Um freiwilliges Engagement in religionspädagogischen Horizonten zu reflektieren, werde ich in drei Schritten vorgehen.[1] Im ersten Teil werde ich einige empirische Befunde zum Ehrenamt als Ort lebenslangen Lernens im Raum der Kirche vorstellen, dann religionspädagogisch orientieren und Ehrenamt als zentralen Ort informellen Lernens im Raum der Religion skizzieren, und schließlich über Gestaltungsperspektiven im Sinne von Konsequenzen aus dem Skizzierten für religionspädagogische Arbeit nachdenken.
1 Ehrenamt als Ort lebenslangen Lernens – Notizen zum Forschungsstand
Was wissen wir eigentlich über Ehrenamt als Ort lebenslangen Lernens? Diese Frage ist aus mehreren Gründen gar nicht so einfach zu beantworten. Zum einen ist nicht einfach zu bestimmen, was als Ehrenamt zu fassen ist und was nicht. Zum anderen wird Ehrenamt bzw. Engagement weniger in pädagogischen Zusammenhängen erforscht als vielmehr im Kontext von politologischen, soziologischen oder kybernetischen Diskursen um Zivilgesellschaft oder Kirchenentwicklung. Im Bereich der evangelischen Theologie ist das Ehrenamt ein ziemlich blinder Fleck, nur wenige Kolleg*innen an den Universitäten und Hochschulen haben sich empirisch und theoretisch damit in den letzten Jahren auseinander gesetzt. Die großen Ehrenamtsstudien sind vorrangig im Auftrag der Kirchen entstanden.[2]
1.1 Was ist Ehrenamt?
Der Begriff des Ehrenamtes wird vorrangig für Engagement in bestimmten institutionellen Kontexten verwendet (z.B. dem Schöffenamt) und impliziert einen bestimmten moralischen Anspruch („Ehre“). In der Forschung und in der Politik finden sich daher vorrangig andere Begriffe wie (bürgerschaftliches) Engagement, Freiwilligenarbeit, „community service“ oder „volunteering“ (Reinders, 2014, S. 11). Die evangelischen Kirchen haben sich bewusst entschieden, am Begriff des Ehrenamtes aus theologischen Gründen festzuhalten, um zu verdeutlichen, dass das Engagement ein Amt im Sinne des Priestertums aller Getauften ist.[3] Auch im kirchlichen Raum steht die Definition von Ehrenamt vor Problemen, weil ungeklärt ist, wo Teilnahme aufhört und Ehrenamt beginnt[4] und wo Ehrenamt aufhört und berufliche Tätigkeit gegen Bezahlung beginnt[5], oder noch komplexer, was bei der zahlenmäßig erstaunlich großen Gruppe ehrenamtlich engagierter beruflich Mitarbeitender Ehrenamt und was Hauptamt ist.
In den zahlreichen Gesetzen und Richtlinien, die die einzelnen Landeskirchen in den letzten Jahren verabschiedet haben, werden als zentrale Kennzeichen ehrenamtlichen Engagements in der Kirche solche Tätigkeiten benannt, die
in Kirche und Diakonie (Engagementort)
freiwillig (Motivation)[6]
unentgeltlich (Gratifikation)
außerhalb von Familie und Nachbarschaft (Organisation)
durchgeführt werden. Unscharf ist dabei – wie angedeutet – die Grenzziehung zwischen Teilnahme und Mitarbeit (z.B. im Kirchen- oder Posaunenchor) und daraus abgeleitet die Frage, wie viel Verantwortung mit dem Begriff „Ehrenamt“ verknüpft wird. Auch die Frage der Honorierung ehrenamtlicher Tätigkeit wird derzeit unter dem Stichwort „Monetarisierung des Ehrenamts“ konträr diskutiert (vgl. www.evangelisch-ehrenamt.de). Möglicherweise bildet sich eine dritte Gruppe, nämlich die der bezahlten „Bürgerhelfer*innen“ zwischen Engagement und Erwerbsarbeit heraus (vgl. Coenen-Marx, 2017, S. 93; Fischer, o.J.).
