber auch sein Zeichentalent auffallen, sind seine Mitschülerin Mei und sein Kunstlehrer Herr Pen und Tom, der nachts mit ihm seine Wut in Form von Graffitis an Wände sprayt. Während für Tom das Zerstören im Mittelpunkt steht, wird Joschi von den Farben und Formen, von der Erschaffung von etwas Neuem, Kreativem förmlich angezogen und von den Bildern von Marc Chagall, auf die er zufällig stößt. Durch dessen Kunst und Geschichte beginnt Joschi, die Kraft der Farben zu verstehen und spürt langsam, aber sicher, wo er wirklich hingehört. Ein weiterer Schicksalsschlag zwingt ihn aus seinem Versteckspiel und zurück ins Leben.“ An einer zentralen Stelle sagt der Kunstlehrer zu der Hauptfigur: „Wenn du es schaffst, deine Wahrheit zu skizzieren, deine Sicht der Dinge auf ein Blatt zu bringen, dann fehlt dir auch nichts mehr. Der Verlust eines Menschen schmeckt immer bitter. Aber wenn du das überwindest und tiefer in dich blickst, liegt alles da, was dir hilft, den bitteren Geschmack zu überwinden, so wie es Chagall auch getan hatte. Er hatte zeit seines Lebens eine zutiefst empfundene religiöse Ehrfurcht vor der Schöpfung, vor dem Geist Gottes, der alles lenkt und so wunderbare, vielfältige Dinge au der Welt erschuf.“ Hilfreiche Gedankenschubser für große Schritte und kleine Sprünge auf der Schwelle zum Erwachsenenalter enthält auch das im Coppenrath Verlag (649-64663-1) von Marlene Droop veröffentlichte Buch Echt das Leben …und ich, das Jugendliche ab 14 Jahren kreativ ermutigen möchte, das Leben selbst in die Hand zu nehmen und die Zukunft mit einem JAAAA zu begrüßen. „Irgendwie ist Erwachsensein ganz schön anders als erwartet, hauptsächlich anstrengend. Und dann schießen mir so Fragen durch den Kopf, die ich mir früher nie im Leben gestellt habe. Was soll das mit dem Schicksal? Muss ich meinen Platz in der Welt finden? Und was wäre eigentlich, wenn ich ewig leben würde?“ (48). Es mündet in die Sätze: „Wenn wir zusammenhalten, füreinander da sind, auch in miesen Zeiten – dann bekommen wir ein Gefühl von Glück. UND JETZT GEHT DAS LEBEN DOCH GERADE ERST LOS!“  Rainer Oberthür, Katrin Egbringhoff und Elisabeth Lange haben mit eindrucksvollen Bildern von Barbara Nascimbeni im Kösel Verlag (466-37309-3) die Geschichte Der Friedenssucher veröffentlicht. Sie schreiben dazu: „Im vorliegenden Buch wird die Friedensproblematik anhand ausgewählter Kunstwerke aufgegriffen. Löwe, Lamm und Vogel erkunden gemeinsam eine Ausstellung zum Thema `Frieden´ und entdecken so immer wieder Bezüge zwischen den gezeigten Werken und der Lebenswirklichkeit im Hier und Jetzt. (…) Unser kleiner Vogel, der `Friedenssucher´, entdeckt am Ende seine eigenen Möglichkeiten und kann somit zum `Friedensbringer´ werden. Das bringt unseren Anspruch zum Ausdruck: Letztlich hängt der Frieden von uns Menschen ab. Jeder und jede steht in der Verantwortung und muss sich für den Frieden einsetzen!“ (85f.) Im Kösel Verlag (466-37318-5) hat Rainer Oberthür zudem das Buch Die Gottsucher. 24 Wege auf der Spur des Verlorenen ebenfalls mit Illustrationen von Barbara Nascimbeni verfasst. Es beruht auf Leseeindrücken des Autors aus dem mittelalterlichen Buch der 24 Philosophen und lädt mit 24 Sätzen über Gott, 144 Erklärungen der Philosophinnen und Philosophen und 48 Gedanken von Kindern ein zum Nachspüren und Sinnieren, Staunen, Fragen und Begreifen des größten Geheimnisses. Das Buch mündet in die Feststellung: „Das Nachdenken über Gott hilft uns, die Welt und das Leben, uns selbst und die anderen besser zu verstehen. Mit Herz, Geist