1 Bildung aus und zur Freiheit[1]

Bildung setzt ein Subjekt voraus, das seine eigene Freiheit zu gestalten imstande ist. Der Prozess der Bildung geht einher mit einer Steigerung der Freiheit als Handlungsfähigkeit.

„Da ein gewisses Maß an Handlungsfähigkeit als immer schon gegeben vorausgesetzt werden muß, bedeutet Bildung als Qualitätsbestimmung (im Unterschied zur Unbildung) gesteigerte und über sich selbst aufgeklärte Handlungsfähigkeit in allen eine Person betreffenden Interaktionszusammenhängen.“ (Preul, 2001, S. 105).

Dabei geht es immer um eine Realisierung von gemeinsam geteilter und also kommunikativ-kooperativer Freiheit. Bildung zielt auf freie Humanität, die in christlicher Perspektive vor Gott, den Mitmenschen und sich selbst verantwortet wird. In der Wahrnehmung und Gestaltung der eigenen Freiheit und Humanität realisiert sich Bildung als Lebenskunst und Lebensstil. Der ganze Mensch soll sich in seinen Lebensmöglichkeiten frei entfalten können. Er soll dabei die Freiheit der anderen achten, ein gemeinschaftsgerechtes und naturbewahrendes Lebensprofil entwickeln und mit seiner Endlichkeit und Fehlbarkeit verantwortlich umgehen. In einem solchen Verständnis von Bildung konvergieren christlich-pädagogische Vorstellungen mit Impulsen der philosophischen Antike wie der europäischen Aufklärungstradition.

Christliche Lebenskunst fußt auf religiösen Bildungsprozessen. Sie profitiert von bewährten Formen christlicher Lebensführung, die in ihren äußeren Vollzügen erlernbar sind: Zu nennen ist zunächst die Kunst, Gott zu begegnen und ihn zu feiern, im Hören und Lesen der Bibel und anderer Literatur, durch Betrachtung und Meditation von Symbolen, Kunstwerken und Räumen, in Gebet, Musik, Bewegung, mystischer Versenkung und Kontemplation; dann die Kunst, das Evangelium weiterzugeben, durch Bezeugen und Erzählen, Predigen und Publizieren, gemeinsames Bekennen und einladendes Lehren; weiter die Kunst der ethischen Urteilsbildung und Beratung, des Helfens und der Lebensbegleitung und schließlich die Kunst, Gemeinschaft zu entwickeln und zu pflegen.

In alledem sind Wahrnehmungs-, Sprach- sowie Deutungs- und Handlungsfähigkeit, also kognitiv-theoretische, pragmatisch-ethische und ästhetische Aspekte verbunden.

2 Ethische Bildung als Freiheits-Realisierung

Was ist nun die Aufgabe der ethischen Bildung innerhalb einer solchen umfassenden christlichen Lebenskunstbildung? Dabei kann man sich an den klassischen Fragen orientieren, die uns Immanuel Kant hinterlassen hat und die in allen Konzeptionen und Lehrplänen zum Ethikunterricht auch wiederauftauchen:

Ich zitiere diese Fragen in einer spezifischen – bereits theologisch reflektierten – Fassung von Heinz Eduard Tödt, dem wichtigen Heidelberger Sozialethiker und Begründer einer der großen evangelisch-ethischen Schulen der vergangenen Jahrzehnte:[2]

„(1) Was sollen wir tun – wenn es uns denn um ein gutes Leben und so um unser Selbstseinkönnen geht?

(2) Wie können wir leben – wenn wir uns denn dem sittlichen Sollen stellen und doch eingebunden sind in die realen Bedingungen des Lebens?

(3) Wer sind wir und was zu werden sind wir bestimmt [mit Kant: Was dürfen wir hoffen? P.B.] – wenn wir uns selbst im Gehorsam gegen sittliches Sollen und im Scheitern an ihm erfahren und uns angesichts unserer realen Lebensumstände um die Erfüllung unserer Menschlichkeit sorgen?“(Tödt, 1978, S. 32-33).

Ethische Bildung zielt also nicht allein auf erhöhtes Verantwortungsbewusstsein oder die Befähigung zur ethischen Urteilsbildung in Konfliktfragen. Und sie ist schon gar nicht auf Moralität im kantischen Sinn engzuführen, also auf Fragen der Universalisierbarkeit von Handlungsvollzügen. Vielmehr soll sie umfassend als güter-, pflicht- und tugendethische Bildung verstanden werden. Ethische Bildung als Reflexion des gelebten Ethos bildet Vorstellungen vom guten und gerechten Leben aus, führt in den verantwortungsvollen Umgang mit Normen ein und leitet zur Wahrnehmung und Gestaltung eigener Lebenshaltungen und Alltagsvollzüge an.

Solche ethisch-religiöse Bildung als Entfaltung der eigenen Freiheit macht „Kooperationen mit den Fächern ‚Ethik‘ oder ‚Philosophie‘ wünschenswert und denkbar“ (Bubmann, 2002, S. 188). Der Brückenschlag zwischen dem Religionsunterricht und diesen Fächern ist nicht nur deshalb wichtig, weil gleiche Themen behandelt werden, sondern auch, weil die Existentialien des Menschseins die gleichen Grundfragen vorgeben, die nur unter verschiedenen Perspektiven in Philosophie und Theologie bearbeitet werden. Für röm.-kath. Theologie ist daher der Bezug zur Philosophie schon immer konstitutiv gewesen, wobei in den letzten Jahren stark die Habermas-Rezeption dominierte, während etwa bei Hans-Joachim Höhn (2014), Jochen Sautermeister (2003 u. 2009) und bei Thomas Laubach/Weißer (2017) auch andere philosophische Traditionen der Praktischen Philosophie und damit auch der Lebenskunsttheorie rezipiert werden. Die ev. Theologie tut sich schwerer, bleibt oft bei Kant, Habermas und Rawls (und übersieht dann leicht die notwendige Integration der Tugendethik), zieht manchmal Kierkegaard oder kommunitaristische Theoretiker heran. Ich plädiere dafür, sich stärker als bisher auf eine prominente Linie der gegenwärtigen Praktischen Philosophie, nämlich den Lebenskunstdiskurs (für den vor allem Hans Krämer und Wilhelm Schmid stehen), zu beziehen. Und dies deshalb, weil hier eine strukturelle Nähe zu anthropologischen Grundperspektiven der Theologie besteht, wobei hier von Analogie im strengen Sinn des Wortes zu reden wäre: Es bleiben also bei aller Ähnlichkeit auch bleibende Differenzen.

