Die Konfessionelle Perspektivik „läuft mit (...). Denn wir leben in den Konfessionen, die läuft einfach mit. Die ist da, die wird immer erwähnt, die ist da (...). Wir reden immer von katholisch-evangelisch“ (Woppowa, 2019, S. 229). Was hier eine Lehrerin zur konfessionellen Ausrichtung ihres Unterrichts artikuliert, wird in der empirischen Religionslehrerforschung immer wichtiger: In der Professionalitätsforschung geraten zunehmend die unreflektierten Voreinstellungen der Religionslehrkräfte in den Blick. In diesen teacher beliefs werden handlungsleitende-, sinnstiftende wie orientierende Vorurteile untersucht, die religionspädagogische Praxis prägen (Lehner-Hartmann, 2014). Das Interessante daran ist, dass diese teacher beliefs oft entgegen der eigenen expliziten Intention eines auf Offenheit, Partizipation und Dialogizität ausgerichteten Religionsunterrichts angelegt sind. Empirische Studien haben hinsichtlich epistemischer Überzeugungen von Religionslehrkräften gegenüber anderen Konfessionen und Religionen „subjektive ‚Vor-Urteile’“ freigelegt (Lindner, 2017, S. 377), die das eigene Handeln maßgeblich mitprägen und die ökumenische Verständigung performativ unterlaufen.

So hat die NRW-Religionslehrerstudie „zu Tage gefördert, dass auch in nachkonfessioneller Zeit evangelische Lehrkräfte im vorwiegend katholisch geprägten Rheinland einen konfessionellen Identitätsverlust durch Minderheitensituationen befürchten und Vorstellungen von einem katholischen Religionsunterricht haben, die diesen als eng, rigide und humorlos charakterisieren.“ (Woppowa, 2019, S. 228 – 229)

Gerade in heterogenen Klassen, so eine andere Forschung, sei es elementar wichtig, ein „konfessionelles ‚Wir’ zu erzeugen“ (Lehner-Hartmann, 2019, S. 49). Konfessionalität gerät zum Marker, der Identität in unübersichtlicher Heterogenität ermöglicht und dabei entgegen dem eigenen Selbstverständnis ausgrenzend und stigmatisierend wirkt.

Darin artikuliert sich jener Prozess des othering, „in dem der Andere durch bestimmte Wissensproduktionspraxen konstruiert wird, die eine Über- und Unterordnung legitimieren (z.B. der jüdische Schüler, der mit seinem Jesusbild für die Lehrerin im 21. Jahrhundert nicht mehr tragbar ist. Dass möglicherweise katholische Schüler*innen ein Jesusbild haben, das auch nicht dem der Lehrerin entspricht, bleibt durch die Fokussierung auf den religiös Anderen ausgeblendet). Aus der hierarchischen Position heraus, die sich weniger über die Gruppengröße als die vorherrschende katholische Dominanzkultur bestimmt, erscheinen diese epistemischen Praxen als ‚plausibel’ und ‚nützlich’. Sie helfen im angesprochenen Beispiel zu begründen, warum hier kein Dialog möglich ist und der Andere in Distanz gehalten wird.“ (Lehner-Hartmann, 2019, S. 54)

Dieses Zitat dokumentiert eindrucksvoll, wie hegemoniale Ordnung und Ausgrenzungen kontraintentional und gegen das bekundete Selbstverständnis der Religionslehrerinnen und Religionslehrer wirken. Aus kulturwissenschaftlichen Studien sowie den postcolonial studies sind Mechanismen des othering bekannt, Mechanismen, durch die im Dienste der eigenen Identitätssicherung die Anderen als solche markiert und als Fremde deklassiert werden (Bachmann-Medick, 2009, S. 180–190; Gruber, 2018, S. 23–37; Scholz, 2018, S. 271–286). Ähnliches findet sich demnach hier im Handeln und Selbstverständnis der Religionslehrkräfte. Dies analytisch bewusstzumachen und selbstkritisch zu reflektieren wird deshalb zunehmend wichtig.

Diese „nämlich können sowohl verborgene Konstrukte von Dominanz und Hierarchie aufdecken als auch grundlegende und handlungsleitende Zielvorstellunggen für den eigenen Unterricht bewusst machen, beispielsweise zwischen den scheinbaren Alternativen religiöser und konfessioneller Identitätsbildung oder zwischen transparenter Positionalität und konfessionskundlicher Neutralität in konfessionellen Majoritäts-Minoritäts-Situationen.“ (Woppowa, 2019, S. 229)

Offensichtlich ist es die Praxis selber, die Ordnungen produziert, die Wissensstrukturen reproduziert und Differenzen generiert. Auf dem Feld der Bildungsgerechtigkeit hat sich erwiesen, dass Ungerechtigkeit nicht allein von außen in den Unterricht einströmt. Sie ist gesellschaftlich wie ökonomisch induziert – und wird doch zugleich in religionspädagogischen Didaktiken und Methoden im Unterricht selber realisiert (Grümme, 2016, S. 125–138).