und Seele haben wir nachgedacht und Gott ein wenig erahnt. Mit Staunen haben wir Gottes Unendlichkeit und Unverfügbarkeit gespürt. Viel Wahres über Gott als liebe und Güte, Licht und Leben haben wir entdeckt. Manchmal können wir Gott als alles umfassenden Grund der Welt, des Lebens und der Liebe erfahren. Der Wahrheit besonders nah sind wir wohl dann, wenn es widersprüchlich erscheint. Gott finden wir in Gegensätzen wie Nichts und Sein, Dunkel und Licht, groß und klein. Das tiefste Wissen über Gott bleibt ein Nicht-Wissen.“ (106)

6  Praxismaterialien

Christiane Hrasky, Barbara Fischer, Birgitte Jessen-Klingenberg, Antoinette Lühmann und Renate Stahnke haben in der Evangelischen Verlagsanstalt Leipzig (374-07516-4) das ökumenische Lieder- und Andachtsbuch Singend mit Gott groß werden mit Liedern und Geschichten für Kinder von 3 bis 8 Jahren verfasst: „Konzipiert wurde es für den Kita-Alltag, die Kirchenmusik und die Religionspädagogik, um das kindgerechte Singen mit Kindern langfristig zu fördern. Entstanden sind 24 variable Themen-Baukästen, die sich am Kirchenjahr orientieren. Geistliche und weltliche Lieder, Geschichten, Tänze und Aktionen werden inhaltlich zusammengeführt und spiegeln so die Lebensrealität der Kinder wider. Erzieher*innen, Kindergottesdienst-helfer*innen, Kirchenmusiker*innen, Pastor*innen und Religionspädagog*innen können auf ein sehr gut strukturiertes Kompendium zurückgreifen und dabei viel Raum für die eigene Kreativität finden. Es ist ein Handbuch zum sofortigen Gebrauch für das Singen, für Aktionen und Andachten mit Kindern ab 3 Jahren.

Materialien und Unterrichtsentwürfe ab Klasse 10 haben Wilhelm Schwendemann, Silke Trillhaas, York Breidt, Andre Paul Stöbener und Sadik Hassan unter dem Titel Was geht mich Menschenwürde an? – Ethik für das Leben unterrichten im Calwer Verlag (3-7668-4594-8) veröffentlicht. Nach einer Einführung in die Didaktik medizinethischer Themen folgen die Themen „Menschenrechtliche Grundlegung der Ethik für das Leben“, „Würde im Beginn des Lebens“ sowie „Inklusion und Behinderung“.  Zu den Unterrichtseinheiten heißt es: „Die folgenden Unterrichtsentwürfe sollen prägnant in die ethischen Grundbegriffe und in Modelle der Ethik einführen. Die Unterrichtsentwürfe zeigen die zentralen Grundlinien theoretischer und angewandter Ethik auf. Hierzu werden den Lernenden für den Einstieg Rollen und Aufgaben zugeteilt, die sie vor ethische Entscheidungen und Urteile stellen. Ein breites Spektrum hiervon wird im Rollenspiel ausgebreitet, sodass viele Zugänge zu ethischen Situationen und Dilemmata geschaffen sind. Im Prozess der Lösungsfindungen gibt es für die Schüler innen zuerst keine richtigen und falschen Lösungen. Lösungen und Urteile sind als Prozesse und nicht als endgültige, absolute Resultate zu charakterisieren und stellen jeweils nur eine ethische Momentaufnahme dar. Die Empfindungen der Schülerinnen und Schüler werden nach dem Rollenspiel Thema sein, um durch den persönlichen Selbsterfahrungsanteil (personenbezogene Kompetenz) in die prozess- und inhaltsbezogenen Kompetenzen smart überzuleiten. Dem Einstieg und der ersten Vertiefung folgt die Erarbeitungsphase durch Gruppenarbeit, welche mit der Ergebnissicherung abschließt. Die erarbeiteten Inhalte stellen die sog. Grundmatrix für alle folgenden Unterrichtsentwürfe dar. Der Unterricht ist je als Doppelstunde konzipiert und kann auch problemlos in zwei Einzelstunden gehalten werden.“ (7) Das Buch erschließt eine komplexe bioethische und biomedizinische Themenpalette!

