1 Flucht und Migration: „Chefsache“ der Katholischen Kirche

Seit dem ersten Januar 2017 sind Flucht und Migration in der Katholischen Kirche „Chefsache“: An diesem Tag hat ein von Papst Franziskus am 17. August 2016 neu gegründetes Dikasterium seinen Dienst aufgenommen. Dieses Dikasterium für den Dienst zugunsten der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen widmet sich den zahlreichen Herausforderungen der Gegenwart: Migration, Umwelt, Armut, Kranke und Ausgeschlossene, Gefangene, Arbeitslose, Opfer von Kriegen und Naturkatastrophen, von Sklaverei, Menschenhandel und Folter. Die „Abteilung für Flüchtlinge und Migranten“ wird von Papst Franziskus selbst geleitet. Die meisten Katholik*innen in Österreich wissen das freilich und offenkundig nicht – und manche lehnen das eindeutige Commitment des Papstes sogar offen ab.[1] Überdies gibt es auch in der deutschsprachigen katholischen Kirche rechtspopulistische und rechtsextreme Gruppen, die das kirchliche Engagement für Migrant*innen und geflüchtete Menschen – von Seiten zahlreicher Pfarrer und der Caritas – scharf bekämpfen.(Strube, 2013a, 2013b, 2017) Die Deutsche Bischofskonferenz widmet sich diesem Phänomen in ihrer Migrationskommission.

Die Zentralität des Themas Migration für die Katholische Kirche ist jedoch keine Erfindung des aktuellen Papstes, sondern hat eine jahrzehntelange Tradition. So hat sich die Katholische Kirche als eine der ersten internationalen Institutionen mit Migrationspolitik auseinandergesetzt. Bereits 1970 gründete Papst Paul VI. eine Päpstliche Kommission zu dieser Thematik, die 1988 durch Papst Johannes Paul II. in den Päpstlichen Rat der Seelsorge für Migranten und Menschen unterwegs[2]umgewandelt wurde. Die Apostolische Konstitution Exsul Familia (1952), die Instruktion De pastorali migratorum cura: Nemo est (1969) und – wegweisend in ihrem internationalen Horizont für die Gegenwart – die Instruktion Erga migrantes caritas Christi (2004) entwickeln die dieses Engagement tragenden theologischen Grundlagen. Das jüngste Dokument In Flüchtlingen und gewaltsam Vertriebenen Christus aufnehmen (2013) legt Richtlinien für die Seelsorge vor.Beide Dokumente begründen die kirchliche Verantwortung für Migrant*innen nicht primär mit der Nächstenliebe, sondern mit der geschuldeten Pflicht, für eine gerechte Welt der einen Menschheit zu sorgen und die Güter dieser Erde mit ihnen zu teilen.

Seit 1991 – eröffnet von Johannes Paul II. – gibt es zum „Welttag der Migranten“ eine alljährliche Botschaft zum Welttag der Migranten und Flüchtlinge.[3] Vor wenigen Wochen hat Papst Franziskus bereits seine Botschaft für 2018 unter dem Titel „Die Migranten und Flüchtlinge aufnehmen, beschützen, fördern und integrieren“[4] veröffentlicht und dabei eine Reihe politischer Maßnahmen formuliert. Der Vatikan ist ein global aktiver politischer Akteur in Migrationsangelegenheiten: Er war beteiligt an der Erarbeitung der Internationalen Konvention der UN zum Schutz der Rechte migrantischer Arbeiter und ihrer Familien und unterstützt seit langem die Entwicklung internationalen Rechts zum Schutz von Migranten und Flüchtlingen.

Dieses Engagement hat tiefe theologische Grundlagen, denen ich im Folgenden nachgehe.

2 Migration: Ein Beitrag zur „Heilsgeschichte“ der Menschheit (?)

„Wir können also das gegenwärtige Migrationsphänomen als ein sehr bedeutsames ‚Zeichen der Zeit‘ betrachten, als eine Herausforderung, die es beim Aufbau einer erneuerten Menschheit und in der Verkündigung des Evangeliums des Friedens zu entdecken und zu schätzen gilt.“ (Erga migrantes, 2004, S. 14)

So formuliert es der Päpstliche Rat der Seelsorge für Migranten und Menschen unterwegs 2004 in seiner bereits erwähnten Instruktion Erga migrantes caritas Christi (Die Liebe Christi zu den Migranten). Die Katholische Kirche präsentiert in diesem Dokument eine bibeltheologisch, sozialethisch und soteriologisch-eschatologisch argumentierende Theologie der Migration.

Die internationalen Migrationen werden darin also als „Zeichen der Zeit“ betrachtet: als eine geschichtliche Wirklichkeit, in denen aus der Perspektive des christlichen Glaubens hier und heute Gottes Zuspruch und Anspruch erkannt werden können. Die Instruktion behauptet dabei nicht weniger, als dass Gott inmitten der internationalen Migrationen seine Heils- und Erlösungsgeschichte mit der Menschheit weitertreiben möchte und das Phänomen Migration zur Gnadenerfahrung werden kann – wenn sich die Gläubigen den damit verbundenen religiösen, ethischen und politischen Herausforderungen stellen. Der Zuspruch, die Zusage, dass sich im Kontext von Migration Gottes Zuwendung erfahren lassen kann, ist erkenntnistheoretisch und fundamentaltheologisch untrennbar gebunden an das Handeln, an die damit verbundenen ethischen und politischen Aufgaben. Im Handeln kann die Gnade wahrnehmbar werden.