Weit über den wissenschaftstheoretisch ohnehin komplexen Zusammenhang von Theorie und Praxis müsste damit die religionspädagogische Praxis und ihre performativ vollzogenen intelligiblen wie differenzstiftenden Vollzüge in den Blick geraten. Indem dies aber bislang in der Religionspädagogik eher selten geschieht, läuft diese Gefahr, performativ den unbewusst vollzogenen „Dominanz- und Machtstrukturen zu erliegen“ und damit paradoxe, in sich widersprüchliche Züge zu bekommen (Woppowa, 2019, S. 228). Ein vielversprechendes Instrument dazu ist die Praxeologie. Sie könnte helfen, so der hier vertretene Ansatz, die Religionspädagogik nicht in eine Paradoxie hineinlaufen zu lassen. Dazu wollen die folgenden Überlegungen einen kleinen Beitrag leisten, indem sie 1. Ansatz und Begriff der Praxeologie vorstellen, 2. pädagogische Vertiefungen rekonstruieren, 3. religionspädagogische Felder beleuchten, wo dies bereits realisiert wird und schließlich 4. einen Profilierungsvorschlag machen.

1 Praxeologie: Ansatz

Ursprünglich stammt der Begriff der Praxeologie aus den Kulturwissenschaften und der Soziologie und wurde von dort nicht zuletzt in der Pädagogik rezipiert. Er steht im Zusammenhang des kulturwissenschaftlich reflektierten body turn, practical turn, material turn und spatial turn (Bachmann-Medick, 2006). Sein Fokus sind die Praktiken selber. Ihr Referenzpunkt ist der practice turn (Schatzki, Knorr-Cetina & von Savigny, 2001). Praxeologie meint eine interdisziplinäre Denkrichtung, die sich aus sprachspielbezogenen Theoriesträngen der strukturalistischen Ethnologie, des Poststrukturalismus, der analytischen Philosophie, eines fundamentalontologisch-existentialen sowie eines marxistischen, pragmatischen wie kulturalistischen Praxisbegriffs speist (Alkemeyer, Schürmann & Volbers, 2015; Bittner, Bossen, Budde & & Rißler, 2018; Hillebrandt, 2014; Hoffman-Ocon, 2020; Schäfer, 2013; Schäfer, 2016; Reckwitz, 2016). Ihr Ansatz setzt sich von zwei Positionen ab: Einerseits unterläuft die Praxeologie die Reduktion auf einen schlichten Strukturalismus, der die Subjekte aus und in vorauslaufenden Strukturen denkt, aus denen heraus sie handeln und agieren, ohne jeweils sich ihnen entwinden zu können. Praxeologie dementiert das Subjekt nicht. Strukturen bestimmen nicht alles. Und dennoch opponiert sie andererseits doch zugleich gegen die normativen Unterstellungen der Handlungstheorie, die von bewussten intentionalen Akten der Subjekte ausgehen. Darüber hinaus bringt sie in dieser Konstellation die Einsicht des materialistic turn in die Relevanz der Dinge und Artefakte für die Praxen selber zur Geltung. Diese Fokussierung auf das körperliche, rituelle, habituelle, dinglich Vermittelte der Praxis lässt verständlich werden, warum ethnomethodologische Verfahren zur Erfassung dieser Praxis relevant werden. In ihr wird die strukturelle Dichotomie zwischen Handlungstheorie und Strukturalismus, Individuum, und Struktur, Makro- und Mikroperspektive, agency und structure überwunden. In der Praxeologie geht es „um die Hinwendung zu sozialen Praktiken im Sinne körperlich-materieller Vollzüge“ (Koll, 2019, S. 66). Kennzeichnend ist die Relationalität von Praxen, die in einem Feld von Praktiken aufeinander wirken. „Praktiken sind das Tun, Sprechen, Fühlen und Denken, das wir notwendig mit anderen teilen. Dass wir es mit anderen gemeinsam haben, ist Voraussetzung dafür, dass wir die Welt verstehen, uns sinnvoll darin bewegen und handeln können. Praktiken bestehen bereits, bevor der/die Einzelne handelt, und ermöglichen dieses Handeln ebenso wie sie es strukturieren und einschränken. Sie werden nicht nur von uns ausgeführt, sie existieren auch um uns herum und historisch vor uns. Sie zirkulieren unabhängig von einzelnen Subjekten und sind dennoch davon abhängig, von ihnen aus- und aufgeführt zu werden“ (Schäfer, 2016a, S. 12). Das bedeutet: Es sind die zeitlich wie kontextuell situierten Praktiken, aus denen Sozialität und Individualität resultieren. Individuum wie Gesellschaft werden in der Relationalität, Zeitlichkeit und Kontextualität in den Praxen jeweils neu hervorgebracht. Dazu kommt die Körperlichkeit und Materialität dieser Praxen. In den Praktiken selber läuft auf eine präreflexive Weise nicht nur ein Mitgeprägtsein von anderen Praxen mit. Sie sind darin ebenso geprägt von einem inkorporierten, verkörperlichten impliziten Wissen, das mit dem Gebrauch von Dingen und Artefakten verbunden ist. Man tut etwas in routinierter Form, ohne sich der Implikationen vollständig bewusst zu sein oder diese sprachlich zur Gänze ausdrücken zu können. Das freilich hat methodologische Konsequenzen. „Nicht nur die Ebene sprachlicher Bedeutungen (‚diskursive Praxis’), sondern auch die materiellen Aspekte des Sozialen, also die Relevanz und der Gebrauch von Artefakten, Technologien, Räumen, Medien und Bildern, lassen sich im Rahmen einer praxistheoretischen Perspektive analysieren.“ (Schäfer, 2016, S. 13–14) Deutlich wird damit die Relativierung mentaler kognitiver Akte wie die Kraft des Performativen für Dinge und Artefakte. „Erst im Gebrauch erhalten die Dinge ihre Bedeutung.“ (Röhl, 2016, S. 327)

