Andacht am Samstag, 02.09.2023, Moritzkirche

Beginn: 08:30 Uhr; Ende: ca. 09:05 Uhr

 

„Jesus Christus spricht: Wer sagt denn ihr, dass ich sei?“ (Mt 16,15)

Eingangsmusik (zum Empfang der Besucher*innen):

Improvisation (ggf. schon zu „Morgenlicht leuchtet“, GL 702)

 

Eröffnung

A: Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

B: „Jesus Christus spricht: Wer sagt denn ihr, dass ich sei?“

A: Mit dem Monatsspruch für September heißen wir Sie herzlich Willkommen in der Moritzkirche, zur Andacht am Morgen unseres zweiten Tages miteinander.

Lied

B: Morgenlicht leuchtet – wir singen gemeinsam die drei Strophen unter der Nummer 702 im Gotteslob.

Psalm

Wir beten im Wechsel Psalm 139, in der Fassung des Gotteslobes. Sie finden den Psalm unter der Nummer 657,2. Die – von Ihnen aus gesehen – linke Seite beginnt und die rechte Seite antwortet.

Zwischenmusik

Impuls

(Gesprochen von zwei Sprecher*innen)[1]

A: „Jesus Christus spricht: Wer sagt denn ihr, dass ich sei?“

B: Gemeinsame GWR-Tagung, das heißt: sich Begegnen.

In der Diskussion am Tag oder beim Bier am Abend.

Als alte Bekannte – oder zum ersten Mal, ganz neu.

Als Kolleginnen, als Freunde, als Fremde.

In diesem Jahr begegnen wir uns insbesondere als Religionspädagog*innen

und als Ethik- und Philosophiedidaktiker*innen.

A: Kein Ort könnte deshalb für unsere Andachten besser geeignet sein, als die Moritzkirche. Augustiner-Chorherren und Dominikaner waren hier.

Evangelische und Katholische Christen beten und singen hier.

Und jedes Jahr zwischen Ostern und den Sommerferien wird sie zu einem besonderen Ort der Begegnung. Da feiern hier an den Wochenenden Jugendliche aus dem Ethik- und dem Religionsunterricht gemeinsam ihre Segensfeier zur Lebenswende.

Sehr viele der Jugendlichen haben vorher kaum Berührungen mit Kirche oder Christentum.

Oft begegnen Sie beidem hier, in diesem Raum, zum ersten Mal näher.

B: „Hier drin dürfen wir feiern? Die Kirche ist ja mega!

Haben Sie sich schonmal die Decke angesehen?

Oh Gott, ich sterbe, der lange Gang, die Bühne!

Da sehen die uns ja alle!

Das wird der schönste Tag unseres Lebens!"[2]

Zwischenmusik

A: Erstbegegnungen in der Moritzkirche. Verheißungsvolle Erwartung.

Bei drei gemeinsamen Treffen bereiten sich die Jugendlichen auf ihre Feier vor.

B: „Mein Kleid ist rückenfrei. Darf ich das hier so anziehen, oder soll ich lieber meine Jacke drüberziehen? Weil, naja, wir sind ja in einer Kirche.“

A: Katholische und Evangelische Kirche vor Ort verantworten die Feiern gemeinsam. Seelsorger beider Konfessionen begleiten die Jugendlichen auf ihrem Weg.

B: „Ich wollte noch mal fragen, wegen dem, was ich Ihnen anvertraut habe letztens, kann man bei Pfarrern Schweigepflicht beantragen? Also kann ich das noch nachträglich bei Ihnen beantragen? Bei Ärzten ist das doch so, die haben das, also die dürfen nichts sagen, das weiß ich, aber bei Pfarrern kenne ich mich nicht aus.“

Zwischenmusik

A: Besondere Momente der Begegnung, hier, in der Moritzkirche.

Begegnungen bergen die Chance zu neuen Perspektiven.

In der Begegnung liegt die Verheißung, dass etwas Neues, etwas Drittes entsteht. Dass die, die sich begegnen, als neue und andere auseinandergehen.

„Jesus Christus spricht: Wer sagt denn ihr, dass ich sei?“

B: „Ich fand’s gut, dass wir so viel geredet haben alle. Und dass die anderen mal erzählt haben, wie sie sich ihr Leben vorstellen. Über sowas reden wir ja sonst irgendwie nicht.“

Zwischenmusik

A: Welches Bild habe ich vom anderen, der mir begegnet?

Welches Bild möchte ich von mir vermitteln?

Was möchte ich von mir zeigen – und was verbergen?