In diesem Zusammenhang ist ein kurzer Verweis auf den Professionalitätsbegriff von Nöten. Immer wieder findet man im kirchlichen Sprachgebrauch die Unterscheidung zwischen „Ehrenamtlichen“ und „Professionellen“. Diese Unterscheidung ist unsachgemäß, denn häufig haben Ehrenamtliche in dem, was sie tun, eine höhere Professionalität im Sinne der Qualität der geleisteten Arbeit (vgl. Nittel, 2011, S. 48; Hofmann, Maas, Sommer-Loeffen & Stoppig, 2016, S. 308–324) als die hauptamtlich dafür Verantwortlichen. Andernfalls würde man dem Journalisten, der den Gemeindebrief gestaltet, dem Steuerberater, der als Kirchenpfleger amtiert oder der ehrenamtlich engagierten Psychologin im Flüchtlingscafé die Professionalität absprechen.
„Ehrenamt als Ort lebenslangen Lernens“ ist der besondere Fokus in diesem Beitrag. Das Konzept des „Lebenslangen Lernens“ ist ein bildungspolitisches Programm (vgl. OECD 1996), dessen Wurzeln hier nicht genauer untersucht werden können. In diesem Beitrag interessieren weniger die bildungspolitischen Programme, sondern Ehrenamt als Querschnittsthema, als ein Lernort, der fast ein Leben lang und zu ganz unterschiedlichen Gelegenheiten im Leben, in fast jedem Lebensalter und in fast jeder Lebenslage, wahrgenommen werden kann.
Das intoniert zugleich eine Besonderheit von Ehrenamt im kirchlichen Raum: Im Vergleich zu den vielen anderen Engagementorten, die sich in unserer Gesellschaft heute bieten, beginnt das Ehrenamt in der Kirche für viele ziemlich früh, nämlich schon mit 14 oder 15 Jahren, manchmal sogar davor, und es reicht für viele in ein höheres Lebensalter als in den meisten anderen Engagementbereichen, wie die folgende Grafik zeigt.
Abbildung 1: Abb. aus Sinnemann, 2017, S. 14
Dass es gerechtfertigt ist, von Ehrenamt im Raum der Kirche als lebenslang zugänglichem Ort für Engagement zu sprechen, zeigt die folgende Grafik zur Altersverteilung aus der großen Studie zur Evaluation des Ehrenamts in der ELKB (über 10 000 Befragte):
Abbildung 2: Altersverteilung der ehrenamtlich Engagierten in der ELKB, König & Maschke, 2018, o.S.
1.2.Ehrenamt als Lernort
Inwieweit ist das Ehrenamt auch ein Ort lebenslangen Lernens? Das ist eine Frage, die im nächsten Abschnitt grundlegend aus religionspädagogischer Perspektive reflektiert wird. An dieser Stelle werden ein paar empirische Befunde zu diesem Thema vorgestellt.
Ehrenamt als Lernort wird in den empirischen Untersuchungen meist über Kompetenzerwerb operationalisiert. Zu den forschungsmethodologischen Problemen gehört die Frage, ob man Kompetenzerwerb im Ehrenamt nur retrospektiv und dann meist qualitativ erforschen kann oder ob der Zugewinn tatsächlich im Lernprozess oder kurz danach messbar ist. Ein weiteres Problem ergibt sich bei der Suche nach den Gründen bzw. Ursachen für Kompetenzgewinn. Meist ist er multifaktoriell bedingt und nur schwer auf einzelne Impulse oder Erfahrungen zurückführbar.[7]
Der Freiwilligensurvey, eine seit 1999 alle fünf Jahre stattfindenden Befragung von Ehrenamtlichen im Auftrag des Bundesministerums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, untersucht die Frage nach dem Kompetenzerwerb regelmäßig. Düx fasst die Ergebnisse des zweiten Freiwilligensurveys und einer empirischen Studie zum Kompetenzerwerb im freiwilligen Engagement so zusammen:
„In allen Altersgruppen geht zumindest ein Drittel der Engagierten davon aus, dass das Engagement für sie in hohem oder gar sehr hohem Maße eine Bildungswirkung hat. Selbst bei den über 65-Jährigen ist dies der Fall. Das heißt, es zeigt sich in allen Altersklassen ein bedeutender Lern- beziehungsweise Kompetenzzuwachs. Nicht ganz überraschend ist dies bei der jüngsten Altersgruppe der 14- bis 30-Jährigen mit 55 Prozent am deutlichsten der Fall. …Der Kompetenzgewinn aus einem jugendlichen Engagement [hat] nachhaltige Effekte, die auch im Erwachsenenalter noch wirksam sind,und zwar sowohl bezüglich der beruflichen Orientierung und Karriere, des Kompetenzprofils und der Persönlichkeitsentwicklung als auch hinsichtlich gesellschaftlicher und politischer Beteiligung.“ Düx, 2009, S. 95–96)