Genau aber in dieser Komplexität und Ausdifferenziertheit wird die Praxeologie für Pädagogik und Erziehungswissenschaft interessant.

2 Pädagogische Akzentuierungen

Pädagogisch wird Praxeologie vor allem dann bedeutsam, wenn es um die Erforschung der Praktiken in der Schule in diachroner wie in synchroner Hinsicht geht.

2.1 Historische Bildungsforschung

Die Historische Bildungsforschung zeigt sich beispielsweise an der Analyse von Deutschaufsätzen und deren Korrekturen ebenso interessiert wie an Schulordnungen, an Leistungsüberprüfungen, an Curricula der Lehrerbildung und des Unterrichts, an Beobachtungspraktiken von Schülerinnen und Schülern im Unterricht bis hin zum Arrangement von Tischen und Stühlen im Klassenraum (Breidenstein, 2004, S. 87–107; Hoffman-Ocon, 2020; Reh & Scholz, 2018, S. 113–120). Schulräume als „Machtbehälter“ haben in ihrer Architektur wie ihrem Arrangement praktisch-performative Wirkungen, die mit Differenzbildung und Ordnungen einhergehen (Röhl, 2016, S. 327). An der Interaktion zwischen Agenten und Dingen bzw. Artefakten sowie zwischen den Subjekten wird ein Einblick in jene hegemonialen Praktiken deutlich, in denen sich Normen artikulierten und perpetuierten, sich Wertvorstellungen bildeten und Subjekte geformt wurden (Reh, 2014, S. 183–207). Somit wird klar: Nicht allein sind es Unterrichtende wie Unterrichtete, sondern auch Materialien, Körper, Architekturen, Artefakte, die in jeweils differenter Weise am Unterrichtsgeschehen beteiligt sind. „Dinge können gänzlich im Hintergrund unserer Wahrnehmung bleiben und dennoch etwas bewirken (die das Klassenzimmer abgrenzende Tür). In anderen Fällen vermitteln sie etwas, ohne selbst in den Vordergrund zu treten (die Zeichen darbietende Wandtafel). Und dann können sie uns als klar zu unterscheidendes Objekt gegenübertreten (das Anschauungsobjekt).“ (Röhl, 2016, S. 330)

2.2 Unterrichts- und Schulforschung

In synchroner Perspektive lässt sich vor allem die Unterrichts- und Schulforschung praxeologisch inspirieren. Dabei sind sprachliche Vollzugsformen, Formen des Beobachtens, des Protokollierens, der Unterrichtsvorbereitung und Planung, des Schul- und Unterrichtsklimas, Übergangsrituale, die subjektivierenden wie normalisierenden Formationen des Ganztags, aber auch des Sprechens über die Lernenden von Belang in Bezug auf die hierin performativ wirksam werdenden Differenzbildungen und normativen Ordnungen (Berdelmann, Fritzsche, Rabenstein & Scholz, 2019). Diese sind freilich körperlich vermittelt, weil sich in den körperlichen Praxen Wissen und Ordnungen eingeschrieben haben, die dadurch perpetuiert werden. „Wie müssen etwa Körper diszipliniert werden, damit sie an schulischen Praktiken teilnehmen können? Inwieweit unterwerfen sie sich einer schulischen Ordnung?“ (Röhl, 2016, S. 331)