3 Auf der Suche nach Brücken-Leitbegriffen zwischen der Theorie des Ethikunterrichts und der Religionspädagogik

Seit Trutz Rendtorffs Vorschlag (Rendtorff, 1980/1990), Ethik als Theorie menschlicher Lebensführung zu bestimmen, hat der Begriff der „Lebensführung“ in der evangelischen Theologie wieder Konjunktur. Überhaupt scheint der Lebensbegriff zunehmend attraktiv zu sein (vgl. Klaas Huizings „Lebenslehre“, Huizing, 2022), übrigens schulübergreifend: Auch Wolfgang Huber benutzt ihn ja zentral in seiner Ethik von 2013 (Huber, 2016), wo er sich (wie bei Rendtorff) mit dem Leitbegriff der „Verantwortung“ verbindet. Huber wirbt mit dem Leitbegriff einer „Integrativen Ethik“ auch ausdrücklich für ein intensiveres Gespräch zwischen theologischer und philosophischer Ethik (vgl. Huber, 2016, S. 286-287).

Dafür findet sich auch ein Anhalt im neuesten Lehrwerk für Lehrerinnen und Lehrer zu „Ethische[n] Kernthemen“ (Simojoki et al., 2022), wo sich in der Einleitung die Sätze finden:

„Der Mensch muss vielmehr sein Leben bewusst führen. Wie Bildung hat auch die Ethik die gesteigerte und über sich aufgeklärte Handlungsfähigkeit menschlicher Subjekte zum Ziel.“ (Simojoki et al., 2022, S. 10) Die Autoren fühlen sich mit dem Handbuch dem „Anliegen und Verständnis ethischer Bildung verpflichtet, die ihren Ausgangs- und Zielpunkt in den SuS und deren Befähigung zu einer mündigen Lebensführung und solidarischen Weltgestaltung hat.“ (Simojoki et al., 2022, S. 11)

Der röm.-kath. Religionsdidaktiker Klaus König sieht die Aufgabe im RU u.a. auch darin, über das Leben nachzudenken, und empfiehlt Weisheit als Leitbegriff:

 „Weisheit trägt zum Gelingen des Lebens bei, sie ist eine ‚ars vivendi und moriendi unter den Bedingungen menschlicher Unvollkommenheit und Gebrechlichkeit‘. Sie kommt zum Zuge, wo gängige, z. B. institutionalisierte oder konventionelle Verfahren und Instanzen für die Problembearbeitung keine oder keine ausreichenden Wege, Antworten oder Deutungen bereitstellen.“ (König, 2022, S. 170)

In ähnlicher Stoßrichtung plädiert auch Rolf Schieder für einen Dialog von „biblische(r) Weisheit und philosophische(r) Lebenskunst“ (Schieder, 2009, S. 388). Und Martin Rothgangel spielt aus der internationalen Diskurslage den Begriff der „life orientation“ werbend als Zielbegriff ein (Rothgangel, 2023, S. 9-11).

Michael Domsgen wiederum spricht bekanntlich (mit Georg Bucher) programmatisch von „Empowerment“ als Befähigung und Bevollmächtigung zur Lebensführung als Zielbegriff einer ev. Bildungstheorie (Domsgen, 2019, S. 341-378).

Schon im Namen des Faches spielt die „Lebensgestaltung“ im LER-Fach in Brandenburg und dann natürlich auch im entsprechenden Rahmen-Lehrplan eine hervorgehobene Rolle – immer verbunden mit geforderter Lebensweltorientierung. Daneben tauchen hier „Lebensweg“, „Lebenssinn“ und „Lebensformen“ im Lehrplan auf (Land Brandenburg, 2015, S. 22). Z.B. auch „Das Leben gestalten – am Leben scheitern“ (Land Brandenburg, S. 24).

Nach dem hessischen Ethik-Lehrplan für G9 geht es in diesem Fach u.a. um die Klärung von „praktischen Lebensfragen“ (Kultusministerium Hessen, 2021, S. 3) sowie um „Lebensgestaltungschancen“ (Kultusministerium Hessen, 2021, S.3). Auch ist vom „Lebensentwurf“ (Kultusministerium Hessen, 2021, S.22) die Rede. Ähnlich redet der bayerische Eth11-Lernbereich 1 von „Orientierung in grundlegenden Lebensfragen“ (Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München, 2023, S. 1).

Ich will – als ehemals gedienter Grundwehrdienstler der Bundeswehr – auch an den ‚Lebenskundlichen Unterricht‘ erinnern, den die Militärgeistlichen (!) geben.

In die Reihe der bislang genannten Begriffe, die allesamt bereits Brücken zwischen Philosophie und Theologie schlagen, reiht sich nun der Begriff der Lebenskunst ein, den Praktische Theolog:innen und Ethiker beider Konfessionen ins Spiel der Theologie und Religionspädagogik bringen. In ihm werden Lebensfragen, Aspekte von Lebenspraxis, Lebenskunde, Lebensgestaltung und Lebensführung sowie die Orientierung an Weisheitslehren mit dem Ziel des Empowerments aufgenommen.