Im 4. FWS von 2014 berichten 73,7 % von den knapp 35,4 Mio. freiwillig engagierten Menschen in Deutschland, dass sie soziale Fähigkeiten (z.B. Teamfähigkeit, Zuhören können) in ihrer Tätigkeit erworben haben. Darüber hinaus geben 57,7 % der Engagierten persönliche Fähigkeiten (z.B. Selbstständigkeit, Zeitmanagement oder Arbeitstechniken) und 52,8 % Fachkenntnisse an, die sie im Laufe ihres Engagements erwerben und weiterentwickeln konnten. Besonders herausgestellt wurde der Erwerb von sozialen und personalen Kompetenzen der 14- bis 29-Jährigen, im Vergleich zu den anderen Altersgruppen (Simonson, Vogel & Tesch-Römer, 2017, S. 368). In der aktuellen Studie von Düx (2014, S. 46) berichtet die Autorin über die Stärkung des Selbstvertrauens engagierter Jugendlicher durch konkret erlebte Nützlichkeit und gesellschaftliche Relevanz ihres Tuns. Sowohl die Ermutigung zur Verantwortungsübernahme, als auch das Zutrauen in die eigene Person und die Fähigkeiten fördert bei den Engagierten eine hohe Engagementbereitschaft, Freude an der Tätigkeit und birgt große Lernpotentiale zur Weiterentwicklung sozialer und personaler Kompetenzen.
Während Qualifikationserwerb als Motivation für Engagement – wie gesehen – vor allem bei Jüngeren eine große Rolle spielt, geht es bei den Älteren eher darum, vorhandene Qualifikationen weiterhin nutzbringend einzusetzen, also Selbstwirksamkeit zu erfahren, Sinnerfahrungen zu machen und soziale Kontakte zu pflegen, wie die folgende Grafik zeigt.
Abbildung 3: Abb. aus Sinnemann, 2017, S. 24
Im Blick auf Lernprozesse im Ehrenamt ist ein weiterer Befund interessant: So zeigte sich in der Auswertung der 5. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (Pickel, 2014, S. 115; 2015, S. 279–301), dass evangelische Engagierte ein überdurchschnittlich hohes interpersonales Vertrauen haben. Engagement unterstützt, so der Befund, die Entwicklung von sozialem Vertrauen sowie Offenheit und Toleranz gegenüber anderen Religionen. Auch das ist ein Lernertrag des Ehrenamts.
Im Zusammenhang mit dem Diskurs zum lebenslangen Lernen ist schließlich noch ein Blick auf Engagementkarrieren von Interesse. Studien zeigen, dass Menschen, die sich als Jugendliche engagiert haben, wahrscheinlicher auch als Erwachsene wieder Zugang zu Engagement finden.
„Während sich über die Hälfte der in ihrer Jugend Engagierten auch im Erwachsenenalter weiter freiwillig engagiert (54 Prozent), haben nur etwa 15 Prozent der früher Nicht-Engagierten nach dem 22. Lebensjahr ein Engagement aufgenommen (insgesamt 36 Prozent, laut Freiwilligensurvey). Damit lässt sich erkennen, dass ein Engagement im Jugendalter die Wahrscheinlichkeit deutlich erhöht, sich auch im Erwachsenenalter gesellschaftlich zu engagieren, das heißt, wer früh in ein Engagement einsteigt, bleibt in der Regel auch als Erwachsener dabei.“ (Düx 2009, S. 97)
Auch das sich Engagieren wird also erlernt. Oder es wird vererbt: Die Konfiteamer-Studie (Schweitzer, Hardecker, Maaß, Ilg & Lißmann in Verbindung mit Schreiner & Sendler-Koschel, 2016, S. 83) hat gezeigt, dass ein kirchlich engagiertes Elternhaus die Engagementchancen erhöht. Allerdings hat Kirche hier häufig ein Passungsproblem, d.h. es gelingt den Verantwortlichen in kirchlichen Engagement-Orten nicht besonders gut, mit der wachsenden Mobilität von Engagierten umzugehen und Ehrenamtliche gezielt und über das kirchliche Milieu hinaus zu gewinnen. An diesem Punkt sind bürgerschaftliche Engagementagenturen oft wesentlich erfolgreicher. Und Kirche teilt mit anderen Engagementorten auch ein Milieuproblem, denn Ehrenamt ist nicht für alle ein Ort lebenslangen Lernens: Es wird bisher nur von sozial besser gestellten und bildungsaffinen Menschen als zugänglich erlebt. Es gibt also auch im kirchlichen Ehrenamt eine soziale Schere (vgl. Fischer, 2017).