Mit der Analyse solcher Praktiken wird der Blick frei auf die Herausbildung bestimmter Konzepte von Subjektivität, von Bildung, von Geschlechterverhältnissen und pädagogischen Ordnungen, kurz: der Ordnung des Pädagogischen in pädagogischen materialen Praktiken. So lässt sich rekonstruieren, „wie sich soziale Ordnungen und relationale Positionen durch je situativ spezifische Ausformungen sozialer Praxis konstituieren, verwerfen, neuformieren und so historisch entstandene Praktiken fortschreiben, stabilisieren oder verändern.“ (Freist, 2015, S. 75) Doch mehr als das: In und neben den pädagogischen Ordnungen wird zugleich in dieser Perspektive eine epistemologische Haltung konstituiert. An der Interaktion zwischen Agenten und Dingen bzw. Artefakten sowie zwischen den Subjekten wird ein Einblick in jene hegemonialen Praktiken deutlich, in denen sich Normen artikulierten und perpetuierten, sich Wertvorstellungen bildeten und Subjekte geformt wurden (Reh, 2014, S. 183–207). Praxeologie wird in der pädagogischen Forschung derzeit auf verschiedenen Feldern durchbuchstabiert. Ich gehe wegen der prominenten gesellschaftlichen wie schulpolitischen Bedeutung, aber auch und zugleich wegen der damit gegebenen Anschlussfähigkeit an die Religionspädagogik ausführlicher auf das Feld der Inklusion ein.

2.3 Inklusionspädagogik

In der Inklusionspädagogik geht es um die Realisierung des ebenso ambitionierten wie rechtlich begründeten Programms der Inklusion. Eine praxeologische Perspektive traktiert, inwieweit der inklusive Unterricht selber durch seine Methodik, Didaktik und institutionelle Gestalt, kurzum: durch seine Praktiken Differenz, Subjektivierungen und hegemoniale Ordnungen konstituiert. In diesem Zusammenhang wird beispielsweise untersucht, welche Differenzierungen „in Praktiken der Regulation von Interaktionen im Unterricht inklusiver Klassen hervorgebracht werden und welche Funktion die Differenzierung für die Regulierung des Miteinanders im Unterricht übernimmt.“ (Merl, 2018, S. 11) In den Fokus kommen Praktiken, in denen Leistungsunterschiede hervorgebracht werden oder auch wo mit den Prozessen der subjektivierenden Anerkennung Subjekte erst konstituiert und als teilnahmefähig am Unterricht erklärt werden (Reh & Rabenstein, 2012, S. 225–246; Reh & Rabenstein, 2013, S. 291–307; Reh, Rabenstein & Idel, 2001, S. 209–222; Reh & Ricken, 2012, S. 35–56). Auch im inklusiven Unterricht bestehen vorauslaufende universale Fähigkeitserwartungen an die Lernenden, die als Resultat zur Zuschreibung ungenügender Fähigkeiten führen. Performativ wird somit Behinderung als dauernde Abweichung von dieser Erwartung erst hergestellt und auf diese Weise Bildungsungleichheit reproduziert (Merl, 2019, S. 5). Die Pointe einer solchen praxeologischen Forschungsperspektive in der Pädagogik liegt damit in der Freilegung einer grundlegenden Aporetik pädagogischer Praxis: Pädagogische Praktiken, auf Inklusion, Gerechtigkeit und Teilhabe abzielend, unterlaufen durch die Konstruktion von hegemonialen Ordnungen, Disparitäten und Ungerechtigkeit performativ die eigenen Normierungen. 

Einer solcher praxeologischer Praxisbegriff, wie ihn in prominenter Weise Norbert Ricken ausfaltet, birgt einen vielfachen Ertrag (2019, S. 36–38). Erstens kann ein solcher Praxisbegriff in integraler Weise die Produktion von implizitem Wissen aufweisen. Praktiken haben eine selbstkonstituierende wie selbstbezügliche Struktur. Sie sind insofern rekursiv, weil in ihnen die Subjekte als deren Akteure in diesen performativen Vollzügen mit sich konfrontiert und wodurch zugleich Wissensstrukturen geschaffen werden (Alkemeyer, Budde & Freist, 2013). Zweitens kann er aus diesen Vollzügen eine intrinsische Verbindung von Pädagogik und Subjektivierung aufweisen. Pädagogische Praxen sind subjektivierend, weil in ihnen Subjekte hervorgebracht und zugleich als Akteure gefordert sind. Dieses Ergebnis freilich verweist auf den dritten Ertrag. Dieser Praxisbegriff legt ein Potential frei, durch das Neues, Befreiendes jenseits hegemonialer Subjektivierungszwänge möglich wird. In der Wiederholung, der Iteration liegt durch leichte Verschiebungen, durch Irritationen und Unterbrechungen die Möglichkeit der Veränderung und der Transformation von Mechanismen der Essentialisierung, des othering, der Macht (Ricken, 2019, S. 39).