Angesichts der Krisenphänomene, mit denen sich Migration verbindet, ist das eine gewagte Ansage. Man denke an die Migrationsursachen Armut und Krieg, an das Elend und die Angst geflüchteter Menschen oder an den rassistischen Menschenhass als Reaktion breiter Teile der globalen Weltbevölkerung, an Fundamentalismen, an den islamistisch begründeten Terror und zahlreiche (Bürger-)Kriege als Ursachen. Ist der Vatikan hier nicht zynisch und naiv zugleich? Worin gründet die Verwegenheit solcher Aussagen?

Sie hat ihre Ursachen zum einen im jahrzehntelangen konkreten praktischen Engagement der katholischen Kirche im Feld von Flucht und Migration. Dieses ist im deutschsprachigen Raum bisher weitgehend unbekannt, bildet aber – wie bei allen lehramtlichen Aussagen – den locus theologicus, den theologiegenerativen Ort der Texte. Wer sich für Migrant*innen und geflüchtete Menschen einsetzt, ist zweifellos mit massiver Gewalt, unendlichem Leid und unzähligen Tragödien konfrontiert, kann aber zugleich die Erfahrung machen, was christlicher Glaube als praktische Sinnstiftung konkret bedeuten kann und so in neuer Weise glauben lernen.[5] Zum anderen gründet eine solche Sicht auf Flucht und Migration zutiefst in der biblischen Tradition. Auch in dieser werden Flucht und Migration als zwar dramatische und schreckliche Erfahrungen thematisiert. Mittels theologischer Reflexion wird ihnen jedoch – von den Betroffenen selbst – praktisch und theoretisch Sinn abgerungen.

Ich versuche im Weiteren, diese von Hoffnung getragene Perspektive auf die internationalen Migrationen ein Stückweit nachvollziehbar zu machen.

3 Bibeltheologische Begründung: Migration als locus theologicus

Auch für die Katholische Kirche muss sich die Berechtigung, die zeitgenössischen Migrationen theologisch zu deuten, von der biblischen Tradition her begründen lassen. Dies ist möglich, weil Migration bereits für zahlreiche Texte des Alten Testaments ein, wenn nicht der zentrale theologiegenerative Ort war und wesentliche Texte des Neuen Testaments bei ihrer Interpretation der Geschichte auf die dabei erlernte Migrationshermeneutik zurückgreifen (Polak, 2017, S. 107–123).

3.1 Im Alten Testament: Lerngeschichte im Kontext von Migrationsphänomenen – Migration als Deutungsmatrix

So ist ein Großteil der Texte des Alten Testaments im Kontext von Migrationsphänomenen entstanden. Flucht, Vertreibung und Deportation, Leben in Exil und Diaspora, Versklavung, Elend, Armut und Perspektivlosigkeit und das Leben in unterdrückerischen imperialen Großreichen – Ägypten, Assur, Babylonien – bilden den Ausgangsort biblischer Reflexionen. Migration ist ein zentraler Geburtsort biblischer Theologie. Bibelexeget*innen wissen darum selbstverständlich. Aber wird dieser Tatsache auch entsprechend spirituelles und theologisches Gewicht beigemessen?

Migrationsphänomene werden dabei weder spiritualisiert noch theologisch überhöht. Migration ist zunächst ein Fluch und Ausdruck der Sünde. Aber dieser Fluch wird durch komplexe Reflexionen und vor allem praktische Konsequenzen zu einem theologischen Erkenntnisort und solcherart in einen Segen verwandelt. Der Sinn sowie die Hoffnung, die den Ereignissen abgerungen werden, sind keine beschönigenden „Kopfgeburten“, wohl aber intellektuell durchdrungene und praktisch verwirklichte Formen eines lebensrettenden Umgangs mit Migrationsphänomenen. Die Alternativen – Verzweiflung, Resignation, Tod – werden dabei nicht verschwiegen, erhalten aber nicht das letzte Wort im Umgang mit den Katastrophen.

So beschreibt z.B. das Buch Deuteronomium das Exil in Babylon als Konsequenz, dass Israel die Gesetze Gottes gebrochen hat: Fremde Götter wurden verehrt und die Verantwortung zum Aufbau einer gerechten Gesellschaft wurde vernachlässigt. In Israel herrschten Armut und Elend. Die Zerstörung Israels – zuerst des Nord-, dann des Südreiches – und die damit verbundenen Deportationen ins Exil waren die Folge. Denn ein Volk, in dem Unrecht und Ungerechtigkeit herrschen, hat keinen Bestand – so die theologischen und politischen Schlussfolgerungen der Verfasser. Die biblischen Autoren deuten diese Ereignisse und ihre schmerzhaften, leidvollen Konsequenzen als Strafe und Fluch Gottes: als Hinweis darauf, dass Gott Umkehr und Wiedergutmachung verlangt. Die Texte Israels bringen damit historisch eine neue Perspektive ins Spiel: Sie üben Selbstkritik. Der Glaube dient nicht der Stabilisierung und Legitimation bestehender Herrschaftsverhältnisse, sondern wird zum Stimulus selbstkritischen religiösen, sozialen und politischen Lernens.