2 Ehrenamt als religionspädagogisches Thema – Religionspädagogische Orientierungen und Forschungsdesiderata
Ich beginne meine Reflexion zu diesem Themengebiet mit einer These:
Ehrenamt ist vorrangig ein Ort informellen Lernens, der sich dem religions- und gemeindepädagogischen Zugriff weitgehend entzieht (und daher wenig beachtet wird). Es ist aber trotzdem ein Ort, an dem religiöses Lernen und Lernen über Religion (im Sinne von religious literacy) stattfindet.
Wie die empirischen Studien gezeigt haben, wird Lernen im Ehrenamt vor allem als Erwerb von sozialen und personbezogenen Kompetenzen beschrieben. Religiöses Lernen oder Lernen über Religion ist dabei in den Studien bisher kaum thematisiert worden, mit Ausnahme der Studie von Schweitzer et al. (2016). Hier besteht viel Forschungsbedarf.
Interessant ist außerdem die Frage, in welcher Art von Lernprozessen im Ehrenamt etwas gelernt wird. Ist der Kompetenzgewinn vor allem den formellen Lernprozessen im Rahmen von Juleica, Konfiteamerausbildung, Telefonseelsorgeausbildung, Prädikantenfortbildung o.ä. zuzuschreiben oder – was ich für wesentlich wahrscheinlicher halte und was von der Konfiteamerstudie (Schweitzer et. al., 2016) bestätigt wird – vor allem dem Lernen in der konkreten Ehrenamtspraxis als informellem Lernen in nonformalen Kontexten? Informelles Lernen wird hier im Anschluss als „situationsspezifisches, beiläufiges, in Arbeits- und Lebenszusammenhängen eingebundenes, vielleicht beabsichtigtes, aber nicht expliziten pädagogischen Programmen folgendes Lernen“ (Riegel, 2016, S. 606) definiert.
Beide Formen des Lernens – formelles und informelles Lernen – finden im Ehrenamt statt. Veranschaulicht mit Hilfe des Koordinatensystem zu Bildung aus dem 12. Kinder- und Jugendbericht von 2005 (BMBFSJ, 2005, S. 97), das für das Graduiertenkolleg „Bildung als Landschaft erforschen“ (vgl. www.bildungslandschafterforschen.de) ein wichtiges Geländer war, lassen sich Lernprozesse im Ehrenamt in den Bereichen von formalen und nonformalen Orten und formellen wie informellen Lernprozessen wie folgt darstellen:
Abbildung 4: Bildungsprozesse im Ehrenamt im Koordinatensystem 12. Kinder- und Jugendbericht 2005, eigene Darstellung
Ehrenamt als Ort lebenslangen Lernens geschieht vor allem als informelles religionsbezogenes Lernen an non-formalen Lernorten und als informelles nicht-religionsbezogenes Lernen an in religiösen Kontexten eröffneten non-formalen Lernorten (vgl. Hofmann, Scheunpflug, Endres, Pitter & Wagener, 2019). Informelle Bildungsgelegenheiten wie das Ehrenamt werden bisher in der Forschung nicht als religiös konnotiert wahrgenommen.