4 Lebenskunst als Leitbegriff

Im 20. Jh. hat vor Jahrzehnten der Heidelberger evangelische Sozialethiker und Theologe Heinz Eduard Tödt Gedanken zur Lebenskunst vorweggenommen, die heute aufzugreifen wären. Tödt kritisiert hart rein normorientierte Ethikkonzepte, also solche Ethik-Theorien, die immer nur gesetzliche Vorgaben und Pflichten thematisieren. Er zeigt Sympathie gegenüber solchen Ethikansätzen, die nach dem guten erfüllten Leben suchen und Ethik als „Kunst“ verstehen, „in Verfolgung des Guten ein gelingendes Leben zu erreichen“ (Tödt zit. nach Schuhmacher, 2006, S. 266 Anm. 17). Man dürfe solche sogenannte eudaimonistische Ethik-Typen, also am Glück orientierten Ethiken aus christlicher Sicht nicht einfach ablehnen. Zwar musste christlich das isoliert-individuelle Glücksstreben als Lebensziel überwunden werden, aber das Ziel der Glückseligkeit (lat. beatitudo) sei durchaus auch dem Christentum bekannt (nämlich z.B. in den Seligpreisungen der Bergpredigt). Denn das Reich Gottes sei Friede und Freude und mit dem Symbol des Gastmahles charakterisiert.

Nun gehen allerdings die neueren Lebenskunsttheorien vom Phänomen der Sorge um sich selbst aus. Auch nach Tödt leben die Menschen in der Sorge (als menschlicher Grundverfassung). Doch Mt 6,25ff. („Sorgt euch nicht um euer Leben und darum, dass ihr etwas zu essen habt…“) relativiere die Sorge, weil der Mensch zu einem Grundvertrauen eingeladen werde, das auf die liebende Vorsorge und Fürsorge Gottes baut.

Christliche Ethik habe daher weder die Sorge noch allein das „Sollen“ zu ihrem Thema, sie wäre dann nur restriktive und gesetzliche Ethik bzw. Moral(vgl. Schuhmacher, 2006, S. 266). Nach Tödts Vorstellung soll Ethik primär produktive Absichten verfolgen und zur Lebenskunst anleiten: „sie will zeigen, wie wir leben können, führt also in die ars vitae ein. Erst von dorther bekommt auch das Sollen seinen Ort und seinen Sinn.“ (Tödt, zit. bei Schuhmacher, 2006, S. 266).

Wolfgang Huber hat mir gegenüber im Gespräch einmal zu Recht darauf hingewiesen, dass Tödt eben von der ars vitae und nicht von der ars vivendi spricht. Damit ist der überzogen-aktivistische Ton einer populären Lebensberatungs-Lebenskunst-Literatur schon zurückgenommen, der es nur um die Perfektionierung der eigenen aktiven Lebensführung und Lebensleistung geht. Die ars vitae ist möglicherweise sogar primär eine pathische Angelegenheit, eine Frage des Geschehenlassens und des Sich-Einschwingens in Lebensrhythmen und Lebensprozesse insgesamt sowie der Resonanz auf immanent wie transzendent Entgegenkommendes.

4.1 Gegenwärtige Konzeptionen von Lebenskunst

Ende des 20. Jh. kam es nun zu einer Wiederentdeckung der praktischen Philosophie bzw. philosophischen Lebenskunst unter postmodernen Vorzeichen. Hauptpropagandist der philosophischen Lebenskunsttheorie ist neben Hans Krämer Wilhelm Schmid mit seiner „Philosophie der Lebenskunst“ (Schmid, 2000). Hier wie im „Lexikon der Lebenskunst“ (Brenner & Zirfas, 2002) dominiert der ethische Blick auf die Lebensführung. Es geht um die Frage, wie das eigene Leben gelingen kann:

„Unter Lebenskunst wird grundsätzlich die Möglichkeit und die Anstrengung verstanden, das Leben auf reflektierte Weise zu führen und es nicht unbewusst einfach nur dahingehen zu lassen. Die Philosophie leitet zu dieser Reflektiertheit an – nicht etwa präskriptiv, mit einer Anweisung zum guten Leben, sondern mit einer Auseinanderlegung all dessen, was für eine Lebensführung überhaupt von Bedeutung ist, optativ, Möglichkeiten eröffnend. In diesem Sinne leistet sie in der Tat das, was manche erhoffen, andere befürchten: Lebenshilfe. Sie bemüht sich darum, die Lebenskunst zum Begriff zu machen, das Material zu erarbeiten und die Methoden zu erschließen, die es dem Einzelnen in den verschiedensten Situationen ermöglichen, sein Leben zu verstehen und seine eigene Wahl zu treffen.“ (Schmid, 2000, S. 10).

Ziel solcher Lebenskunst ist das schöne als das bejahenswerte Leben. Zum schönen Leben gehört dabei auch die Integration des Unangenehmen und Schmerzlichen. Letztes Ziel sei der „Versuch zur Realisierung eines erfüllten Lebens,erfüllt vom Bewusstsein der Existenz, erfüllt von der Erfahrung des gesamten Spektrums des Lebens, erfüllt vom vollen Genuss und Gebrauch des Lebens“ (Schmid, 2000, S. 28).

Ähnlich wie Wilhelm Schmid begründet auch der Philosoph Hans Krämer sein Lebenskunstkonzept freiheitstheoretisch: Er plädiert dafür, „den Prozess der Emanzipation des Einzelnen experimentierend so weit wie möglich voranzutreiben. Die Freiheit und Autonomie des Einzelnen ist unter allen Gütern des gelingenden Lebens das Primärgut und daher auch das bevorzugte Ziel der Lebenskunst.“ (Krämer, 1988, S. 15).