Viele der biblischen Texte können auch als Selbstkritik einer Migrantengemeinschaft in einer katastrophalen Lebenssituation gelesen werden. Freilich wird die Gewaltherrschaft Ägyptens, Assurs, Babylons auch heftig kritisiert, Fremdenfeindlichkeit inklusive. Im Zentrum aber steht die Frage: Was bedeuten diese Ereignisse für uns? Was fordert Gott von uns? Welche Umkehr ist nötig – für uns? Während Ägypten, Assur, Babylon keinen Bestand haben werden, wird diese Art des Theologiebetreibens Israel eine Zukunft eröffnen – denn sie eröffnet die Möglichkeit zu religiöser, ethischer und politischer Erneuerung.

Migrationserfahrung lässt demnach Theologie entstehen. Der ethische Monotheismus wird wesentlich Migrations-Phänomenen abgerungen. Migrationshermeneutik ist sodann daher nicht selten die Matrix, in die Gottes Offenbarung eingeschrieben wird.

Die Erfahrung von Migration prägt die Wirklichkeitsdeutung der Schrift daher bereits in der Genesis. Die Geschichte der Menschheit beginnt mit der Vertreibung aus dem Paradies. Mensch-Sein heißt vertrieben sein. Das betont z.B. der Islam in seiner Auslegung der Paradiesvertreibung. Kain „geht sodann weg vom Herrn“ (Gen 4,16) – und je mehr sich die Nachfahren Kains vom Garten Eden entfernen, umso größer werden Gewalt und Sünde. Der „Neustart“ der Schöpfung nach der Sintflut beginnt mit der Auswanderung Noahs. Abraham muss seine Heimat verlassen, um zum Segen für alle Völker werden zu können. Er verliert nicht nur seine räumliche, sondern seine soziale und religiöse Heimat. Er muss Gott neu verstehen und glauben lernen und wird so zum Kritiker der Idolatrie. Diesen Aspekt wiederum betont die jüdische Tradition. Abrahams Urenkel Josef macht als Zuwanderer Karriere am Königshof Ägyptens (mit all den Diskriminierungen für einen Zugewanderten, man denke an die sexuelle Übergriffigkeit der Frau des Potiphar), bis die Nachkommen den Pharaonen Angst vor „Überfremdung“ bekommen und diese „Imperiums-Schädlinge“ versklaven. Beim ägyptischen Historiographen Manetho kann man lesen, wie die Hebräer als Gefahr für Gesundheit, Ordnung und Wohlstand Ägyptens betrachtet werden und daher vertrieben werden müssen (Nirenberg, 2015, S. 33–44).[6]

Der Exodus aus dieser Sklaverei wird zur Gründungserzählung und zeigt, wie durch die Erfahrungen von Flucht und jahrzehntelanger Wüstenwanderung mühsam jener Glaube gelernt wird, der bis heute für Juden und Christen grundlegend ist. Auch dies ist eine historische Revolution: Ein Volk von ökonomisch Ausgebeuteten und sozial „Überflüssigen“ deutet seine Fluchtgeschichte als religiöse Befreiungsgeschichte, die allen Menschen Segen bringen soll, indem Grundzüge von Demokratie und Sozialpolitik als Antwort auf die Katastrophe entwickelt werden (Assmann, 2015). Auf diese Lernerfahrungen wird dann auch wieder im Babylonischen Exil rekurriert.

Immer wieder werden aus katastrophalen Erfahrungen spirituelle, ethische und politische Konsequenzen gezogen; aus der bitteren geschichtlichen Erfahrung wird gelernt: Rechte Gottesverehrung und eine soziale Gerechtigkeitspraxis, ein hohes soziales Ethos und der Aufbau einer gerechten Gesellschaft ohne Arme sollen fortan solche Katastrophen verhindern helfen. Die Verpflichtung, die eigene Geschichte nicht zu vergessen, Täter wie Opfer beim Namen zu nennen, und sich durch Erinnerung und Lernen immer wieder aufs Neue dieser Erfahrungen zu vergewissern, sollen Zusammenleben und Frieden sichern.

Den Erfahrungen der Katastrophen wird Schritt für Schritt praktisch-theologisch Sinn abgerungen. D.h. konkrete Ereignisse der jeweiligen Gegenwart werden zu Orten des Theologietreibens, untrennbar verbunden mit dem Erlernen einer veränderten Praxis. Die Tradition wird zum Verständnis der Gegenwart praktisch fruchtbar gemacht. Die Gegenwart gibt den hermeneutischen Rahmen für die Auslegung der Tradition vor. Statt die Ereignisse mit theologischem Vokabular zu legitimieren, weg- oder schönzureden, ziehen die Verfasser der Texte handfeste praktische Konsequenzen aus ihren Erfahrungen: Wir brauchen Feste und Feiern des Erinnerns und Lernens. Wir brauchen eine Liturgie, die uns hilft, Gott zu verehren. Wir brauchen ein Recht und Gesetze, die Armut verhindern und die Schwächsten der Gesellschaft sowie die Fremden schützen. Der Katastrophe Sinn abringen ist zentral eine Frage des Handelns. Das Alte Testament erzählt, wie dies – mühsam – gelernt und konkret umgesetzt wird. So kann der Fluch der Migrationserfahrungen zum Segen werden. Als treuer Begleiter in diesen Lern- und Erkenntnisprozessen wird Gott selbst erkannt. Gott wird erfahren als jene Wirklichkeit, die aus dem Fluch von Exil und Diaspora befreit. Freilich, nicht immer so, wie man es sich gewünscht hatte. Mit vielen Opfern, die nicht vergessen werden dürfen, damit sich die Geschichte nicht wiederholt. Immer wieder mit Erfahrungen des Scheiterns verbunden. Aber Katastrophen, Leid und Tod haben nicht das letzte Wort. Immer wieder entsteht neues Leben – durch jene Wirklichkeit, die mit dem Tetragramm, einem Zeitwort, bezeichnet und als begleitende Gegenwart und Zukunft erkannt wird: JHWH wird als treuer Gott des ständigen Aufbruchs erfahren, der sein Volk auch in der Katastrophe nicht im Stich lässt.