Ein Blick in die bisherige Theoriearbeit zu informellem Lernen im religionspädagogischen Diskurs zeigt, dass im Kontext informellen Lernens bisher vor allem Familie, Gemeinde und Öffentlichkeit in den Blick gekommen sind (Riegel, 2016). Das Themea Ehrenamt liegt quer zu diesen drei Feldern, es findet häufig in einem Zwischenraum zwischen Gemeinde und Öffentlichkeit, in halböffentlichen Räumen (Flüchtlingsinitiativen, Eine Welt- oder Friedensarbeit) und manchmal auch in quasi privaten Zusammenhängen statt, z.B. bei Geburtstagsbesuchen.
Mit Riegel (2016, S. 615–616) gehe ich trotzdem davon aus, dass Ehrenamt zum einen ein Ort ist, in dem religiöses Lernen stattfindet, z.B. wenn Konfiteamer oder Kindergottesdiensthelfer über die Vorbereitung und Teilnahme an Gottesdiensten ihr eigenes Gottesbild klären und in religiöse Praxis hineinwachsen. Zum anderen ist Ehrenamt im Raum der Kirche auch ein Ort, in dem über Religion gelernt wird, wenn z.B. Mitarbeitende in einer Flüchtlingsinitiative die Kirche als einen Ort erleben, in dem sich Menschen aus ihrem Glauben heraus für eine Willkommenskultur, gegen Rassismus und für den Schutz und die Integration Geflüchteter engagieren. Manchmal vermischen sich beide Dimensionen, z.B. wenn im Rahmen von Eine-Welt-Arbeit in der Partnerschaft mit einer Diözese in Tansania Besuchergruppen mit der Spiritualität der tansanischen Partner konfrontiert sind und nach ihrer eigenen Religiosität gefragt werden. Ein drittes Beispiel kommt aus Mecklenburg, wo die dortige Ehrenamtsreferentin berichtet hat, dass sich im Aufbau eines Hospizes viele Menschen engagiert haben, die bisher keinen Bezug zu Kirche hatten. Im Hospiz werden sie dann mit christlichen Ritualen in der Sterbebegleitung und mit christlichen Vorstellungen von Tod und Auferstehung konfrontiert und zum eigenen Nachdenken angeregt. Inwieweit sie sich diese zu Eigen machen, ist unerforscht, aber wir können davon ausgehen, dass sie sie zumindest als Teil der christlichen Religion kennenlernen.
Dabei gilt sehr grundsätzlich, und das macht das Forschen hier wieder schwierig:
Religiöse Bildung ist fundamental mit anderen Bildungsprozessen verschränkt. Wer sich mit religiösen Fragen auseinandersetzt, lernt zugleich etwas über sich und die Welt – und umgekehrt. Das lässt sich nicht oder nur schwer voneinander trennen. Im Engagement wird beiläufig etwas über Religion gelernt. Dieses Lernen geschieht häufig nicht intentional, sondern im Kontext sozialer Beziehungen und Aktivitäten.
Wenn wir jetzt noch die Frage nach dem Lernen von und über Religion in die Bildungssystematik zu formellem und informellem Lernen einzeichnen, braucht es eigentlich eine zusätzliche Dimension. Denn Bildung am Lernort Engagement geschieht sowohl religionsbezogen als auch nicht religionsbezogen und kann eher formell geschehen, aber auch informell, oder, wie das neue Bildungskonzept der ELKB (2016, S. 57) formuliert, als „beiläufige religiöse Bildung“, die nur schwer genau auf der dritten Achse zu verorten ist.
Abbildung 5: Bildungsprozesse im Ehrenamt mit Dimension Religionsbezug, eigene Darstellung
3 Gestaltungsperspektiven
Welche Konsequenzen hat all das für die religions- und gemeindepädagogische Arbeit? Dazu will ich abschließend ein paar Aspekte skizzieren.
3.1 Pädagogische „Gestaltung“ informeller Lernprozesse im Engagement? – Räume eröffnen
Informelles Lernen geschieht jenseits von Curricula und pädagogisch gestalteten Lernprozessen.[8] Von daher ist zu fragen, inwieweit im Blick auf Engagement überhaupt etwas religionspädagogisch „gestaltet“ werden kann? Die pädagogische Aufgabe im Blick auf informelle Lernprozesse liegt nicht in der Gestaltung dieser Prozesse, sondern in ihrer Ermöglichung und Vorbereitung. Es geht darum, Lernarrangements zu schaffen, die Aneignungslernen ermöglichen, und Selbstlernen zu begleiten. Um diese Aufgabe angemessen zu beschreiben, erweisen sich Raumaneignungstheorien als hilfreich, wie sie im Blick auf sozialräumliche Bildungsprozesse z.B. in der Sozialpädagogik diskutiert werden. Im Anschluss an die Soziologin Löw (2015) kann die Aneignung von Räumen als „Spacing“ beschrieben werden.