2.4 Problemüberhang

Freilich markiert dies andererseits einen deutlichen Problemüberhang der Praxeologie auf zwei Ebenen: der Normativität und des Subjektbegriffs. Praxeologie konzentriert sich auf die Rekonstruktion von Praktiken und ihrer unreflektierten Mechanismen. Sie „zielt dabei nicht (...). auf die Bewertung einer spezifischen Praxis im Hinblick auf ihre ‚gute Qualität’. Der empirische Zugriff (...) distanziert sich von vorab festgelegten Gütekriterien oder Deutungs- und Ursachenzuschreibungen, von normativen Ordnungen und (pädagogischen) Intentionen.“ (Bennewitz, 2020, S. 193) Doch bleibt eine solches Normativititätsverständnis nicht zu schwach? Auch Ricken ist klar, dass es nicht „egal“ sein kann, „wer etwas tut“ (Ricken, 2019, S. 40). Genau hier leuchtet jedoch für Ricken das „Problem des ‚Subjekts’ in Praxistheorien“ auf (S. 39), für das aber die Praxeologie bislang kaum eine angemessene Antwort gefunden hat: Einerseits braucht die Praxis ein bewusstes, intentional agierendes Subjekt, das nicht lediglich als Resultat einer intersubjektiven Konstellation gedacht werden kann. Selbstbewusstsein, Freiheit und Verantwortung des Subjekts ist demnach aus der Logik der Praxistheorie gefordert. Andererseits aber, würde ein Subjekt, insbesondere in transzendentalphilosophischer Lesart vor und außerhalb dieser Praxis situiert, die Relevanz dieser Interaktionen für das Subjekt und damit den Praxisbegriff selber auflösen (Grümme, 2021).

Dieser Problemüberhang ist nun auch religionspädagogisch hoch relevant, weil sie mit dem Gottesgedanken und einer Hoffnung auf Gerechtigkeit für alle eine starke Normativität einspielt und zugleich über den Begriff der Gottesebenbildlichkeit auch subjekttheoretisch ambitioniert ist.

3 Religionspädagogische Relevanz

Die bisherigen Annäherungen an die Praxeologie lassen erst die Problematik der eingangs erörterten teacher beliefs deutlich werden. Unreflektiert werden hegemoniale, mit Essentialisierung, Ausgrenzung und Abwertung verbundene Prozesse vollzogen, die performativ die Intentionen religionspädagogischer Praxis konterkarieren: was sich als Sprachschule der Freiheit versteht, in der Form und Inhalt des Lernens in der Kommunikation des Evangeliums korrelieren (Grümme, 2015, S. 175–206), droht zu seinem Gegenteil zu geraten. Dies droht auf eine paradoxale Wirkung religionspädagogischer Praxen hinauszulaufen. Diese Problematik lässt sich exemplarisch auf weiteren prominenten Feldern der Religionspädagogik aufzeigen.   

3.1 Interreligiöse Bildung

Ein Feld ist das Interreligiöse Lernen bzw. die Interreligiöse Bildung. Dort zeigt sich genau eine solche paradoxe Wirkung. Interreligiöses Lernen zielt im Lichte eines eingespielten Wahrheitsanspruchs auf mündige Urteilsbildung, auf Perspektivenwechsel und Anerkennung der Anderen in ihrem Anderssein. Diese Ansätze wollen die Fremdheit des Anderen als Voraussetzung von Respekt, Toleranz und Dialog würdigen (Gärtner, 2015, S. 290; Meyer & Tautz, 2015; Schambeck, 2013; Schweitzer 2014). Gleichwohl wird dieses normative Ziel nicht selten im Vollzug unterlaufen, wie unter Verweis auf die bislang in der Religionspädagogik „kaum“ verwertete Essentialisierungskritik der Interkulturellen Pädagogik eindrucksvoll angedeutet wird (Burrichter, 2015, S. 155). Es fehlt eine selbstreflexive Überprüfung des Diskurses des Interreligiösen Lernens bzw. der Interreligiösen Bildung auf seine diskursimmanenten Mechanismen der Identifizierung, der verkennenden Anerkennung, der Exklusion, der Macht. Damit sollte religionspädagogisch in den Blick geraten,

„wie - im Alltag, in den Medien, aber auch durch Angebote zum interreligiösen Lernen - Kategorien des ‚interreligiös angemessenen’ und vor allem des religiös Differenten konstruiert und Zuschreibungspraktiken betrieben werden, die selbst entgegen der Intention der Akteurinnen und Akteure, den religiös Differenten erst zu einem solchen machen und in der Folge stereotypisierend beschreiben und stigmatisieren. Dabei wäre zudem die Frage danach zu stellen, wie der/die/das Andere zugleich in unterschiedlichen Dimensionen (Gender, Ethnizität, soziale Klasse etc.) gemacht wird.“ (Willems, 2015; Grümme, 2017, S. 219–232)

In ethnomethodologischen Studien wurde dies jüngst anhand des Kopftuches herausgearbeitet (Herbst & Menne, 2020). Diese Mechanismen religionspädagogisch nicht prinzipiell zu bedenken und im Hinblick auf die religionsunterrichtlichen Praktiken selbstreflexiv werden zu lassen, würde selbst die so überaus beeindruckende, zentral auf die Kategorie der Begegnung abzielende Religionspädagogik der Erinnerung an den Holocaust selbstwidersprüchlich werden lassen (Forschungsgruppe REMEMBER, 2020, S. 237–239). Dies ist freilich nur die eine Seite der Medaille. Zugleich aber, so Joachim Willems, „können Theologie(n) und Religionspädagogik(en) aber auch dazu beitragen, religiöse Traditionen daraufhin zu untersuchen und für den Unterricht fruchtbar zu machen, inwiefern in ihnen machtkritische Potentiale liegen und Ressourcen enthalten sind, um essentialisierende und binarisierende Othering-Prozesse zu unterlaufen, zu kritisieren und zu desakralisieren.“ (2020a, S. 12)