Bereits im Alten Testament lässt sich also lernen, wie man mit den katastrophischen Begleiterscheinungen von Migration umgehen und in solchen Situationen glauben lernen kann.

Freilich hat diese Dynamik Voraussetzungen. Sie verlangt wahrhaftige und nüchterne Selbstwahrnehmung, Selbstkritik und die Bereitschaft zu Umkehr und Reue: Was haben wir zu unserer Situation beigetragen? Was müssen wir verändern? Des Weiteren bedarf es der Erinnerung an die Tradition und dem Willen, diese im Kontext aktueller Herausforderungen je neu zu lernen.

3.2 Im Neuen Testament: Migration als Deutungsmatrix und Leitnarrativ

Dieser Lernvorgang lässt sich dann auch im Hintergrund vieler Texte des Neuen Testaments erkennen. Die Gemeinden der Schriften des Neuen Testaments lebten zwar nicht mehr als Flüchtlinge und Migranten, aber auch ihre Lebenssituationen waren katastrophal. Nicht wenige Familien in den Gemeinden waren Opfer der Massenkreuzigungen, der Gewaltherrschaft des Imperium Romanum; mit der Zerstörung des Tempels in Jerusalem hatten auch Judenchristen ihr kultisches Zentrum verloren. Tausende Männer sind vertrieben, die Frauen vergewaltigt, jede Hoffnung verloren. In der heidnischen Welt erlebten sie sich als Fremdkörper. In dieser Situation wird nun erneut auf jene Narrative der Tradition zurückgegriffen, die schon mehrfach dabei geholfen haben, in verzweifelten Situationen Sinn und Hoffnung zu schöpfen: Narrative, die im Kontext von Migrationserfahrungen entstanden sind.

Kern dieser Narrative ist die Erfahrung, dass Gott inmitten größter Hoffnungslosigkeit neues Leben schaffen kann. Dieser Gott steht auf der Seite der Armen, Ausgeschlossenen und Fremden und erklärt den Rand zur Mitte. Dieser Gott lässt die Ohnmacht zur Macht werden. Diese Grunderfahrungen geben den Gemeinden des Anfangs Hoffnung. Sie verdichten sich im Glauben an den auferstandenen Christus. Gott kann selbst Tote zum Leben erwecken.

Wie sehr die frühen Christen ihre Lebenssituation mittels migrantischer Hermeneutik interpretiert haben, lassen viele Texte des Neuen Testaments erkennen. So lässt Lukas das Leben des Jesus von Nazareth an der sozialen Peripherie einer fremden Stadt beginnen. Die religiöse und soziale Veränderung beginnt nicht im politischen und religiösen Zentrum der Macht, sondern an dessen Rand. Das Motiv von Jesu Geburt in Bethlehem, sein Leben in Galiläa – also am Land bei den einfachen, armen Leuten – führt die Erfahrungen Israels mit einem Gott auf der Seite der Marginalisierten konsequent weiter. Jesus verkündet seine Botschaft als Wanderprediger in Galiläa und wird als Heimatloser beschrieben (Lk 9,58). Henrik Simojoki hat in einem Beitrag zur Liminalität von Religion und Bildung in der postmigrantischen Gesellschaft darauf verwiesen, dass der Tatsache, dass Jesus sein familiäres und häusliches Umfeld verlassen hat, gemeinhin zwar wenig Bedeutung zugemessen wird, ebendieses aber den entscheidenden Übergang zu einer liminalen Existenz an der Schwelle markiert, also auch theologische Konsequenzen hat (Simojoki, 2017).

Matthäus wiederum greift auf das Motiv der Flucht nach Ägypten zurück, aus dem auch Jesus geholt werden muss (Mt 2,13–15). Der Neutestamentler Thomas Söding zeigt, dass damit nicht nur die innere Verbindung des Jesus von Nazareth mit Israel verbunden ist, sondern auch die Parallele mit Moses offenkundig wird (Söding, 2017). Ägypten kann damit zum Ort möglicher Befreiung werden. Denn Jesus überschreitet die Grenzen Israels und wird so zum Messias der Völker werden, die auf diese Weise ihren Weg zum Gott Israels finden. Erneut wird an einem Migranten Gottes Wirken erkennbar.