Kuckhermann (2018) skizziert diesen Prozess so:
„Aneignung ist dabei in einem doppelten Sinne zu verstehen: als Akt der Partizipation, als das Sich-zu-eigen-Machen von Räumen durch das eigene Handeln (Spacing), und als Prozess des Lernens und der Bildung durch die aktive Auseinandersetzung mit den gegenständlichen und sozialen Gegebenheiten eben dieses Raumes (Lernen). Spacing als Konstitution eines (Außen-) Raumes ist untrennbar mit der Entwicklung von Wissen und Fähigkeiten aufseiten der beteiligten Individuen verbunden, also mit der Perspektive von Lernen und Bildung.“ (Kuckhermann, 2018, S. 89-90)
Das pädagogische Selbstverständnis, das mit einer solchen Lernperspektive verknüpft ist, wird vor allem in der konstruktivistischen Didaktik (z.B. Siebert 2009) skizziert: Es geht für Pädagog*innen als pädagogische Grundhaltung darum, nicht selbst etwas zu tun, sondern andere etwas tun lassen. Besonders wirksam, so zeigen Befunde aus dem Graduiertenkolleg, sind informelle Lernprozesse dort, wo Menschen selbst als Lehrende auftreten und Erlerntes an andere weitergeben (vgl. Scheunpflug & Welser, 2019, Schweitzer et al., 2016, S. 205).
Trotz der hohen Autonomie der Lernenden im informellen Lernen ist Lernen im Engagement kein unbegleitetes Lernen. Zu den Stärken kirchlichen Engagements gehört die Präsenz und Begleitung durch Hauptamtliche, die den Rahmen für die notwendigen Lernprozesse schaffen können und dafür notwendige Ressourcen an Raum, Zeit und Material zur Verfügung stellen können.
3.2 Ehrenamt als Lackmustest für die Subjektorientierung evangelischer Bildung
Lernen im Engagement geschieht individuell, weil die Engagierten unterschiedlich motiviert sind, unterschiedliche Vorerfahrungen mitbringen und unterschiedliche Aufgaben übernehmen. Bildung im Kontext von Engagement muss daher personbezogen, subjektorientiert, freiwillig, selbstbestimmt und selbständig sein. Wie diese Art des Lernens von den Lernenden wahrgenommen wird, beschreibt eine Konfiteamerin eindrücklich:
„Die Arbeit als Konfi-Begleiterin, die ist einfach viel freier. Man hat viel mehr Spaß daran, man lernt gerne was. In der Schule ist es ja so: Man hat strikte Vorgaben, man hat ‘nen Lehrplan, die Lehrer müssen es durchbringen, die Schüler […] müssen es verstehen und dann ihre Klausur eben schreiben, bekommen ihre Noten und gehen wieder. Und im Konfi ist es so: wir machen es ja freiwillig, wir WOLLEN es ja machen. […] man arbeitet viel lieber, und es ist einfach so, wenn man gerne etwas macht, wenn man Spaß daran hat, dann ist man auch viel aufnahmefähiger, und dann ist man auch für neue Situationen offener, als wenn man immer nur in der Schule und immer nur dasselbe und man lernt jetzt das. […] Also, im Konfi, es macht einfach mehr Spaß und das Spektrum an dem, was man lernen kann, ist weiter.“ (Schweitzer et.al., 2016, S. 219)
Wie in 3.1. schon beschrieben, liegt die religionspädagogische Aufgabe darin, diese Lernprozesse zu ermöglichen und nicht zu stören und auch theologisch zu verkraften, dass Menschen hier nicht nur für den kirchlichen Auftrag und „die Sache“ brennen, sondern auch eigene Interessen und Lernanliegen verfolgen und daher ganz Unterschiedliches aus dem Engagement ziehen. Subjektorientierung zu achten, bedeutet hier, eine pädagogische Gratwanderung zu gestalten zwischen der Beschreibung erforderlicher Kompetenzen (z.B. bei der Juleica, der Telefonseelsorgequalifizierung etc.) und der Berücksichtigung und Achtung der individuellen Lerninteressen und Motive.