Zwei neue Unterrichtshilfen in der Reihe „RU praktisch – Berufliche Schulen“ aus dem Vandenhoeck & Ruprecht Verlag sind anzuzeigen: Zum einen die Bausteine für den Religionsunterricht an Beruflichen Schulen von Anne Krasel und Christina Krause zum Thema Digitalität gestalten (525-70339-7). Zurecht betont Friedrich Schweitzer in seinem Vorwort: „Ein Religionsunterricht, der am Puls der Zeit sein möchte, kommt am Thema Digitalität nicht vorbei. Subjekt- und Lebensweltorientierung sind auch religionspädagogisch ohne Bezug auf Social Media kaum mehr denkbar, und die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung scheint noch immer rasant in Richtung Digitalisierung voranzuschreiten. Worin genau aber kann und soll hier die Rolle des Religionsunterrichts bestehen? Dass sich die Rolle des zeigefingerschwingenden Kritikers (»Die jungen Leute hängen doch bloß noch am Handy!«) oder des gewissensgetriebenen Unheilspropheten (»Digitalisierung kann nur in die Unfreiheit führen!«) für den Religionsunterricht kaum sinnvoll anbietet, hat sich inzwischen herumgesprochen. Doch könnte der Religionsunterricht selbst dann, wenn er dies wollte, nicht einfach bei den politisch eingeläuteten Digitalisierungoffensiven mit aufspringen. Für die hier in erster Linie erwartete Vermittlung entsprechender Fähigkeiten sind andere Fächer in aller Regel besser vorbereitet. Zudem entspricht es auch nicht dem Auftrag des Religionsunterrichts, entsprechende Skills zu vermitteln. Und doch wird mit diesem Band entschieden dafür plädiert, dass sich der Religionsunterricht auf das Thema der Digitalität einlassen sollte. Einen gangbaren Weg dafür weist der Titel des Bandes »Digitalität gestalten«. Er macht deutlich, dass heute kein Weg an der Digitalität vorbeiführt, dass es aber zugleich unzureichend bleibt, Digitalisierung lediglich als eine Gegebenheit oder weiterreichend als Sachzwang zu behandeln und den Auftrag von Schule und Unterricht dann allein darin zu sehen, digitale Kompetenz im Sinne technischer Fähigkeiten zu fördern. Dass solche Fähigkeiten gerade im beruflichen Bildungswesen in Gegenwart und Zukunft in ihrer zunehmenden Bedeutung wahrgenommen werden müssen und dass Schule auch den Auftrag hat, die Schüler innen darauf vorzubereiten und sie bei der Ausbildung entsprechender Kompetenzen zu unterstützen, soll damit nicht infrage gestellt werden. Zugleich aber ist von der Schule und insbesondere vom Religionsunterricht noch mehr zu erwarten. Wie die in diesem Band beschriebenen Module plastisch vor Augen führen, gibt es zahlreiche mit der Digitalisierung von Arbeits- und Lebenswelt verbundene Herausforderungen, ohne deren Bearbeitung es nicht gelingen kann, Digitalität zu gestalten – zumindest nicht in einem humanen Sinne so, dass die Digitalisierung zum Gelingen von individueller Lebensführung und gesellschaftlichem Leben beitragen kann.“ (4) Aus der Fülle solcher Aufgaben und Fragestellungen werden in diesem Band mit den Modulen exemplarisch grundlegende Fragen und Themen aufgenommen: Social Media – Datenschutz – Cybermobbing – Cybergrooming – Arbeit digital – Künstliche Intelligenz. Zum anderen die von EIBOR herausgegebenen und von Christina Krause, Christine Lanz, Alexandra Wörn, Harald Becker und Joachim Ruopp erstellten Bausteine für den Religionsunterricht an Beruflichen Schulen zum Thema „Und siehe, es war schön bunt!