Ob diese liberal-spätmodernen Überlegungen allerdings kirchen- und theologietauglich sind, war und ist durchaus umstritten. Zu Recht hinterfragen verschiedene Theolog:innen den zugrundeliegenden Freiheitsbegriff. Hier werde Lebenskunst zu sehr auf die Idee der Selbstmächtigkeit abgestellt, die dem christlichen Erlösungsgedanken und dem kommunikativ-kooperativen Freiheitsverständnis widerspreche. Christliche Lebenskunst müsse deshalb gerade auch die Endlichkeit und Gefährdung menschlicher Freiheit thematisieren. An Wilhelm Schmid wie an Hans Krämer und anderen ist also zu kritisieren, dass hier das handelnde Subjekt überfordert und überschätzt wird. Demgegenüber ist schon aus soziologischer und erkenntnistheoretischer, aber erst recht aus theologischer Perspektive die Beziehungsstruktur des Selbst (bzw. der Freiheit) und der Empfangscharakter des Lebens ins Spiel bringen.[3] Wo dies jedoch geschieht, gibt es m.E. keine Gründe gegen eine auf dem christlichen Freiheitsverständnis aufbauende Lebenskunst-Konzeption.

Von Schmid herkommend ist der Lebenskunstbegriff an verschiedenen Stellen der Bildungstheorie und Bildungspraxis aufgetaucht, etwa in den Debatten um kulturelle Jugendbildung und Lebenskunst (so bei Max Fuchs und der Bundesvereinigung Kulturelle Jugendbildung). Der Begriff der Lebenskunst wird Ende der 1990er Jahre dort sogar zum Leitbegriff (Bundesvereinigung Kulturelle Jugendbildung e.V. 1999; dies., 2000; dies. 2001; Baer, 2001; Fuchs, 2008; Bockhorst, 2012/13). Im Hintergrund steht hier das Bemühen, ästhetische und ethische Bildung im Blick auf das konkrete individuelle Leben zu verbinden und auch musisch-kulturelle Bildungsarbeit als Werteerziehung zu verstehen. Zugrunde gelegt ist dabei ein „optimistisches Bild von [sic!] Menschen, das ihm vielfältige Fähigkeiten im Grundsatz unterstellt“(Fuchs, 1999, S. 39). „Das Lebenskunstkonzept geht damit von der Bildsamkeit, Kultur- und Gemeinschaftsfähigkeit des Menschen aus und es sieht ihn als einsichtige, verantwortungsvolle und sinnorientierte Einheit.“ (Altheim, 1999, S. 119). Pädagogische Prozesse der Lebenskunstbildung sollen neue Möglichkeitsräume eröffnen: „Lebenskunst ergänzt den Möglichkeitssinn, ohne den Wirklichkeitssinn zu vergessen.“ (Altheim, 1999, S. 123 (Original fett gedruckt)).

In der Allgemeinpädagogik ist es vor allem der Kölner Allgemeinpädagoge Jörg Zirfas, der die Lebenskunstdiskurse ins Zentrum seiner Pädagogik stellt (vgl. Zirfas, 2007, und öfter) und eine Reihe zur Lebenskunst bei Metzler mit herausgibt (vgl. vor allem den Band zur „Kritischen Lebenskunst“ (Gödde & Zirfas, 2018).

In der Praktischen Theologie ist der Begriff der Lebenskunst zunächst von Thomas Erne und anderen stärker unter ästhetischen Vorzeichen rezipiert worden: im Interesse daran, den Künsten und der ästhetischen Erfahrung einen höheren Stellenwert in Religion und Kirche zu zuweisen (Erne, 1994 und 2006). Sodann hat neben Bubmann & Sill (2008) vor allem Wilfried Engemann den Begriff der Lebenskunst in die Praktische Theologie und hier in die Seelsorgetheorie eingeführt (dazu zusammenfassend Bubmann 2015).

Die Begrifflichkeiten von Lebenskunst und Lebensstil ermöglichen nun gerade, die Neuaufbrüche in der philosophischen wie theologischen Ethik mit einem ästhetischen Verständnis der Praktischen Theologie zusammenzudenken und beides freiheitstheologisch zu fundieren und in eine Theorie der Lebenskunstbildung zu überführen. In dieser Chance liegt mein persönliches Interesse an dieser Konzeption begründet.

Der Kunst-Begriff wird in den Lebenskunsttheorien jeweils unterschiedlich akzentuiert. Die antiken (und teils auch die neueren praktisch-philosophischen) Lebenskunsttheorien setzen einen Begriff von Kunst als téchnê voraus, der ein regelgeleitetes geübtes Handeln und Können bezeichnet (von der Uhrmacherkunst über die Liebeskunst bis zur Erziehungskunst und Kunst der Staatenlenkung). Entsprechend gilt dort: „Die Lebens-Kunst (oder Lebens-Technik), nach der in dieser besonderen Hinsicht gefragt wird, ist aufzufassen als die Kompetenz, ein Repertoire von Handlungsmustern (Maßnahmen, Handgriffen) zu beherrschen.“(Thomä, 2007, S. 239).

Dieser handwerkliche Begriff von Kunst wird in der ästhetischen Spielart der Lebenskunstdebatte ergänzt oder ersetzt durch den ästhetischen Kunstbegriff, der wiederum in sich differenziert ist: Kunst kann (produktionsästhetisch) das künstlerische Handeln nach den Logiken und Qualitätsstandards einzelner Künste bezeichnen und damit nahe am Begriff der téchnê bleiben, der Begriff kann (werkästhetisch) das künstlerische Werk würdigend in den Blick nehmen oder (rezeptionsästhetisch) die ästhetische Erfahrung von Kunstwerken ins Zentrum rücken. Zwar ist angesichts dieser weiten Bedeutungsspanne des Kunstbegriffs zuzugeben, dass der „semantische Spagat zwischen diesen verschiedenen Bedeutungen der ‚Kunst’“ „kaum auszuhalten“ (Thomä, 2007, S. 241) ist.