Die Heimatlosigkeit des Jesus von Nazareth wird auch für seine Jünger zur Verpflichtung und Voraussetzung, um das Reich Gottes verkünden können. Das Selbstverständnis als „Fremde“ und „Gäste“ auf Erden (Hebr 11,13; 1 Petr 2,11) gehört zum Selbstverständnis der ersten Christen ebenso wie die Erfahrung der Diaspora. Im Epheser-Brief ist zu lesen, dass durch Christus nun auch Heiden im Reich Gottes nicht mehr „Fremde ohne Bürgerrecht“, sondern „Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes“ (Eph 2,19) sind – fremdenrechtliches Vokabular, um eine religiöse Situation zu beschreiben. Wenn schließlich im Hebräerbrief (Hebr 13,2) die Gemeinde gemahnt wird: „Vergesst die Gastfreundschaft nicht; denn durch sie haben einige, ohne es zu ahnen, Engel beherbergt“, wird hier nicht nur an das Fremdengesetz des Alten Testaments angeschlossen, sondern auch das Risiko benannt, Fremde aufzunehmen. Denn vor der Tür dieser verfolgten Diasporagemeinde konnte auch ein römischer Soldat stehen. Es ist also keinesfalls harmlos, Fremde aufzunehmen – und dennoch in biblischer Tradition verpflichtend. Christus selbst begegnet im Fremden, wie Mt 25 diesen Entscheidungsprozess beschreibt. Nicht zuletzt lassen auch die Geschichte des Paulus und die Apostelgeschichte erkennen, wie eng die Verbreitung des Evangeliums und das missionarische Selbstverständnis des Christentums mit Migration zusammenhängen (Kahl, 2016).

Die biblischen Erzählungen können also gelesen werden als Lerngeschichte im Kontext von Migration und mithilfe von Migrationshermeneutik. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse können vor allem in bedrohlichen Lebenssituationen immer wieder fruchtbar gemacht werden.

4 Konsequenzen: Auf der Suche nach Migrations-Narrativen für Europa

Kann es sein, dass Migrationserfahrungen – auch wenn man sie nicht unmittelbar selbst erlebt hat – in besonderer Weise geeignet sind, für die Wahrnehmung und Fragen nach der Präsenz Gottes zu sensibilisieren? Sind die dabei gewonnenen theologischen Einsichten in besonderer Weise belastbar, tragfähig und nachhaltig? Erfahrungen von Ohnmacht und Hoffnungslosigkeit, von Ausgeliefertsein und Abhängigkeit, von Fremdheit und Nicht-Zugehörigkeit sind nicht notwendig an Flucht und Migration gebunden. Sie sind auch Sesshaften vertraut. Aber sie können sichtlich dabei helfen, sich für die Frage nach Gott zu öffnen und auf ihn hören zu lernen. Natürlich kann Migration auch zu Glaubensverlust führen und manche sind froh, der Religion zu entkommen. Aber in vielen Fällen erweist sich Migration als religiositätsproduktiv. Die Ursachen dafür näher zu entfalten, wäre die Aufgabe eines eigenständigen Beitrages.

Die reichen Länder (West-)Europas haben jedoch ein anderes Problem. Als technokratisch-ökonomischer Machtblock sind sie eher auf der Seite Ägyptens und Babylons zu finden als auf der Seite der Migrant*innen. Sie können sich die Migrationstheologien der Bibel also nicht ohne weiteres aneignen, sich mit den Migrant*innen identifizieren und sich auf diese Weise trösten lassen.[7] Europa als Machtblock ist aufgefordert, jene „ägyptischen“ und „babylonischen“ Strukturen zu verändern, die die globalen Migrationen mitverursachen. Es ist aufgefordert, sich zu verändern und teilen zu lernen. Dazu bedarf es Migrationstheologien für die Gegenwart. Diese werden sicherlich für jedes Land verschieden aussehen müssen. So werden osteuropäische Länder mit ihrer spezifischen Geschichte zu anderen Schlüssen kommen als Österreich oder Deutschland. Ein solches Projekt – die Entwicklung länderspezifischer theologischer Migrationsnarrative – wäre dann auch die Herausforderung für alle theologischen Disziplinen. Kein Theologe, keine Theologin kann ein solches Vorhaben im Alleingang bewerkstelligen.

Aus einer praktisch-theologischen Perspektive bedarf es dazu zentral der Kooperation mit allen anderen Wissenschaften, die sich der Frage nach der Migration widmen, sowie mit den religiösen, politischen und zivilgesellschaftlichen Verantwortungsträger*innen. Denn selbstverständlich lassen sich die biblischen Erfahrungen nicht unmittelbar in die Gegenwart übersetzen. Flucht und Migration, Exil und Diaspora folgen 2017 veränderten Gesetzmäßigkeiten als zu biblischen Zeiten. Eine in Bezug auf Krieg und Waffenhandel globalisierte Welt, Nationalstaaten und Staatsbürgerschaften (die es damals nicht gab), transnationale Mobilitäts- und Kommunikationsstrukturen, vernetzte und oligarchische ökonomische und politische Macht-Strukturen verlangen heute nach anderen Antworten. Aber die Fülle der theologischen, ethischen und politischen Motive und Kriterien der biblischen Tradition eröffnet Wahrnehmungs-, Denk- und Deutemöglichkeiten, die auch heute noch hilfreich sein können.