B: „Ich lass jetzt hier auch mal was los. Ich ritze mich ja, an den Armen und Oberschenkeln, und ich wollte nicht, dass meine kleine Schwester das sieht, und als wir baden waren, hat sie mich gefragt, was das ist. Da hab ich ihr gesagt, ich bin hingefallen.“

Zwischenmusik

A: Wie blickt der andere auf mich und auf das, was mir lieb und teuer ist?

Was bin ich bereit mir anzuhören und anzunehmen – und wo möchte ich widersprechen?

„Jesus Christus spricht: Wer sagt denn ihr, dass ich sei?“

B: „Ich denke natürlich, es gibt ihn nicht, es ist bloß eine äh Fantasiegestalt des Menschen, die sie sich halt ausgedacht haben, um ihren Schmerz darin zu verkraften.“

Zwischenmusik

A: Echte Begegnungen sind riskant. Sie verlangen ein offenes Visier.

Wenn wir uns einander öffnen, kann uns das einander näherbringen.

Wir machen uns aber auch angreifbar und verletzlich.

B: „Jesus Christus spricht: Wer sagt denn ihr, dass ich sei?“

A: Wer möchte ich sein, für den anderen? Was ist mein Bild von meinem Gegenüber? Was sehe ich in ihm? Und was sehen die anderen in mir?

B: „Ich wollte Ihnen nur sagen, ich fühle mich trans. Da hab ich einen anderen Spitznamen. Kann ich den sagen bei der Vorstellung, also vor allen?“

Zwischenmusik

B: „Jesus Christus spricht: Wer sagt denn ihr, dass ich sei?“

A: Wir versammeln uns heute hier im Namen dessen, der sich selbst nicht genug war, sondern der den Menschen begegnet ist.

Mit offenem Visier und ohne doppelten Boden.

Manche sind ihm begegnet und nachgefolgt. Sie sagten, er sei der Christus.

Andere blieben auf Abstand. Manche haben sich abgewandt.

B: „Jesus Christus spricht: Wer sagt denn ihr, dass ich sei?“

Er hat sich geöffnet für die Nöte und Sorgen derer, die ihm begegnet sind.

Er hat sich angreifbar gemacht, wurde verletzt, bis in den Tod.

Und ist danach, anders und verwandelt, einigen wieder begegnet.

B: Bis heute passiert das. Er schleicht sich ein in unsere Begegnungen.

Erscheint auf dem Antlitz meines Gegenübers. Berührt uns in Musik.

Oder huscht vorbei an besonderen Orten.

Vielleicht auch hier und heute.

A/B: B: „Jesus Christus spricht: Wer sagt denn ihr, dass ich sei?“

A/B: Amen.

Zwischenmusik

A: Wir singen gemeinsam: Wo Menschen sich vergessen, unter der Nummer 830 im Gotteslob.

Lied: Wo Menschen sich vergessen, GL 830

Gebet[3]

A: Lasst uns beten und Stille halten.

B: Gott, begegne uns, wenn wir Dich suchen.

Wir brauchen welche

die ihre Ängste lassen

die ihre Tische teilen

die ihre Ohren leihen

und sich in den Schlaf beten.

A: Gott, begegne uns, wenn wir Dich suchen.

Wir brauchen welche

die alte Haut streicheln

die junges Grün säen

die andre Wege gehen

und mit Engelsflügeln schlagen.

B: Gott, begegne uns, wenn wir Dich suchen.

Wir brauchen welche

die Maß halten

die Trauer tragen

die Widerstand wagen

und den Himmel auf die Erde ziehn.

Stille.

A: Gemeinsam beten wir:

Vater unser im Himmel. Geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel, so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit

in Ewigkeit. Amen.

Lied: Bewahre uns Gott, GL 453

Segen

A: Es segne uns und behüte uns

der allmächtige und barmherzige Gott.

B: Der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.

A/B: Amen.

Nachspiel

 

  1. Ich danke meiner Kollegin Daniela Zahneisen für die Bereitschaft, den Text im Wechsel mit mir gesprochen zu haben.

  2. Ich danke Pfarrerin Ulrike Scheller, die mir die meisten der im Folgenden zitierten Aussagen von Jugendlichen zur Verfügung gestellt hat. Die Veröffentlichung erfolgt mit ihrem Einvernehmen.

  3. Die wesentlichen Passagen des folgenden Fürbittgebetes stammen von Jacqueline Keune, gottesdienstkultur-nordkirche.de/liturgien/fuerbitten-stuecke/.