Angesichts der komplexen Aufgabe, sich dem eigenen Leben gegenüber zu verhalten und es (soweit dies überhaupt möglich ist) zu gestalten und sinnvoll zu deuten, empfiehlt sich jedoch ein Leitbegriff, der in sich bereits ein reiches Spektrum an Verhaltensoptionen enthält und auch den passiv-pathischen Dimensionen des Menschseins gerecht wird und damit der Mehrdimensionalität der Freiheit entspricht.[4] Daher wird hier von mir in der theologischen Rezeption bewusst das breite semantische Feld des Lebenskunstbegriffs genutzt, um die Fragen der Lebenswahrnehmung, der Lebensgestaltung, der Lebensorientierung und der Lebensdeutung in ihrer Differenziertheit angemessen in den Blick zu nehmen.

Der Begriff der Lebenskunst hat m.E. gegenüber ähnlichen Begriffen wie „Lebensgestaltung“ oder „Lebensführung"[5] gerade den Vorzug, dass er nicht sofort auf den aktiv-bemächtigenden Zugriff des Subjekts, auf eigene Handlungsmöglichkeiten reduziert werden muss, sondern zunächst offen lassen kann, wer der Künstler ist, ob es im traditionellen Sinn überhaupt ein geschlossenes Kunstwerk geben kann oder ob es sich um einen offenen Prozess der Wahrnehmung und Deutung handelt, für den gar kein einzelnes „Subjekt“ als Urheber bestimmbar ist (zugegeben: der Begriff der „Lebensführung“ kann auch etliche dieser Aspekte in sich aufnehmen!).

Warum ich werbend für die stärkere Rezeption des Lebenskunst-Diskurses in der Religionsdidaktik eintrete? Er hat m.E. nicht nur eine Brückenfunktion zwischen den Konfessionen (wie wir gerade in einem Wissenschaftsnetzwerk der DFG zur Theologischen Lebenskunstforschung feststellen), sondern eben auch zur bildungstheoretischen Allgemeinpädagogik und Philosophie[6]. Allerdings finden sich außer in einem Jahrbuch der Religionspädagogik (Englert u.a., 2013) noch wenig Spuren des Bezugs auf Lebenskunst (als Begriff) in den Diskursen der religionspädagogischen wie ethischen Fachdidaktiken und noch weniger in den Lehrplänen (was insbesondere für das Fach Ethik erstaunlich ist, weil Wilhelm Schmids Entwurf einer Lebenskunstphilosophie doch immerhin eine anspruchsvolle, wenn auch umstrittene Habilitationsarbeit in der Praktischen Philosophie darstellt). Für die Praxis des Religionsunterrichts gibt es immerhin im Heft „Religion betrifft uns“ Heft 2 /2023 zum Thema Glück Materialien zu Wilhelm Schmid (M 5) und ein Interview mit ihm (M6).[7] Mein Werben geht also nicht alleine in Richtung der Religionspädagogik, sondern mindestens genauso in Richtung der Ethik-Fachdidaktik.

4.2 Lebenskunstbildung

Ich selbst habe versucht, den Lebenskunst-Ansatz religionspädagogisch aufzugreifen, und spreche von Lebenskunstbildung (vgl. Bubmann, 2009, S. 67–77). Dabei geht es überhaupt nicht darum, dass fertige Mustermodelle oder universale Regeln für die Lebensführung normativ vermittelt würden. Angesichts der notwendig individuellen Brechung von Glück und einem als „gut“ erfahrenen Leben ist vielmehr beherzt der Grundcharakter der philosophischen Lebenskunst aufzugreifen: Es geht immer um die Eröffnung von Möglichkeitsräumen, um das Vorstellen verschiedener Lebensoptionen und um die Vermittlung von Techniken, sich der eigenen Lebensweise zu vergewissern (vgl. Ziller, 2005, S. 351). Lebenskunstbildung will also die Begegnung mit religiösen Kommunikationsformen bzw. Lebenspraxen und deren kritische Reflexion befördern. In dieser Sprachschule symbolischer Kommunikation und Lebenspraxis und damit der Sprachschule christlicher Freiheit sind alle Wahrnehmungs-Sinne angesprochen. Den Lernenden wird Raum gegeben, auch für das eigene religiöse Leben Ausdrucks- und Deutungsmöglichkeiten zu finden und die Herausforderungen der Wechselfälle des Lebens zu bedenken. Dazu ist es unabdingbar, sich der eigenen Lebensziele zu vergewissern. Eine Nähe zu ethischer Bildung ist unverkennbar, aber Lebenskunstbildung geht eben gerade nicht in problemorientierter ethischer Bildung auf, sondern will alle Dimensionen christlichen Lebens als Möglichkeitsraum des eigenen Lebens erschließen.