In gewissem Sinn bieten die biblischen Erinnerungen eine Art „Seh-Hilfe“ (Bünker, 2011), aber auch ein „Frühwarnsystem“ für die Gegenwart an. Sie helfen, die ethisch und politisch drängenden Fragen zu identifizieren: Sie warnen vor Katastrophen, die eintreten werden, wenn bestimmte Parameter sozialer Ordnung anhaltend vernachlässigt und verletzt werden. Nicht zuletzt können sie aber auch Hoffnung stiften, in den größten Schwierigkeiten den Mut nicht aufzugeben und auf einen inneren Sinn der Ereignisse und den Beistand Gottes zu vertrauen – indem die Gläubigen beginnen, sich in diesem Horizont zu engagieren.

In der Erinnerung an biblische Erfahrungen können Flucht und Migration ermöglichen, die Zusammengehörigkeit und Einheit der Menschheit zu erkennen und sich auf einen gemeinsamen Lernprozess einzulassen. Flucht und Migration laden zur konkreten Erkenntnis ein, dass jeder Mensch – unabhängig von Ethnie, Geschlecht, Religion, Kultur – das Ebenbild Gottes ist und daher alle Menschen von gleicher Würde sind. Eine Sichtweise, die empirisch nachgewiesen keineswegs mehr bei allen Menschen anzutreffen ist.[8] Flucht und Migration offenbaren auch die sozialen, rechtlichen und politischen Ungleichheiten und Unrechtsverhältnisse, die zur Entwertung des Humanum führen. Flucht und Migration eröffnen damit eine Chance, Zusammenleben in Verschiedenheit, Einheit und Gerechtigkeit neu zu lernen und dafür entsprechende Gesellschaftsstrukturen, eben eine gerechte globale Sozialordnung, zu schaffen. Denn sie wecken auf. Darin besteht ihr soteriologischer Charakter. Geflüchtete Menschen und Migrant*innen könnten dann als jene in den Blick kommen, die der Menschheit wie „Botschafter*innen“ dabei helfen, zu Gott aufzubrechen sowie ihn und seine Sozialordnung wieder, erneut und vertieft zu lernen.

Darin sehe ich auch die erste und praktisch-theologische Aufgabe der Gegenwart: Theologien der Migration der Gegenwart zu entwickeln, die den aktuellen geschichtlichen Ereignissen – vor allem praktischen – Sinn abringen. Dies ist ein riskantes Unternehmen, weil wir damit mitten in der Frage nach den Grenzen und Möglichkeiten von Geschichtstheologie sind. Guten Grundes haben wir in Europa gelernt, vor solchen Unternehmungen zurückzuscheuen: Auch Adolf Hitler hat seine Kriegs- und Judenvernichtspolitik mit Verweis auf Gott legitimiert, wie der österreichische Historiker Friedrich Heer (Heer, 1998) und der Pastoraltheologe Rainer Bucher (Bucher, 2008) gezeigt haben.

Gleichwohl werden wir nicht umhin kommen, nach dem inneren, theologischen Sinn der Eriegnisse rund um Migration zu fragen. Denn Migration ist eine Jahrhundertherausforderung. Ohne das Ringen um Narrative, die unserem Handeln Orientierung und Sinn verleihen, wird nicht nur Europa, sondern auch den Kirchen migrationspolitisch die „Luft ausgehen“. Vor Europa und seinen Kirchen steht eine gewaltige Aufgabe, die weit über die Frage nach Nächstenliebe hinausgeht. Wir müssen uns auf die Suche nach anderen als den dominanten Narrativen der Migration (z.B. „Überflutung“, „Überfremdung“, „Islamisierung“) begeben – global und in Europa sowie Österreich. Dies ist eine praktisch-theologische Aufgabe, denn diese Narrative werden nicht ausschließlich am Schreibtisch entwickelt, sondern in der Kooperation zwischen Praktiker*innen und Theoretiker*innen in Kirche und Religionsgemeinschaften, Wissenschaft und Bildung, Gesellschaft und Politik, Wirtschaft und Kultur.

Daher folgen nun auch keine konkreten pastoralen oder religionspädagogischen Anweisungen. Vielmehr möchte ich dazu animieren, über die Frage nachzudenken, wie wir als Theolog*innen solche Narrative entwickeln können und worin der spezifische Beitrag von Theologie und Religionspädagogik, und sodann der Kirchen und Gemeinden, religiöser Gemeinschaften und des Bereiches religiöser Bildung besteht.

Meinen normativen Anspruch möchte ich abschließend begründen:

Aus historischer Perspektive konnten Flucht und Migration als gesellschaftliche Prozesse trotz aller katastrophischen Dimensionen jeweils dann humaner, gerechter und friedlicher gestaltet werden, wenn sich Gesellschaften an Leit-Narrativen orientieren konnten – z.B. die christliche Erzählung von der Einheit der Völker beim Übergang von Antike zum Mittelalter während der sog. „Völkerwanderung“ (Pohl, 2013, S. 27–44) oder das Selbstverständnis der USA als Einwanderungsgesellschaft – oder nach Katastrophen (wie z.B. den Massenmigrationen nach den beiden Weltkriegen) zumindest solche zu entwickeln bereit waren (wie z.B. die Menschenrechte oder die Genfer Konvention). Migrationen und die mit ihnen verbundene notwendige Neugestaltung des sozialen Raumes bedürfen differenzierten Wissens und hochentwickelter Deutungssysteme: „Ohne eine solche Abstraktionsebene, die es erlaubt, ein gesellschaftliches Phänomen als Ganzes zu verstehen, ist nachhaltige Problemlösung nicht möglich.“ (Pohl, 2013, S. 43)