3.3. Religions- bzw. gemeindepädagogische Herausforderungen
Drei Felder möchte ich benennen, in denen ich derzeit besondere Herausforderungen für die religions- bzw. im engeren Sinn gemeindepädagogische Theorie und Praxis wahrnehme:
Konfirmandenarbeit bzw. Konfirmationsarbeit: Die Mitarbeit von Jugendlichen nach der Konfirmation in der Konfirmandenarbeit (als sog. „Konfiteamer“) wird vielerorts eine zentrale Erscheinungsform von kirchlicher Jugendarbeit. Allerdings wird die Konfirmandenarbeit in manchen Bereichen der kirchlichen, vor allem der verbandlichen Jugendarbeit nicht als Teil von Jugendarbeit gesehen. Daher werden die dort engagierten Jugendlichen manchmal nicht als wichtige Säule kirchlicher Jugendarbeit betrachtet. Konfirmandenarbeit gilt als pfarrerdominiert und daher nicht als partizipativ und selbstbestimmt. Hier müssen beide Seiten ihre Bilder voneinander überprüfen, aber auch die gegenseitigen Anfragen ernst nehmen. Konfi-Teamer-Arbeit kann eine wichtige Erfahrung von Selbstwirksamkeit und Gemeinschaft sowie von Kirche und Religion sein, wenn Jugendlichen dafür entsprechende Spiel- und Handlungsräume eröffnet werden. Solche Engagementorte nicht als Jugendarbeit wahrzunehmen, würde bedeuten, einen wichtigen Wandel kirchlicher Arbeitsformen „zu verschlafen“ und an Formen und Bildern von Jugendarbeit festzuhalten, die den Lebenswelten von Jugendlichen zunehmend weniger entsprechen.
Wie bei den Motiven für Engagement sichtbar wird, erwarten ältere Menschen vom Ehrenamt Kontaktmöglichkeiten mit Menschen der jüngeren Generation. Dieser Wunsch ist allerdings einseitig und wird von den jüngeren Engagierten nicht im gleichen Maße geteilt, sie suchen eher den Kontakt zu Gleichaltrigen oder nur wenig Älteren. Mit dieser schiefen Erwartungsstruktur müssen Hauptamtliche Ehrenamtskoordinator*innen angemessen umgehen. Es gibt viele Engagementbereiche, in denen die intergenerationelle Begegnung zentrales Element ist und gut gelingt, z.B. in der Flüchtlingshilfe, bei Lesepatenschaften oder Hausaufgabenhilfe. Auch in manchen Formen der Konfirmandenarbeit, z.B. dem Konficamp, erweist sich eine Mischung der Altersgruppen von Engagierten als hilf- und lehrreich für alle Seiten, wenn bestimmte Grundregeln des Miteinanders geklärt sind.
Seit dem Ausbau der Ganztagsschulen ist kirchliche Jugendarbeit eingeladen und aufgefordert, sich in die Angebote von Ganztagsschulen einzubringen. Die Erfahrungen sind ambivalent. Denn diese Verschränkung formaler und nonformaler Lernorte kann das Selbstverständnis von Engagement im kirchlichen Raum tangieren: Neigungsgruppen oder Projekte, die im Rahmen von Ganztagsschulen angeboten werden, sind u.U. nicht mehr freiwillig, partizipativ und selbstbestimmt, sondern vom schulischen Rahmen dominiert. Sie werden von den Schüler*innen möglicherweise als Servicelearning oder Schulpraktikum wahrgenommen und nicht als freiwilliges Engagement. Hier ist sehr genau auf die Rahmung und die Gestaltungsbedingungen zu achten, um die Eigenlogik kirchlichen Engagements und die oben beschriebenen Lernchancen zu bewahren.