2013 ist diese Linie durch das Jahrbuch für Religionspädagogik mit dem Jahresthemenband „Glück und Lebenskunst“(Englert u.a., 2013) immerhin einmal im Mainstream der Religionspädagogik diskutiert worden. Michael Meyer-Blanck hält dabei fest: „Religionen sind nichts anderes als Theorien [ich würde ergänzen: und Praxen!] der Lebenskunst, mit deren Hilfe der Mensch den Umgang mit seinen eigenen Erfahrungen von Freiheit und Kontingenz symbolisch, zeichenhaft, narrativ und diskursiv zu gestalten sucht. Gebote, Rituale, Lebensformen und Göttergeschichten thematisieren die Möglichkeiten und Grenzen des Menschen, mit dem glücklichen und unglücklichen Zufall sowie mit dem für andere schädlichen Missbrauch der Freiheit (unter den Kategorien von Verfehlung, Übertretung, Schuld oder Sünde) fertig zu werden.“ (Meyer-Blanck, 2013, S. 135). Und er beschreibt zu Recht als Gefahr das Bemühen, „dass der Mensch auch die Zufälle des Lebens mit weisheitlichen Regeln in den Griff zu bekommen versucht“ (Meyer-Blanck, 2013, S. 137).

Natürlich stehen in der Lebenskunstbildung auch gute Regeln/Pflichten/das moralische Gesetz mit auf der Tagesordnung. Aber mehr noch als die Frage „Was soll ich tun?“ bilden die Fragen „Was will und kann ich tun?“ und „Was darf ich hoffen?/Wer möchte ich sein?“ den Beginn der Lebenskunstbildung. Dieser geht es um Lebensermöglichung, um Transformation zum guten Leben, um Empowerment, um Befähigung zu und um Beteiligung an guten Möglichkeiten des Lebens. Weil das gute Leben nie nur vom einzelnen abhängt, muss sie immer auch zugleich machtkritische Sozialethik sein und nach den strukturellen Bedingungen möglichen Lebens fragen, ganz im Sinne der Befähigungsgerechtigkeit, wie sie von Martha Nussbaum und anderen in die Diskurse eingebracht wurde. Insofern weiß ich mich dem Anliegen einer „Kritischen Lebenskunst“ (Gödde & Zirfas, 2018) verbunden.

Lebenskunstbildung orientiert sich an grundlegenden Perspektiven / Existentialien / Grundvollzügen des Lebens (vgl. ähnlich – ausgehend von Paul Tillich – Lehmann & Schmidt-Kortenbusch, 2018, S. 344–347). Dies sei im Folgenden lediglich schlagwortartig aufgelistet:

  • endlich leben (Endlichkeit; Zeitlichkeit)

  • fragmentarisch und gelassen leben (Begrenztheit, Sünde und Schuld)

  • räumlich leben (räumliche Existentialien)

  • leiblich leben (Diätetik, Bewegung, Sport)

  • geschöpflich leben in vierfacher Relationalität: Sorge um Selbst, Sozialität, Umwelt und Transzendenzbeziehung

  • sprachlich, medial und kulturell leben

  •  (un-)glücklich leben (Bildung zum Umgang mit Kontingenz)

  • ethisch und verantwortlich leben (Wertebildung: Tugenden, Pflichten, Güter)

  • ästhetisch leben (das achtsame und bewusst gestaltete Leben als Bildungsziel)

  • geistlich leben (Glaubensbildung und spirituelle Bildung)

  • sinnvoll leben (Lebenskunstbildung als reflexives Deutungsgeschehen und theologische Bildung)

4.3 Zur Didaktik der Lebenskunstbildung – einige Hinweise

Wie lässt sich christliche Lebenskunst lernen und lehren?

Gewiss nicht so, dass fertige Mustermodelle oder universale Regeln für die Lebensführung normativ vermittelt würden. Auch nicht so, dass sich die Lehrkraft als exemplarische Subjektivität inszeniert und die eigene Lebenskunst zum Maßstab des Unterrichts in christlicher Religion erhebt. Angesichts der notwendig individuellen Brechung von Glück und einem als „gut“ erfahrenen Leben ist vielmehr beherzt der optative, Möglichkeiten eröffnende Grundcharakter der philosophischen Lebenskunst aufzugreifen.

In alledem erfindet der hier vorgelegte Vorschlag einer Lebenskunstbildung die Religionspädagogik (verstanden als Theoriebildung schulischer wie gemeindlicher Bildungsprozesse) ja nicht neu. Er sieht sich in der Tradition integrativer Verbundmodelle der Religionspädagogik, die schon seit längerem die Stärken verschiedener Konzeptionen (von der evangelischen Unterweisung über den problemorientierten Ansatz bis zur Symboldidaktik und performativen Religionsdidaktik im Sinne einer subjekt- und erfahrungsorientierten Didaktik) zu verbinden suchen und sich in den letzten Jahren unter dezidierter Aufnahme des Bildungsbegriffs profiliert haben. Klar abgegrenzt ist ein solcher Ansatz lediglich gegenüber einem rein religionskundlichen Verständnis von RU. Integrierbar wäre ein solcher Ansatz auch in einen konfessionell-kooperativen, in einen überkonfessionell-christlichen (Niedersachsen) oder interreligiösem Religionsunterricht (wie in Hamburg). Der Ansatz bei der Lebenskunstbildung setzt innerhalb dieses Rahmens lediglich einige Akzente:

  1. Lebenskunst-Lernen ist nicht nur Belehrung über, sondern partizipative Erfahrung von (rel.) Lebenskunst. Es geht um experimentelles, „probeweises“ Sich-Einlassen auf Modelle gelingenden Lebens, um das Teilen von Lebens-Erfahrung, nicht um distanzierte, rein kognitive Lebenskunde. Ästhetisches und ethisch-pragmatisches Lernen verbinden sich sinnvoll mit theoretischem Lernen.