Aus sozialwissenschaftlicher Perspektive eröffnet die politikwissenschaftliche Inklusionstheorie (Ataç & Rosenberger, 2013; Livi Bacci, 2015) zum gerechteren Zusammenleben in einer Migrationsgesellschaft eine Alternative zum Integrationsmodell: Inklusionstheorie ist ein Analysemodell, in dem die Krisen und Probleme von Migrant*innen im Inklusionsprozess Gesellschaften die Möglichkeit eröffnen, jene Akteure, Strukturen, Institutionen und Prozesse zu identifizieren, die auch das Leben und die Inklusion der Mehrheitsgesellschaft beeinträchtigen, schädigen oder (zer)stören. Flucht und Migration können aus dieser Sicht zu Lern- und Erkenntnisorten über die Aufnahmegesellschaft werden. So betrifft z.B. die vieldiskutierte Bildungsferne zugewanderter Kinder, wenn auch in anderer Weise, auch autochthone Kinder der Aufnahmegesellschaft und ermöglicht so eine kritische Analyse des Bildungssystems als Ganzem.

Aus philosophischer Perspektive können der Flüchtling und der Migrant zum „Fenster, durch welches hindurch die Zurückgebliebenen die Welt erschauen“, werden sowie „der Spiegel, in dem sie sich, wenn auch verzerrt, selbst sehen können“ (Flusser, 1994, S. 30). Im „Spiegel“ lassen sich solcherart die ausgeblendeten, tabuisierten Themen einer Gesellschaft erkennen. Dies eröffnet mitunter schmerzhafte Prozesse der Selbstreflexion und Selbsterkenntnis: z.B. könnte der politische Autoritarismus einzelner – nicht nur muslimischer, sondern auch christlicher Migrant*innengruppen – dazu anregen, sich auch mit dem politischen Autoritarismus von erheblichen Teilen der einheimischen Bevölkerung auseinanderzusetzen. Im „Fenster“ wiederum könnte durch das Lernen von den mitgebrachten soziokulturellen Traditionen, politischen Erinnerungen, religiösen Erfahrungen usw. der globale Horizont erweitert werden.

Aus theologischer Perspektive bergen die drei monotheistischen Traditionen Judentum, Christentum, Islam für die anstehende Herausforderung zahlreiche Potentiale, die der theoretischen wie praktischen Freilegung und Reinterpretation im Kontext zeitgenössischer Migration bedürfen.

Den Migrationen Sinn abzuringen, bedeutet also weder Bagatellisierung noch Schönfärberei, sondern konfrontiert zunächst immer auch mit den Fragen nach den Ursachen und Verantwortlichkeiten für die Probleme und Katastrophen. Auf diese Weise kann es gelingen, die Ereignisse und Erfahrungen im Kontext von Migration aus der Sicht des Glaubens wahrzunehmen und daraus resultierende Aufgaben zu identifizieren. Dieses Vorhaben kann freilich auch scheitern. Gleichwohl erscheint es mir als alternativlos. Denn darauf zu verzichten, nach oder inmitten von Krisen und Schwierigkeiten um Sinn zu ringen, bedeutet, sich der Sinnlosigkeit zu ergeben und damit dem Übel, dem Bösen zuzustimmen und es solcherart zu vermehren. Ich bin deshalb überzeugt, dass ein solches Vorhaben Sinn macht und der Theologie dabei eine zentrale religiöse, gesellschaftliche und politische Rolle zukommen kann und wird.

Literatur:

Assmann, J. (2015). Exodus. Die Revolution der Alten Welt. München: Beck.

Attaç, I. & Rosenberger, S. (Hrsg.) (2013). Politik der Inklusion und Exklusion. Wien: V&R unipress.

Bucher, R. (2008). Hitlers Theologie. Würzburg: Echter.

Bünker, A. (2011). Migrationsgemeinden als Sehhilfe. Überlegungen zur veränderten Realität des Christlichen in Mitteleuropa. In G. Bitter & M. Blasberg-Kuhnke (Hrsg.), Religion und Bildung in Kirche und Gesellschaft. FS Norbert Mette (S. 85–92). Würzburg: Echter.

Flusser, V. (1994). Von der Freiheit des Migranten. Einsprüche gegen den Nationalsozialismus. Düsseldorf: Bollmann.

Fuchs, O. (2015). Praktische Hermeneutik der Heiligen Schrift. Stuttgart: Kohlhammer.

Heitmeyer, W. (Hrsg.) (2002–2011). Deutsche Zustände. 10 Bde. Berlin: Suhrkamp.

Heer, F. (1998). Der Glaube des Adolf Hitler. Anatomie einer politischen Religiosität. München: Bechtle.

Kahl, W. (2016). „Komm herüber und hilf uns!“ Migrationserfahrungen im Frühchristentum am Beispiel der Apostelgeschichte. In Ders. (Hrsg.), Vom Verweben des Eigenen mit dem Fremden. Impulse zu einer transkulturellen Neuformierung des evangelischen Gemeindelebens (S. 33–44). Hamburg: Missionsakademie der Universität Hamburg.