3.2 Religionsbücher

Ein weiteres Feld zeigt diese Paradoxie in der Tiefenlogik von Religionsbüchern. Dies ist zwar verschiedentlich untersucht worden, hauptsächlich in Bezug auf antijudaistische Vorurteile und Stereotypenbildung (Boschki & Rothgangel, 2020, S. 162–174; Forschungsgruppe REMEMBER, 2020, S. 238; Spichal, 2015). Praxeologisch steht dies weitgehend noch aus. Jedoch zeigt Joachim Willems an einem der wohl prominentesten Religionsbücher, dem „Kursbuch“, jene Mechanismen des Orthering, der Ordnungsbildung und Exklusion auf, die man gerade wegen des eigenen Anspruchs dort nicht erwartet hätte. Auch dort wird kontraintentional Fremdheit konstruiert, teilweise folklorisiert. So werden dadurch nichtchristliche Lernende als Dialogpartner delegitimiert (Štimac, 2019, S. 65–78; Willems, 2020b).   

3.3 Inklusionspädagogik

Inklusionspädagogisch liegt in besonderer Weise eine Sensibilität für die hegemonialen Implikationen religionspädagogischer Praxen nahe. Der erziehungswissenschaftliche Diskurs der Förder- wie der Inklusionspädagogik markiert dies, wie gezeigt, eindrücklich (Hedderich, Biewer, Hollenweger & Markowetz, 2016). Umso verwunderlicher ist der Umstand, dass dies bislang religionspädagogisch eher ausgeblendet und stattdessen „idealisierte Erwartungen an die inklusive Religionspädagogik“ festzustellen sind (Brandstetter & Reis, 2020, S. 375). Umso verdienstvoller ist die minutiöse Analytik hegemonialer wie reifizierender Prozesse in der (inklusions-)religionspädagogischen Praxis selber, wie sie in letzter Zeit vorgetragen werden (Brandstetter & Reis, 2020, S.  375–385).  

3.4 materialistic turn

Ein weiteres Feld steht im Rahmen eines materialistic turn der Kulturwissenschaften (Samida, Eggert & Hahn, 2014; Kalthoff, Cress & Röhl, 2016), der insbesondere in seinem kritischen-konstruktiven Verhältnis zum Konstruktivismus religionspädagogisch von erheblicher Brisanz ist. Die Eigenwirksamkeit der Dinge, die Materialität unterrichtlicher Settings und räumlicher Arrangements (Bossen & Rißler, 2018, S. 86–110; Nohl, 2018, S. 68–85), die Eigenlogik von Artefakten wie Schulbüchern, Lerntagebüchern, Unterrichtsmaterialien oder auch die mit räumlichen Arrangements gegebenen Aufforderungen und Handlungsanweisungen bilden eine enorme Herausforderung für die konstruktivistische Betonung des aktiv-intentional lernenden Subjekts (Altemeyer, 2014, S. 356; Altemeyer, 2019, S. 43–53; Röhl, 2019, S. 30–41). Dementsprechend wird die Kerze genauso zur „Akteurin“ im Religionsunterricht wie das Kreisritual (Reis & Wittke, 2019, S. 159–173), das Schulbuch, das Arbeitsblatt, das Schulheft oder das Lied. Die Eigenlogik des Digitalen wie die digitale Technik im Rahmen der Digitalisierungsprozesse in Gesellschaft und Unterricht werden dadurch selber im Lernprozess und in der Formatierung der Akteure analysierbar und in Professionalisierungsprozessen operationalisierbar (Reis & Caruso, 2020, S. 219–222).  

Der religionspädagogische Gewinn ist erheblich, verschafft ein solcher materialistic turn der Religionspädagogik analytische Einsicht in die Tiefenstrukturen des Unterrichts. Zu realisieren, dass Dinge ein Eigengewicht haben, dass diese didaktisches Agieren vorstrukturieren, sequentialisieren, dass von ihnen her nicht nur Bedingungen und Strukturen, sondern Gegebenheiten im Lernprozess selber ausgehen, die als solche dann didaktisch wie methodisch nutzbar gemacht werden können, diese Einsicht gilt es im Rahmen einer religionspädagogischen Praxeologie weiter voranzutreiben.  