“ Menschsein und Identität (525-70315). Als Leiter des EIBOR schreibt Friedrich Schweitzer im Vorwort nachvollziehbar: „  So betreffen alle genannten Aspekte von gesellschaftlichen und religiösen Erwartungen oder Normen, der Zwang zur Normalität und zur Selbstoptimierung, die Ordnung der Gesellschaft nach (ausschließlich) zwei Geschlechtern, die Tabuisierung und Diskriminierung von Homo-, Trans- und Intersexualität in besonderer Weise auch junge Menschen. Denn all dies hat Implikationen für die Identitätsbildung im Jugend- und jungen Erwachsenenalter. Wie die im vorliegenden Heft entfalteten Unterrichtsbeispiele immer wieder zeigen, muss die Bibel in dieser Situation keineswegs eine Quelle zusätzlicher Belastung oder der weiteren Befestigung überkommener Normen sein. Stattdessen bietet die Bibel vielfältige Anstöße, und zwar auch zur kritischen Auseinandersetzung mit traditionellen Vorstellungen etwa von Mann und Frau oder von Sexualität, aber eben zugleich befreiende Perspektiven sowie Orientierungsmöglichkeiten in der Vielfalt heutiger Identitätsangebote. Denn wenn es im Titel dieses Heftes heißt »Und siehe, es war schön bunt!«, dann bedeutet das ja nicht, dass nun einfach alles gutzuheißen wäre. Je ausgeprägter die Vielfalt der Möglichkeiten, desto größer auch der Bedarf an kritischer Urteilsfähigkeit für jede und jeden einzelnen sowie in der Gesellschaft. Die Vorschläge im vorliegenden Heft verfallen aber nirgends der Versuchung, einfach den moralischen Zeigefinger zu heben oder in Stein gemeißelte ethisch-moralische Leitlinien im Namen des Christentums zu verkünden. Stattdessen geht es immer wieder um die Auseinandersetzung mit menschlichen Erfahrungen – in der biblischen Zeit ebenso wie in der Gegenwart. Biblische Bilder und Erzählungen gewinnen dabei neu an Leben und Erfahrungsnähe, an Inspiration- und Irritationskraft. Kreative Methoden unterstützen den Versuch, die Bibel überraschend aktuell und spannend begegnen zu lassen. Wenn über all dem stehen kann »Und siehe, es war schön bunt!« – im bewussten Anklang an das »Und siehe, es war sehr gut« –, dann geht es um die Menschen als Gottes Geschöpfe und als Ebenbilder Gottes. Denn die Gottebenbildlichkeit, wie sie die Bibel versteht, gehört ja nicht nur einem auserwählten Teil der Menschheit. Die in dieser Hinsicht noch immer herausfordernde biblische Botschaft besagt vielmehr, dass alle Menschen diese Würde in unverlierbarer Weise von Gott zugesprochen und geschenkt bekommen.“ (6f.)

Den diesmaligen Abschluss bilden die Unterrichtsbeispiele, Analysen und Materialien in dem von Hans Mendl imGrünewald Verlag (7867-3331-7) herausgegebenen Buch Religion erleben: Praxisband Sekundarstufe, die zeigen wollen, dass performative Unterrichtspraktiken verantwortungsvoll, menschenfreundlich und religionsbildend im Unterricht durchgeführt werden können: „Der Religionsunterricht wird zunehmend von einer Schülerschaft besucht, die auch in religiöser Hinsicht heterogen ist. Es ist sogar zu wünschen, dass der Anteil nicht konfessionell gebundener Kinder und Jugendlicher in den nächsten Jahren noch steigen wird, weil dies ein Indiz für die Attraktivität dieses Faches ist. Aber ergeben sich durch diese Heterogenität nicht Grenzen für performative Lernformate? Darf man in deutlich religiös heterogeneren Lerngruppen zum Erleben von religiösen Praktiken einladen? Oder erscheint es nicht als grundsätzlich unverzichtbar, Religion auch im Unterricht erlebbar zu machen? Falls ja, muss das theologisch und bildungstheoretisch begründet werden. Wie das verantwortlich zu geschehen hat, soll ebenfalls einführend skizziert und dann in den einzelnen Beiträgen praktisch belegt werden.“ (7) Das Buch enthält anschauliche Verdeutlichungen der Chancen performativer Lernansätze!