Livi Bacci, M. (2015). Kurze Geschichte der Migration. Berlin: Wagenbach.

Nirenberg, D. (2015). Antijudaismus. Eine andere Geschichte des westlichen Denkens. München: Beck.

Päpstlicher Rat der Seelsorge für Migranten und Menschen unterwegs (2004). Instruktion Erga migrantes caritas Christi (Die Liebe Christi zu den Migranten) (Verlautbarungen des Apostolischen Stuhls 165). Bonn: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz.

Päpstlicher Rat der Seelsorge für Migranten und Menschen unterwegs & Päpstlicher Rat Cor unum (2013). In Flüchtlingen und gewaltsam Vertriebenen Christus aufnehmen. Richtlinien für eine Seelsorge. Vatikanstadt.

Pohl, W. (2013). Die Entstehung des europäischen Weges: Migration als Wiege Europas. In Österreichische Forschungsgemeinschaft (Hrsg.), Migration. Band 15 (S. 27–44). Wien: Böhlau.

Polak, R. (2017). Migration, Flucht und Religion: Praktisch-theologische Beiträge. Band 1: Grundlagen. Ostfildern: Grünewald.

Simojoki, H. (2017). Zur Liminalität. Im Dazwischen. Zur Liminalität von Religion und Bildung in der postmigrantischen Gesellschaft. Zeitschrift für Pädagogik und Theologie, 69(1), 26–36.

Söding, T. (2015). Das Refugium des Messias. Die Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten, in: IKaZ Communio, 44(4), 343–354.

Strube, S. (2013a). Rechtsextremen Tendenzen begegnen, Handreichung für Gemeindearbeit und kirchliche Erwachsenenbildung. Freiburg i. B.: Herder.

Strube, S. (Hrsg.) (2013b). Rechtsextremismus als Herausforderung für die Theologie. Freiburg i. B.: Herder.

Strube, S. (Hrsg.) (2017). Das Fremde akzeptieren: Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit entgegenwirken. Theologische Lösungsansätze. Freiburg i. B. Herder.Dr. Regina Polak, Assoz. Professorin für Praktische Theologie, Katholisch-Theologische Fakultät, Universität Wien.

 


  1. So z.B. der kath. Journalist Hans Winkler, ehemaliges Mitglied der Katholischen Aktion Österreichs, mehrfach in der Tageszeitung „Die Presse“. Vgl. „Franziskus: Populismus auf katholisch“, URL: diepresse.com/home/meinung/dejavu/5179429/Franziskus-Populismus-auf-katholisch (Zugriff: 28.10.2017), sowie „Die Sorge der Bischöfe vor dem Islam“, URL: diepresse.com/home/meinung/gastkommentar/5072474/Die-Sorge-der-Bischoefe-vor-dem-Islam (Zugriff: 28.10.2017). Winkler repräsentiert durchaus einflussreiche Teile der österreichischen Katholik*innen.

  2. Vgl. www.vatican.va/roman_curia/pontifical_councils/migrants/index_ge.htm (Zugriff: 08.09.2017).

  3. Vgl. w2.vatican.va/content/francesco/de/messages/migration.index.html (Zugriff: 28.10.2017).

  4. Abrufbar unter: w2.vatican.va/content/francesco/de/messages/migration/documents/papa-francesco_20170815_world-migrants-day-2018.html (Zugriff: 28.10.2017).

  5. Dies bestätigen auch Forschungsergebnisse im Rahmen meines Projektes „Leben und Lernen von und mit geflüchteten Menschen“, das im Herbst 2016 Flüchtlingsbegleiter*innen auf ihre Lernerfahrungen in der Integrationsarbeit mit geflüchteten Menschen in Österreich befragt hat. Trotz manifester Probleme, die v.a. durch die rechtlichen, politischen und bürokratischen Rahmenbedingungen erzeugt werden, erzählen die Befragten von zahlreichen positiven Erfahrungen und Erkenntnissen, wie z.B. der Hoffnung, der sie bei vielen Geflüchteten begegnet sind sowie den Möglichkeiten zu kultureller Selbstreflexion oder der Vitalisierung des je eigenen christlichen Glaubens, die durch das Engagement für Flüchtlinge auf neue Weise eröffnet wurden. Vgl. dazu das bisher unveröffentlichte Thesenpapier „Leben und Lernen von und mit Flüchtlingen“, Wien 2017 (auf Nachfrage erhältlich).

  6. Manethos Geschichte des Exodus aus ägyptischer Perspektive zeigt eindrücklich, wie das jüdische Volk zu jenen (kranken, unreinen) Fremden konstruiert wurde, die die ägyptische Herrschaft bedrohen. Ordnung, Gesundheit und Wohlstand müssen durch deren Vertreibung wiederhergestellt werden.

  7. Zur Frage einer praktisch-theologischen Bibelexegese, die bei der Frage nach der Identifikation ungleiche Macht-Verhältnisse der Rezipient*innen ebenso mit bedenkt wie auch deren soziopolitische Situation vgl. Fuchs (2017).

  8. Vgl. die Ergebnisse der Studien zur „Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“ (Heitmeyer, 2002–2011). Um die 40% der Befragten unterscheiden zwischen (ökonomisch) „nützlichen“ und „nutzlosen“ Menschen. Letztere können im Zweifelsfall legitimerweise exkludiert werden.