3.5 Kinder- und Jugendtheologie

Und schließlich ein fünftes Feld, das wohl in elaboriertester Form den praxeologischen Diskurs der Erziehungswissenschaften religionspädagogisch traktiert. Hanna Roose nimmt aus ihrer tiefen Vertrautheit mit der Kinder- und Jugendtheologie die Praxeologie und Ethnomethodologie als Ansatzpunkt, um zu untersuchen, inwieweit kindertheologische Normen und eingespielte Routinen miteinander in Konflikt geraten und sogar die Impulse der Kindertheologie in Bezug auf Subjektorientierung und Individualisierung durch die normierenden Effekte religionsunterrichtlicher Praxis torpedieren (2019, S. 129–169). Im didaktischen Prozess werden durch Mechanismen der Adressierung, der Subjektivierung und Anerkennung die Gegenstände des Religionsunterrichts konstituiert – und damit Normen, denen kindertheologische Prozesse unterliegen, sobald sie religionsunterrichtlich realisiert werden. Eine solche praxeologische Perspektive ragt in der derzeitigen Religionspädagogik heraus. An ihr zeigt sich, wie normative Ideale konterkariert werden durch die performativen Prozesse der Praxis. Doch bleibt dieses vornehmlich beschränkt auf die dekonstruktiven Schritte „auf der analytischen Ebene“ (S. 204), obschon sie Kindertheologie und unterrichtliche Normierungsprozesse in einen Dialog setzt (2019, S. 173–178). Wie auf den genannten Feldern auch gewinnt die Praxeologie hier einen vornehmlich analytisch-dekonstruktiven Einschlag. Vorhandene Konstruktionsmechanismen religionspädagogischer Praxis werden sichtbar gemacht, Tiefenstrukturen des Religionsunterrichts werden freigelegt. Doch das intrikate Problem, wie unter solche Bedingungen tatsächlich religiöse Lern- und Bildungsprozesse zu operationalisieren sind, tritt deutlich zurück. Eine konstruktive didaktische Perspektive harrt offensichtlich noch ihrer Ausarbeitung.

4  Aufgeklärte Praxeologie. Religionspädagogische Perspektiven

Rückblickend resultiert aus den vorgelegten Überlegungen somit ein dreifacher Frageüberhang: Erstens das Normativitätsproblem, das sich angesichts des Wahrheitsanspruchs des Glaubens religionspädagogisch ja in besonderer Weise stellt; zweitens das Subjektproblem, das im erziehungswissenschaftlichen Praxeologiediskurs als Problem angezeigt wird, aber religionspädagogisch noch weiter bedacht werden muss. Und schließlich das Operationalisierungsproblem, das eben vor allem die paradoxale Struktur religionspädagogischer Praxen kritisch-konstruktiv bearbeiten muss.

4.1 Kritische Selbstreflexivität

Im Hinblick auf dieses Problem avanciert die kritische Selbstreflexivität zum vorherrschenden Instrument. Othering-Strukturen und hegemoniale Implikationen der Praktiken sind überhaupt nur angemessen zu bewältigen, wenn sie wahrgenommen, analysiert und kritisch reflektiert werden. Konfessionsbewusst angelegte Lehr-Lernprozesse, so Jan Woppowa, bergen ein Gefahrenpotenzial, „wenn solche Prozesse selbst nicht noch einmal reflexiv gebrochen“ und insbesondere auf ihre klandestinen Machtverhältnisse hin durchsichtig gemacht werden (2019, S. 223). Eine kritische Selbstreflexivität der eigenen subjektiven Theorien, verstanden als kritische „Metareflexivität“ (Lindner, 2019, S. 239), gehört so gesehen zu einem der wesentlichen Elemente einer Professionalisierung der ReligionslehrerInnenbildung.

Selbstreflexivität des eigenen Handelns und Metareflexivität religionsunterrichtlicher Praxis fungieren damit als entscheidende Schlüsselinstrumente, um den Religionsunterricht insbesondere in seinen Praktiken über sich aufzuklären. Ihnen wird zugetraut, jene Mechanismen freizulegen und zugleich sukzessiv zu überwinden, die durch ihre paradoxale Logik die normativen Ziele des Religionsunterrichts unterlaufen. Autonomie, religiöse Urteilsfähigkeit, Sprach- und Handlungsfähigkeit bedürfen einer kritischen Selbstaufklärung.

4.2 Ganzheitliche Methodik

Doch genügt die Einsicht in Notwendigkeit der Metareflexion allein nicht. Es gehört zu den klassischen Topoi der Moralphilosophie und Moralpädagogik, dass zwischen kognitiver Einsicht und Handeln eine Lücke klafft, die überwunden werden muss. Nur die Tatsache allein, dass jemand weiß, was zu tun richtig und gefordert ist, bedeutet nicht, dass daraus die Bereitschaft, die Motivation und das Handeln unmittelbar und zwingend folgen (Sheeran & Webb, 2016, S. 503–518). Konstantin Lindner hat deshalb auf die Hartnäckigkeit solcher Interventionen zur Kultivierung einer solchen Metareflexivität hingewiesen (2019, S. 41; Reis & Caruso, 2020, S. 212–234).