  2. Lebenskunstbildung achtet den Schatz tradierter Lebensweisheit, weil sich in den religiösen Lebensformen und -regeln früherer Generationen wertvolle Hinweise zur Verbindung von Glauben und Leben entdecken lassen. Sie würdigt daher tradierte symbolische Interaktions- und Sprachformen des Glaubens aus der ganzen Ökumene und auch Anregungen der philosophischen Traditionen. Deshalb rekurriert sie auch auf geschichtlich bewährte „kanonische“ Bildungsinhalte und -texte (aus Bibel, Gesangbuch, Kunst-, Theologie- und Philosophiegeschichte) und hinterfragt zugleich deren Geltung immer wieder neu. So kommen Vergangenheits- und Zukunftsbezug um der Gegenwartsorientierung willen gleichermaßen zu ihrem Recht.

  3. Lebenskunstbildung benötigt Freiräume und Experimente zum Ausprobieren von Handlungsoptionen und Zukunftsvisionen, von kreativer Arbeit an symbolischen Kommunikationsformen.

  4. Lebenskunstbildung bedarf der Übung[8], sie erschließt sich nicht als spirituelles Fastfood, sondern nur in mühsamen Lernprozessen der Wiederholung. Sie scheut daher weder Ritualisierungen noch Bemühungen um ein durchdachtes Spiralcurriculum der wesentlichen Inhalte und Kunstregeln der christlichen Lebenskunst.

  5. Lebenskunstbildung verdichtet sich in den symbolischen Kommunikationsformen von Fest und Feier. Beides gehört zur religionspädagogischen Praxis notwendig dazu. Am Lernort Schule sind daher unterrichtliche Bildungsvollzüge und die Gestaltung des Schullebens gleichermaßen als Aufgabenfelder der Lebenskunstbildung zu begreifen und konstruktiv aufeinander zu beziehen. Im Rahmen der Ganztagsschule ergeben sich im Übrigen neue Verbindungen zwischen gemeindepädagogischen und schulischen Formen der christlichen Lebenskunstbildung.

  6. Religiöse Lebenskunst-Bildung verbindet in ihren Unterrichtsstrukturen die Logik der religiösen Inhalte und Prozesse kreativ mit den Problemen und Interessen der Lernenden. Sie sucht die implizite religiöse Logik der Situation der Lernenden zu entschlüsseln und mit expliziter religiöser Logik in Konstellationen zu bringen (also: Korrelations-Didaktik, die aber die Symbole/Logik des Glaubens nie aus dem Blick verliert). Sie bietet experimentelle Situationen religiöser Erfahrung an und hat dabei eine besondere Nähe zur genetisch-dramaturgischen Lehrkunst-Didaktik (Hans Christoph Berg/Theodor Schulze nach Martin Wagenschein).

  7. Didaktische Grundformen der christlichen Lebenskunst-Didaktik sind daher:

    a. Projekt-Arbeit außerhalb des 45’-Taktes und außerhalb von Schulräumen

    b. Just-community-Ansatz und konkrete ethische Urteilsbildung im Schulalltag

    c. Simulations-Spiele und Experimente

    d. Narrative Formen

    e. Kulturpädagogische Arbeitsformen (inkl. Bibliolog etc.)

    f. Begegnung mit fremder Lebenskunst (interkulturell, interreligiös, interkonfessionell)

    g. Reflexionspraktiken (Tagebuch; Feedback-Runden; Meta-Reflexion)

    h. Spirituelle Übung (Aszetik) und Unterbrechungen des Alltags

    i. Fest & Feier.

5 Zur Zusammenarbeit der Fächer Religionsunterricht und Ethikunterricht/Philosophie

Eine phasenweise Kooperation der Fächer im Klassenverband innerhalb einer Fächergruppe Religionsunterricht/Ethik/Philosophie legt sich m.E. nahe. Dazu dürften die Fächer nicht als exklusive Alternativen verstanden werden, sondern als einander ergänzende gleichberechtigte Fächer, die unterschiedliche Perspektiven auf teilweise gleiche Themen einbringen. Viele Bereiche ethischer Klärungen sind im Religions- wie im Ethik-Unterricht zunächst vollständig identisch. Der Besuch solcher Phasen des Ethikunterrichts ist doch auch aus religionspädagogischer Sicht unbedingt wünschenswert. Bei verbindlichen Absprachen der Lehrinhalte kann ich mir daher den phasenweise-alternierenden Besuch beider Fächer für alle Schüler:innen gut vorstellen, wobei für die grundgesetzlich garantierte Abmeldemöglichkeit vom RU dann eine praktikable Lösung gefunden werden muss (z.B. durch Formen von digital gesteuertem Lernen für die Nicht-Teilnehmenden). Grundsätzlich sollte m.E. aber dafür geworben werden, dass religionskritische Schüler:innen im Sinne interkultureller Bildung auch die Binnenlogik und performative Praxis von Religionsgemeinschaften in konfessionellen Gestalten des RU kennenlernen. Rechtlich wäre dazu nochmals auszuloten, wieweit die negative Religionsfreiheit es wirklich legitimiert, vor allen Phänomenen des Religiösen „verschont“ zu werden; bildungstheoretisch leuchtet solche „Verschonung“ ja überhaupt nicht ein, weil Bildung immer auch kulturelle Begegnung mit dem Fremden und möglicherweise weiterhin fremd und abgelehnt Bleibenden bedeutet. Hier hängt viel – ja alles – an der konkreten Gestaltung des Religionsunterrichts, der eben nie – gerade bei Wahrung seiner performativ-konfessionellen und konfessorischen Anteile – zur kirchlichen Rekrutierungsveranstaltung oder Missionsveranstaltung werden darf. Der Umgang mit den Konfessionslosen, Anderskonfessionellen und religionskritischen Schüler:innen (die ja durchaus getauft sein können!) wird daher zum entscheidenden Prüfstein des RU. Dass es angesichts der Kirchenkrisen und Austrittswellen anderslautende kirchenpolitische Äußerungen gibt, die die letzte Rettung der Volkskirche vom RU erhoffen, muss daher in aller Klarheit aus religionspädagogischer und bildungstheoretischer Sicht zurückgewiesen werden. Der RU darf nicht als vermeintlich letzte verbliebene volkskirchliche Bastion und Kontaktfläche zur Mehrheit der Bevölkerung kirchlich funktionalisiert und damit missbraucht werden, er stellt vielmehr einen Ort qualifizierter religiöser Bildung dar. Diese bleibt ohne fundierte ethische Anteile genauso unvollständig wie ohne performativ-religiöse Erfahrungsmöglichkeiten.