3.4. Religiöses Lernen am Lernort Engagement ermöglichen?
Wie kann die religiöse Dimension in die Lernorte ehrenamtlichen Engagements eingespielt werden? Ist sie eine Melodie, die dazugehört und auch von den Engagierten als solche betrachtet und gewollt wird? Oder ist sie eher etwas kirchlich Gewolltes, das von den Engagierten „in Kauf genommen“ wird? Oder etwas, das so implizit und beiläufig geschieht, dass es von den Engagierten kaum wahrgenommen wird? An dieser Stelle sehe ich, wie schon angedeutet, einen hohen Forschungsbedarf. Und gleichzeitig gilt als zentrale Überschrift über diesen Teil die doppelte religionspädagogische Paradoxie (vgl. Endres, 2018):
Hier geht es um etwas, das wir aus theologischen und pädagogischen Gründen eigentlich nicht „machen“ oder gestalten können, weil es selbstbestimmt und geistgewirkt geschieht. So müssen wir es als Pädagoginnen und Pädagoge aushalten, das wir hier Lernmöglichkeiten durch Raumeröffnung ermöglichen und dann abwarten müssen, was die, die sich in diesen Lernräumen bewegen, für sich darin entdecken. Das nenne ich „auf die Kraft des Heiligen Geistes vertrauen“, eine ziemlich pfingstliche Haltung, die uns da zugemutet ist.
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Simonson, J., Vogel, C. & Tesch-Römer, C. (Hrsg.) (2017). Freiwilliges Engagement in Deutschland. Der Deutsche Freiwilligensurvey 2014. Wiesbaden: Springer VS.
Sinnemann, M. (2017). Engagement mit Potenzial. Sonderauswertung des vierten Freiwilligensurveys für die evangelische Kirche. Hannover: creo-media.
www.evangelisch-ehrenamt.de
Dr. Beate Hofmann, Professorin für Diakoniewissenschaft und Diakoniemanagement, Kirchliche Hochschule Wuppertal/Bethel, Bielefeld
Schriftliche Fassung eines Vortrags bei der Jahrestagung der GwR am 16.9.2018 in Bamberg.
Das Thema „Ehrenamt“ wurde z.B. in der TRE nicht behandelt, erst in der 4. Auflage der RGG (Bd. 2, 1999 Sp. 1105–1113) und im Evangelischen Soziallexikon (J. Hübner ESL Neuausgabe 2001, S. 305–308) wird das Thema aufgenommen. In vielen praktisch-theologischen Lehrbüchern fehlt das Thema, auch Übersichten zum Forschungsstand im Raum Religion/Kirche sind ein Desiderat. Hinweise finden sich bei Klöckner, 2016.
So heißt es z.B. in der Kundgebung der EKD-Synode (2009, S. 4): „Christlich verstandenes Ehrenamt gereicht nicht nur denen zur Ehre, die es ausüben, sondern dient zuerst und zuletzt der Ehre Gottes und dem Wohl der Menschen“.
Ein typisches Beispiel ist musikalisches Engagement. Mitspielen im Posaunenchor wird meist als Teilnahme gesehen; wenn aber der Posaunenchor regelmäßig bei Gottesdiensten, Beerdigungen oder bei anderen Gelegenheiten spielt, ist das als Ehrenamt zu betrachten.
In vielen Engagementbereichen werden inzwischen Aufwandsentschädigungen bezahlt, die über die reine Erstattung von Aufwendungen hinausgehen, z.B. bei Gruppenleitungen, bei Freizeiten oder in Aufsichtsgremien („Sitzungsgeld“).
Im staatlichen Bereich gibt es auch unfreiwillige Ehrenämter wie die Wahlhelfer- oder die Schöffenfunktion.
Im Rahmen des Graduiertenkollegs „Bildung als Landschaft erforschen“ entstehen derzeit zwei Studien, die sich dieser methodologischen Herausforderung stellen, nämlich die Arbeiten von Judith Höhn und Frank Clemenz. Die Studie von Judith Höhn (vormals Pitter) beschäftigt sich mit freiwilligem Engagement in der Konfirmandenarbeit und untersucht den Kompetenzgewinn auch für formale Bildung; Frank Clemenz untersucht die Jugendleiterausbildung als non-formale Qualifizierungsmaßnahme und deren Einfluss auf die personale und soziale Kompetenzentwicklung von freiwillig engagierten Jugendlichen.
Schröder, 2012, S. 514 beschreibt die Rolle des Lernenden im informellen Lernen als „Autor seines Lernprozesses“.