Dazu aber müsste eine methodische Erweiterung kommen, die das rein Kognitive überwindet. Andrea Lehner-Hartmann entwickelt einen methodischen Dreiklang von Reflexivität, spirituell wie affektiver Professionalität und didaktischer Inszenierungen. Neben der bereits ausgeführten Reflexivität wird von den Lehrpersonen ihre spezifische Selbstwahrnehmung, ihre Spiritualität und Achtsamkeit als Ressource für das Bewältigen von Rollenunsicherheit eingebracht. Zugleich wird eine Kultur des Aufeinanderhörens und Erzählens im „Unterschied zum oppositionellen Argumentieren“ entwickelt, die beide, Lehrende und Lernende, in einen didaktischen Prozess verwickelt, in dem othering thematisiert und so kritisch konstruktiv durch Narration und ambiguitätstolerante Identitätsbildung bearbeitet werden kann (2019, S. 56).

4.3 Denkform der Aufgeklärten Heterogenität

Gleichwohl bleibt auch im Design dieser Selbstreflexivität eine Leerstelle, wird diese doch überwiegend formal gedacht. Es wird lediglich der Ruf nach Selbstreflexivität laut, aber nicht, nach welchen inhaltlichen und normativen Kriterien diese angelegt sein sollte, um die Postulate der Religionspädagogik hinreichend zu realisieren. Selbstreflexivität allein als formale Größe kann nicht jenes Axiom der Autonomie und Mündigkeit auf dem Feld der Religion und des Glaubens erreichen, das normativer Horizont religiöser Bildung ist. Kurz: Selbstreflexivität muss aus Gründen religiöser Bildung durchaus material wie normativ gefüllt werden. Damit aber werden auch die beiden anderen Problemüberhänge der Normativität und des Subjektbegriffs berührt.

Die Denkform der Aufgeklärten Heterogenität, wie sie anderenorts entfaltet und begründet wurde (Grümme, 2019), kann an dieser Stelle dieser Forderung nach Selbstreflexivität aufhelfen, indem sie formale und materiale Perspektiven zusammenbringt. Gleichheits-, Gerechtigkeits- und Identitätsfragen werden ja in ihr normativ korreliert und in eine Konstellation mit Selbstreflexivität gebracht. Von daher kristallisieren sich Grundlinien einer Aufgeklärten Praxeologie heraus, die das Anliegen der Praxeologie aufnimmt und konstruktiv weitertreibt (Grümme, 2021). Wenn es um Prozesse im Unterricht selber geht, wenn es um die Körperlichkeit und Materialität der Praxen geht, wenn es um Subjekte geht, wenn es um die – unreflex wirksamen – Strukturen und Mechanismen in Didaktik und Methodik geht: die Praxeologie bietet ganz offensichtlich ein längst überfälliges analytisches wie kritisch-konstruktives Instrumentarium (Röhl, 2016, S. 338). Normativität lässt sich denken in einer Vernunft, die alteritätstheoretisch ausgelegt ist, sich also nicht idealistisch aus sich selber rekrutiert.  Sie kann Universalität als Horizont für alle und Verantwortung konzipieren, ohne das Subjekt in reinen Subjektivierungsprozessen radikal zu dekonstruieren. Indem sie ihren Ausgang beim Einbruch des Anderen nimmt, ohne die Verstehens- und Orientierungsleistungen subjekthafter Freiheit zu dekonstruieren, versteht sie sich als eine nachmetaphysisch-kontextuelle Vernunft (Grümme, 2018, S. 171–197), die freilich stark genug ist, in der oben mit Norbert Ricken herausgearbeiteten subjekttheoretischen Aporetik ein hinreichend verantwortliches Subjekt zu denken und zugleich einen weiterführenden, spezifisch religionspädagogischen Vorschlag in der Normativitätsfrage zu unterbreiten (Grümme, 2021). Die Option des Glaubens für die Exkludierten und Unfreien lässt sich mit ihr ohne Moralisierung und Übernormierung mit normativem Anspruch begründet artikulieren, um auf diese Weise erst das Spezifische einer religionspädagogischen Praxeologie zur eingangs erörterten Professionalisierungsdebatte profilieren zu können. Denn „Religionspädagogik ist weit mehr als Einführung in Religion. Sie muss nicht nur initiativ, sondern auch identifikatorisch an die radikale Solidarität Jesu mit den Schwächsten der Schwachen anschließen.“ (Pirker, 2013, S. 82) Das anwaltliche Eintreten für die Anderen, für die Benachteiligten und Armen im Geiste biblischer Gerechtigkeit in der Nachfolge Jesu wird strukturierendes Axiom religionspädagogischer Professionalität, auch wenn Religionslehrkräfte die „Restriktion der materiellen und sozialen Ressourcen ihrer Schülerinnen und Schüler nicht lösen“ können (Pirker, 2013, S. 82). Aufgeklärte Praxeologie will ihren Beitrag dazu leisten, nicht mehr, aber auch nicht weniger.

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Dr. Bernhard Grümme, Professor für Religionspädagogik und Katechetik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ruhruniversität Bochum