Am Beispiel des Unterrichts zum Thema Glück und gutes Leben sei angedeutet, wie solche Kooperation vonstattengehen könnte. Im Lehrplan für den Ethikunterricht in Bayern fürs Gymnasium findet sich der Eth13 Lernbereich 2: Sinnorientierung und Lebensgestaltung:

„Die Schülerinnen und Schüler ...

  • entwickeln eine eigene Vorstellung vom guten Leben, indem sie insbesondere antike Vorstellungen von Eudaimonie beurteilen und vergleichen.

  • prüfen den Stellenwert von Bedürfnisbefriedigung in ihrem Leben.

  • beurteilen, welche Rolle erfüllende Aktivität und Sinnsetzung, insbesondere durch Selbsttranszendenz, für ein gelingendes Leben spielen können, auch in belastenden und (scheinbar) absurden Lebenssituationen.

  • bewerten Erkenntnisse aus der empirischen Glücksforschung (Flow-Theorie und PERMA-Modell) und ordnen sie in ihre Vorstellung von einem guten und glücklichen Leben ein.

  • gestalten unter Berücksichtigung kommunikationspsychologischer Erkenntnisse ihre eigene Kommunikation konstruktiv und verantwortungsbewusst, u. a. im digitalen Bereich.

  • berücksichtigen Gedanken aus Utopien bei der Suche nach dem Gerechten und Guten.“ (Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München, 2023).

Die hier genannten Zielvorstellungen wären in einer gemeinsamen Phase der beiden Fächer zu behandeln und zusätzlich mit den religiösen Vorstellungen vom guten Leben, wie es in Bibel und Kirchengeschichte beschrieben wird, zu ergänzen. Der Umgang mit Schicksal und (Un-)Glückserfahrung wäre aus theologischer Sicht einzubringen. Formen des Segnens, des Betens und Dankens sowie theologische Deutungen sind als spezifisch religiöse Formen des Umgangs mit (Un-)Glück wahrzunehmen (vgl. Bubmann, 2022). Bei den im Ethik-Lehrplan genannten Inhalten wären dann neben der Liste der antiken philosophischen Autoren (von Aristoteles bis zur Stoa), dem Verweis auf die Logotherapie Viktor E. Frankls (der selbst schon religionspädagogisch anschlussfähig ist!) und die Kommunikationsforschung (Schulz v. Thun) auch spezifisch theologische Inhalte und Positionen (die Glück-Seligpreisungen der Bergpredigt, Augustin, neuere theol. Monographien zum Glück von Jörg Lauster und Michael Roth u.a.) und ggf. als für beide Perspektiven lohnenswerte Lektüre auch Hartmut Rosas Resonanztheorie hinzufügen. Idealiter erfolgte ein gemeinsamer Unterricht im Team-Teaching im Klassenverband. Eine solche Brücke zwischen den Fächern spart zwar kein Personal, erhöht aber die Bildungseffekte zum Nutzen aller – für alle Schüler:innen wie auch für die Lehrkräfte selbst!

Literaturverzeichnis

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Peter Bubmann ist Professor für Praktische Theologie (Schwerpunkt Religions- und Gemeindepädagogik) im Fachbereich Theologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU).

 

  1. Im Folgenden sind einige Passagen übernommen aus: Bubmann, 2012, S. 92-98.

  2. Der Schule Tödts sind bedeutende Ethiker wie Christopher Frey, Wolfgang Huber, Wolfgang Lienemann, Hans-Richard Reuter u.a. zuzurechnen (vgl. Schuhmacher, 2006, 391-431).

  3. Das fordert kritisch zu Recht auch Silke Leonhard gegenüber Ansätzen bei der Lebenskunst ein (vgl. Leonhard, 2018, S. 443-446 und ihre Betonung des pathischen Lernens, S. 450-455).

  4. Dass (christliche verstandene) Freiheit ebenfalls die verschiedenen Aspekte der Rezeptivität, der Selbstbindung an Regeln wie der kreativen Potenz umfasst, habe ich versucht zu zeigen in: Bubmann,1995, S. 339-358.

  5. Hierzu Gräb-Schmidt, E., Art. Lebensführung, in: RGG4 dx.doi.org/10.1163/2405-8262_rgg4_COM_12750: [Zugriff: 31.8.2023] und ausführlich: Laubach, 1999.

  6. Zur phil. Rezeption vgl. etwa das Themenheft der Zeitschrift: Glück und Lebenskunst (2008), sowie den kritischen Band von Kersting & Langbehn, 2007.

  7. Aufschlussreich ist, dass daneben vor allem Hartmut Rosas Resonanztheorie genutzt wird, vgl. in dieser Arbeitshilfe die Materialien M15-22 (Interview mit Rosa und Auswertung). Inwieweit eine Theorie der „Lebenskunstbildung“ zugleich Resonanzpädagogik zu sein hat und sein könnte, wäre noch genauer auszuloten.

  8. Martina Kumlehn hat mich zu Recht auf die Differenz von „Einübung“ (Sozialisation in kirchliche Praxis) und „Übung“ hingewiesen, ich folge hier ihrem Plädoyer für die „Übung“ (vgl. Kumlehn, 2009, S. 274, Anm. 55).